Robin Wasserman: Skinned

Die attraktive Lia hat alles: eine angesehene, reiche Familie und einen entsprechenden Stand in der Gesellschaft. Einen gut aussehenden, romantischen Freund und Freundinnen, für die sie tonangebend ist. Nicht nur in Sachen Mode. Die Mädchen beten sie an ob ihrer Schönheit, ihres Stilvermögens, ihrer Eleganz. Doch nach einer tragischen Verkettung von Unglücksfällen ist es damit vorbei.

Lia Kahn ist tot. Ich bin Lia Kahn. Deshalb – denn das ist ja wohl ein logisches Problem, das sogar ein minderbemitteltes Kind lösen könnte – bin ich tot. Da ist nur eine Sache: Ich bin es nicht.“

Lias Körper stirbt und wird ersetzt durch eine Maschine. So menschlich wie möglich, bestückt mit einem Programm geschrieben aus Hirnscans ihres ursprünglichen Gehirns – fein säuberlich in Scheiben geschnitten und weiterverarbeitet. Die Frage, die sich jetzt nicht nur Lia, sondern auch alle anderen stellen ist: Ist sie damit nun ein Mensch, der eine Maschine nutzt oder eine Maschine, die einen Menschen kopiert? Ist sie tot oder lebendig? Original oder nur billige Kopie in einem schnell erschafften 08/15-Mädchen-Körper?

Lias ‚Neuorientierung‘ misslingt, ihre Freunde lehnen sie ab, ihr Ex tröstet sich lieber mit ihrer Schwester und die macht ihr das Leben erst so richtig zur Hölle. Nur Auden, der Sonderling und Außenseiter schlechthin, hält zu ihr. Ein Mensch, den sie vorher noch nicht einmal richtig bemerkt hatte, erweist sich als ihr einziger wahrer Freund. Und bezahlt dafür bitter.

Wie für Dystopien typisch sieht ‚Happy End‘ anders aus. Aber das ist es wahrscheinlich, was diese Literaturform gerade so interessant macht. Das Spiel mit dem ‚Was wäre wenn?‘, das der Autorin Robin Wasserman ganz ausgezeichnet gelungen ist. Ihre Zeichnungen eines Lebens nach Atom- und Wasserkriegen, die von ihr gewählte Perspektive des ‚spoiled little girl‘, das knallhart erkennen muss, wie das System wirklich funktioniert. Dazu aktuelle Themen wie Genetik, künstliche Intelligenz und die Fortschritte der modernen Medizin – all das ist erschreckend und faszinierend zugleich. Und so wie hier beschrieben von der uns bevorstehenden Wahrheit möglicherweise gar nicht allzu weit entfernt.
4.5 Stars (4,5 / 5)