Jens Steiner: Die Bratwurstzipfel-Detektive

Eines gleich vorweg: Es ist das Kinderbuch-Debüt des Autors und es ist super. Die Sprache ist perfekt für die Zielgruppe, die Geschichte spannend, ohne dem kleinen Leser den Schlaf zu rauben und die Aufmachung genau richtig. Aber worum geht es eigentlich? Es geht um Clemens, seine Freundschaft zu Leo, es geht um die komische Olivia und einen alten Mann, der extrem unheimlich wirkt und allen ein wenig Angst einjagt. Als Clemens eines schönen Tages einen alten Plan findet, überschlagen sich die Ereignisse. Und fast wäre dabei eine wunderbare Jungs-Freundschaft kaputtgegangen. Aber nur fast, denn am Ende geht nicht ein Freund verloren, am Ende kommen neue hinzu.

Die Aufmachung des Buches lässt darauf schließen, dass weitere geplant sind. Die frischen Fans der Bratwurstzipfel-Detektive würde es freuen.

Sunil Mann: Neue Freunde für Gabriel

Sie suchen noch nach dem perfekten Vorlesebuch für die Vorweihnachtszeit? Oder nach ein klein bisschen weihnachtlichem Zeitvertreib für einen Dritt- oder Viertklässler? Dann ist der kleine Engel Gabriel genau das Richtige. Pünktlich zur Weihnachtszeit ist auch in diesem Jahr wieder ein neuer Band erschienen, bei dem die Engel es mit einem Teufel zu tun bekommen.
Gabriel staunt nicht schlecht, als sein Austauschpartner nicht nur ein Mädchen, sondern auch noch eine Teufelin ist. Doch schnell merkt er, dass die kleine Luzia ein nettes Ding ist und die beiden verstehen sich immer besser. Sehr zum Missfallen Auroras, die darauf ziemlich eifersüchtig reagiert.
Doch als es hart auf hart kommt, stellt sich mal wieder heraus, wie wichtig Freundschaft ist und dass jeder eine besondere Gabe hat, für die es nur die richtige Situation braucht.

Teufel sind ja irgendwie auch Engel – wenn auch gefallene. Dafür allerdings kann der Nachwuchs nichts und das merken die Kleinen ziemlich schnell. Allen Vorurteilen zum Trotz halten sie zusammen und erreichen das, was man mit einem Austausch erreichen möchte: eine Öffnung des eigenen Horizonts.

Nickel und Horn: zwei Detektive mit Durchblick

Nickel und Horn sind ein tierisches Gespann: ein Papagei und ein Meerschweinchen, die bei einem alten Herrn leben, der anno dazumal ein erfolgreicher Detektiv war und dem sie damals noch kräftig zur Hand gingen. Doch jetzt ist der Lehnstuhl das Zuhause des alten Mannes, er schläft die meiste Zeit und wird nach allen Regeln der Kunst von seinem Hund Schlappi bewacht, der vor Sorge um den Gesundheitszustand seines Herrchens möglichst jede Aufregung vermeiden möchte. Aber Nickel und Horn langweilen sich und als eines Tages ein kleiner Junge klingelt und den Detektiv um Hilfe bittet, springen die beiden Tierchen heimlich ein. Die Suche nach dem verschwundenen Pupsetierchen des kleinen Paul ist ihr erster Auftrag, den sie ganz alleine hinbekommen müssen und das birgt einiges an Gefahren und aufregenden Situationen.

Der Schreibstil dieses Kinderbuchs ist leicht verständlich, das Buch ist nicht zu viel und nicht zu wenig bebildert und die Buchstaben sind relativ groß. Und doch ist der Anspruch da, auch von einem Dritt- oder Viertklässler gelesen zu werden, denn es sind durchaus Wörter verarbeitet, die nicht ganz einfach sind und auch vom Satzbau kann man das nicht behaupten. Genau das richtige Maß an Herausforderung für Kinder, die über das Erstlesen bereits heraus sind. Dass die Protagonisten Tiere sind passt für die Zielgruppe ebenfalls gut – wobei hier sowohl Mädchen als auch Jungs angesprochen werden. Letzere vor allem durch das immer wieder allseits beliebte Thema des Pupsens, was ihnen in regelmäßigen Abständen dieses ganz spezielle Grinsen ins Gesicht zaubert.

