Jean-Paul Sartre: Das Spiel ist aus

Eve liebt ihre kleine Schwester Lucette und sie hasst ihren Mann, der sie nur wegen ihres Geldes geheiratet hat und nun versucht, sie loszuwerden, um sich an die Jüngere ranzumachen. Eve durchschaut das Spiel, kann sich aber nicht mehr wehren. Andre schafft es, sie zu vergiften. Im gleichen Moment, in dem Eve stirbt, wird auch Pierre ermordet. Der Widerstandskämpfer, Revolutionär mit Leib und Seele und im Gegensatz zu der eleganten und reichen Eve ein Mann aus einfachen Verhältnissen, stirbt durch die Hand eines Verräters.

Kurz danach begegnen sich Eve und Pierre in der Rue Laguenesie – dem Übergang zur Schattenwelt. Sie sind tot, handlungsunfähig, was das Leben angeht, können sich aber frei bewegen und dem zusehen, das sie hinterlassen haben. Die Totenwelt ist gleichgültig gegenüber dem Leben, aber die beiden Protagonisten wollen das so nicht akzeptieren. Sie kämpfen gegen die Hoffnungslosigkeit – doch ohne Hoffnung. Eve quält sich wegen Lucette, die unbedarft ins gleiche Schicksal rennt wie sie selbst, Pierre erkennt mit Entsetzen, dass seine Genossen im Begriff sind, in eine tödliche Falle zu laufen.

Schnell realisieren die beiden, dass sie sich lieben bzw. geliebt hätten. Denn es lag ein Irrtum vor. Sie bekommen eine zweite Chance. Müssen dabei aber 24 Stunden lang ihre Liebe über alles andere stellen.

Auf den ersten Blick wirkt die Geschichte einfach, logisch und überschaubar. Doch tatsächlich finden sich unter dieser Oberfläche Verflechtungen zwischen Eve und Pierre, die zwangsläufig zu einem unheilvollen Ende führen müssen. Beide versuchen, gegen das Unvermeidliche anzukämpfen und enden in direkter Verbindung zueinander – ohne wirklich verbunden zu sein. Ein wunderschöner Klassiker der Moderne, erschienen 1947 unter dem Titel „Les jeux sont faits“. Die romantische Geschichte um die Frau aus bester Gesellschaft und den trotzigen und etwas ungehobelten Mann, für den seine Ideale die Welt bedeuten, verschafft einem die klitzekleine Hoffnung auf eine zweite Chance, wenn man sie mal braucht.
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