Jack El-Hai: Der Nazi und der Psychiater

Jack El-Hai ist Wissenschaftsjournalist und die Grundlage seines Buches sind bisher nie veröffentlichte Dokumente aus dem Nachlass des amerikanischen Militärpsychiaters Douglas M. Kelley über seine Erfahrungen mit der Nazi-Elite, die er von dessen Sohn überreicht bekam.
Um die Nürnberger Prozesse, bei denen die NS-Hauptkriegsverbrecher zur Rechenschaft gezogen werden sollten, gründlich vorzubereiten, wurden die inhaftierten Nazigrößen untersucht – auch und vor allem auf ihre psychische Gesundheit. Aufgabe war es, die Zurechnungsfähigkeit der 22 Angeklagten zu beurteilen. Der leitende Armeepsychiater Kelley, Mitbegründer des berühmten Rorschachtests, sah darin die Chance, hinter die Kulissen zu blicken, das Böse im Menschen zu erforschen, und es so zukünftig im Keim ersticken zu können. Hermann Göring faszinierte ihn besonders, zwischen den beiden Entstand eine Art Bindung, psychische Verwicklungen, die weiter gehen als sie gehen sollten. Und die letztendlich vielleicht sogar etwas mit dem Tod des Psychiaters zu tun haben, denn auch er brachte sich mit Zyankali ums Leben.
Die Protokolle, die Film- und Tondokumente des Nürnberger Tribunals sind schockierend. Und die Art und Weise, wie in diesem Buch aus der etwas anderen Bibliothek darüber berichtet wird, ist besonders bestürzend und abschreckend. Zeigt sich doch, dass der Wahnsinn mitten unter uns ist.
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