Peter Pan – in einer prachtvollen Ausgabe

Es gibt Geschichten, die sollte man einfach kennen. Die gehören sozusagen zum Kulturgut unserer Gesellschaft. Ein Klassiker ist Peter Pan von James Matthew Barrie, zunächst als Theaterstück gedacht und erst später als Roman verfasst. Nach der Figur des Peter Pan ist sogar ein psychologisches Phänomen benannt. Der Familienherapeut Dan Kiley hat den Begriff geprägt für Männer, die partout nicht erwachsen werden wollen. Denn genau so geht es Peter Pan. Er lebt im Nimmerland mit einer Horde Jungs, den Rothäuten, seinem Erzfeind Captain Hook und einem Krokodil, das einen Wecker verspeist hat und daher nicht mehr richtig tickt. Peter Pan und seine Jungs brauchen eine Mama, wollen das aber nicht so recht zugeben. Also locken sie einfach Wendy und mit ihr ihre Brüder ins Nimmerland – mit chaotischen Folgen.
Die Geschichte ist allgemein bekannt, sie wurde ins Theater gebracht, verfilmt und in zahlreichen Büchern und Ausgaben wiedergegeben – wobei Peter immer niedlicher wurde, bald schon aussah wie ein Feenjunge – in Anlehnung an seine ständige Begleiterin Tinkerbell. Dabei ist Peter Pan alles andere als niedlich. Stattdessen ist er arrogant und selbstsüchtig, es fehlt ihm an Gespür für Gefahr und Leid, er kümmert sich nur um andere, wenn er selbst etwas davon hat und sieht sich ausgesprochen gerne in der Rolle des Anführers.
Dieses Exemplar der Geschichte, die man am besten vorliest, um auch gleich auf die Reaktionen der kleinen Zuhörer eingehen zu können, ist besonders schön. Das liegt an den zauberhaften Ideen von MinaLima Design, einem preisgekrönten Grafikdesignstudio, das bereits die grafisch-visuelle Gestaltung der Harry-Potter-Filme übernommen hat. Visuell veredelt wurde dieses Buch mit Schatzkarten, Feenflügeln, 3D-Effekten und weiteren Details, die das Betrachten dieses Werks zu etwas ganz Besonderem machen.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Sabine Bohlmann: Und plötzlich war Frau Honig da

Die kleine Person, die da eines Tages ganz in gelb gekleidet vor der Tür einer Familie steht, erinnert zwangsläufig an Mary Poppins, ein bisschen auch an „Eine zauberhafte Nanny“. Genau wie diese wurde sie von der Familie, die aus einem überforderten alleinerziehenden Vater und vier Kindern besteht, nicht gerufen und doch gebraucht. Genau wie Mary Poppins hat sie nur einen Koffer, in den aber Unmengen hineinpassen. Und verfügt über ähnliche Zauberkräfte.
Stück für Stück holt sie die im System vereinsamte Familie wieder an einen Tisch, bringt den Kindern bei, was sie fürs Leben wissen müssen, zeigt dem Vater, dass es nichts bringt, sich hinter seiner Trauer zu verstecken und macht den Alltag mit ihren kleinen Tricks und Besonderheiten zehntausendmal bunter als er je gewesen ist.

Die Besonderheit an Frau Honig: Sie ist eng mit den Bienen verbunden, lernt Betty, der Kleinsten der Familie, wie man mit einem solchen Volk umgeht und sorgt dafür, dass es den kleinen, für die Menschheit so wichtigen Tierchen gut geht. Und wenn sie dafür auf die Schnelle mal ein paar Blumen im Stadtgrau wachsen lassen muss.

Doch eines Tages ist es soweit: Es wird Zeit für Frau Honig zu gehen – eine andere Familie wartet und die Sommerfelds sind jetzt in der Lage, nach dem Tod der Mama und Ehefrau nach vorne zu sehen und ihr Glück selbst in die Hand zu nehmen.

Dieses Buch ist wieder so, wie man es von Sabine Bohlmann erwartet. Ihre Vorliebe für Mary Poppins ist ja bekannt (… und das Bittere wird süß!) und der Ton des Buches ist fast schon unverkennbar. Es ist wunderbar zum Selbstlesen, und noch viel wunderbarer zum Vorlesen geeignet. Allerdings hätte die Autorin ihrer Zeichnerin etwas mehr auf die Finger schauen sollen. Denn diese hat – wie es leider in der Kinderbuchwelt viel zu häufig passiert – das Buch anscheinend, zumindest an einer Stelle, nicht richtig gelesen. Und das ist etwas, das Kindern sofort auffällt. Doch trotzdem ist dieses Buch ein wirkliches Highlight und gehört daher definitiv zu den besten Kinderbüchern in diesem Sommer.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Erik O. Lindström: Meja Meergrün

Die kleine Meja Meergrün ist ein typischer Nixenteenager und sie kann machen, was sie will, denn ihre Eltern sind weit weg. Und so verzichtet sie getrost auf Schule, stromert durch die Wellen, unterhält sich mit sprechenden Pflanzen und schwimmt mit anderen schillernden Meeresbewohnern. Doch eines Tages fällt ihr auf, dass irgendetwas nicht stimmt. In ihrer geliebten kleinen Stadt Lyckhav, einem sonst so hellen und superfriedlichen Ort, wird es irgendwie duster. Erst an einer Ecke und zunehmen immer mehr. Die Stimmung kippt, Angst breitet sich aus. Nur zugeben will es keiner. Da kommt Padson gerade recht. Er ist eine Kümmerkröte, die Mejas Eltern ihr geschickt haben, damit sie ein wenig mehr beaufsichtigt ist. Doch so hat sich Padson seinen Job nicht vorgestellt…

Die kleine Geschichte rund um Meeresbewohner, deren Welt aus den Fugen gerät, hat einen sehr aktuellen Charakter. Der Autor beschäftigt sich darin ausführlich mit Ängsten, ohne auch nur einen Augenblick Angst zu verbreiten. Erik Ole Lindström ist Sohn einer deutschen Mutter und eines schwedischen Vaters. Er lebt gemeinsam mit seinen Kindern und einem Hund auf einer Insel im Stockholmer Schärengarten. „Meja Meergrün“ ist sein erstes Kinderbuch. Er hat es sich ursprünglich für seinen Sohn und seine Tochter ausgedacht.

Dieses Buch, sehr niedlich illustriert von Wiebke Rauers, sollte man sich auf alle Fälle vormerken. Auch, wenn es in seiner Aufmachung und mit dem glitzernden Einband wie ein Mädchenbuch aussieht, es eignet sich optimal auch für Jungs. Für die Erstleser allerdings noch nicht zum Selbstlesen, dazu sind zu viele Worte drin, die zwar leicht zu verstehen, aber nicht leicht zu lesen sind.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Sarah Forbes: Elsa Zart

Warum die Schule „Henriette Höschens Schule für Aufschneider und Hochstapler“ heißen muss und was die Unterwäsche der Schulnamensgeberin mit der Institution an sich zu tun hat, das erschließt sich auch dem geneigtesten Leser nicht. Vor allem nicht bei der Zielgruppe der Sieben- bis Zehnjährigen, die von den Höschen irgendwelcher Damen nun wirklich meilenweit entfernt sind. Aber letztendlich ist es auch nicht so wichtig, wie die Schule heißt, an der nur Angeber und Dampfplauderer angenommen werden. Und die sich entsprechend unsympathisch präsentiert. Elsa leidet sehr unter der Atmosphäre. Sie lebt dort bei ihrer Tante, die das angeblich auf Frischluft allergische Mädchen nach einer für ihre Eltern tödlichen Flut bei sich aufgenommen hat – klingt großherzig, ist davon aber weit entfernt. Thusnelda Barsch ist abartig, ekelhaft und gemein. Und auch die Internatsschüler lassen Elsa merken, dass sie nicht dazugehört. Nur Rudi ist ihr Freund – traut sich das aber auch (noch) nicht offiziell zuzugeben. Aber immerhin unterstützt er sie, als sie einem Geheimnis auf die Spur kommt.

Natürlich ist dieses Kinderbuch in jeder Hinsicht überzogen. Wenn die seltsamen Damen aus der Küche lebenden Ratten die Schwänze kürzen, um damit den Eintopf zu würzen, zum Beispiel. Oder wenn alle Welt ausflippt wegen einer einfachen Karamellcrème – glaubwürdig geht anders. Aber glaubwürdig muss es ja auch nicht sein. Denn dieses Buch hat einen ganz anderen Zweck – neben dem Mitgefühl mit der sympathischen Protagonistin und dem spontanen Lachen über absurde Einfälle bietet es einen entscheidenden Vorteil: die optimale Gesprächsgrundlage für ein im Grundschulalter nicht unwichtiges Thema: Angeber. Mal sehen, was der nächste Band zu bieten hat.
3.0 Stars (3,0 / 5)

Charlotte Habersack: Bitte nicht öffnen – bissig!

Was macht man, wenn irgendwo „Bitte nicht öffnen“ draufsteht und man in einer Stadt lebt, deren Name Boring Programm ist? Ganz klar, man gerät in Versuchung. Da geht es auch Nemo nicht anders und er macht das Päckchen auf, das an „Niemand am Arsch der Welt“ adressiert ist. Könnte ja für ihn sein. Schließlich heißt Nemo auf Lateinisch Niemand und auch der Rest der Adresse könnte mit ein bisschen Phantasie stimmen. Zunächst sind er und sein Freund ziemlich enttäuscht – bloß ein blödes Plüschtier. Aber dann überschlagen sich die Ereignisse: Es beginnt zu schneien, das Plüschtier wächst und stellt sich als waschechter Yeti mit ziemlichem Appetit heraus…Der Wettlauf gegen die Zeit, den Nemo und seine besten Freunde jetzt antreten müssen, ist reichlich amüsant. Auch, wenn die einzelnen Charaktere teilweise ein bisschen zu überzeichnet sind.

Das Buch eignet sich zwar ganz hervorragend zum Selbst- und Vorlesen, aber die CD ist stimmlich ein echtes Highlight. Wanja Mues. Der Sohn des vor wenigen Jahren tödlich verunglückten Dietmar Mues macht seinem Vater alle Ehre. Einziger Nachteil beim Hörvergnügen, das Cover kommt lang nicht so gut zur Geltung wie beim Buch.

Charlotte Habersack ist wieder einmal ein echter Leseanreiz gelungen und dazu noch einer, der sich für Jungs wie für Mädchen gleichermaßen eignet. Kein Wunder, ist sie doch auch die Autorin eines der witzigsten Bilderbücher der letzten Jahre.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Ina Rometsch/Martin Verg: Krabbentaucherkacke!

Mit dem Titel hat man bei den Jungs ja fast schon gewonnen. Krabbentaucherkacke – das klingt schon nach viel Spaß für alle, die aus dem Fäkalien- und Schimpfwortalter noch nicht raus sind und sich darüber kaputtlachen können, wenn Erwachsene „böse“ Wörter in den Mund nehmen (müssen). Und auch die Geschichte ist nicht schlecht, so eine Art Kinderkrimileinchen – nicht mal so spannend wie die ???, also trotzdem noch gut geeignet auch als Abendlektüre schon für Erstklässler. Die Altersangabe bis zwölf ist damit aber vielleicht ein bisschen zu hoch gegriffen.

Worum geht’s? Um den zwölfjährigen Max, Praktikant in der Vogelschutzstation von Lumpensand an der See, ausgemachter Vogelliebhaber und Freund von Cola und Valentine – und um die Vogelschutzstation selbst, die in Verruf gerät. Die Freunde kommen miesen Machenschaften auf die Spur und lösen das Problem. Klar, damit ist nicht zu viel verraten. Denn das Transportieren der Message „Es gibt immer eine Lösung“ gehört zu einem guten Kinderbuch einfach dazu.Trotzdem gibt es einen deutlichen Minuspunkt – denn die vielversprechende Krabbentaucherkacke und die damit zusammenhängenden Schietstürme über den Köpfen der Lumpensander werden nicht im Geringsten erklärt und genau das ist es doch, was man eigentlich wissen will. Aber vielleicht gibt es ja noch einen zweiten Band…und in dem könnten Ina Rometsch und Martin Verg, übrigens Chefredakteur von GEOlino und selbst „norddeutscher Junge“, das ja dann vielleicht aufklären.
3.7 Stars (3,7 / 5)

Antje Szillat: Maja und Motte

Die Hufnagel-Zwillinge sind so, wie man sich Zwillinge vorstellt. Sie ergänzen sich optimal, sind wie zwei Seiten eines Ganzen. Aber das birgt auch Ärgerpotenzial, nämlich dann, wenn die aufgewecktere von beiden, Motte, mal wieder ziemlich dämliche Ideen hat, die schon von vornherein zum Scheitern verurteilt sind. Dabei hat das Mädel ja im Kern Recht, wenn es sich das nicht gefallen lässt, dass an einer Waveboard-AG nur Jungs teilnehmen. Und Gleichberechtigung einfordert. Doch ihr Plan baut auf Lügen auf – und irgendwann wird das Maja zu viel. Und sie bricht den hochheiligen Zwillingsschwur…

Antje Szillat weiß, wie man Kinderbücher schreibt, manchmal allerdings hat man das Gefühl, sie bedient bestimmte Knöpfe und dann läuft das schon. Dieser Band von Maja und Motte, der fünfte übrigens, ist nur bedingt spannend, an manchen Stellen zu überzogen, doch die Zeichnungen, die überall im Buch verteilt sind und diesem einen Tagebuchcharakter verleihen sowie die Briefe, die sich die Zwillinge selbst dann schreiben, wenn sie richtig Knatsch haben, treffen den Geschmack der Zielgruppe genau. Wobei diese bei Mädchen mit etwa sieben, acht, neun, zehn angegeben werden kann und bei Jungs mit sieben – dann wird es ihnen definitiv zu mädchenlastig.
3.4 Stars (3,4 / 5)