Hans Christian Andersen: Die kleine Meerjungfrau

Was gibt es gerade in diesen Tagen Schöneres als eine gute, ein bisschen melancholische und gern auch sehr alte Geschichte, eine Tasse Tee und eine Kerze auf dem Tisch? Am besten ist es, wenn die ganze Familie zusammengekuschelt auf dem Sofa liegt und einer vorliest und welche Buchreihe würde sich da besser eignen als die pracht- und fantasievoll illustrierten Märchenbücher von Coppenrath?

Neben Peter Pan, Die Schöne und das Biest und Das Dschungelbuch gibt es nun auch die kleine Meerjungfrau, kombiniert mit anderen Märchen in dieser zauberhaften, kunstvollen Umsetzung. Zwölf Andersen-Märchen setzen die Designkünstler MinaLima in dieser Ausgabe in Szene: interaktive Extras, viele Illustrationen und kunstvolle Momente bieten die Möglichkeit, fast auf jeder Seite etwas Neues zu entdecken.

Wer also noch ein echt schönes Last-Minute-Weihnachtsgeschenk für einen Bücherliebhaber – egal welchen Alters – sucht, liegt hier genau richtig.

Marko Simsa/Doris Eisenburger: Der Zauberlehrling

Natürlich ist er weder von Simsa, noch von Eisenburger, sondern von Goethe, der Zauberlehrling. Und das bleibt er auch. Die kindgerechte Umsetzung der wunderschönen alten Ballade aber ist den beiden ganz toll gelungen.
Trägt man einem Kind den Zauberlehrling vor – und das kann man noch so toll machen – wird es nur wenig verstehen. Durch die bildliche und vertonte Unterstützung allerdings gelingt es, die Stimmung so zu unterstreichen, dass von ganz alleine Bilder vor dem inneren Auge entstehen. So erschließt sich selbst Grundschulkindern ganz schnell der Zauber der alten Sprache.

In dieser Reihe aus dem Hause Annette Betz wird Großes geleistet, indem man unseren Kleinen große Stücke und auch große Künstler ganz nahebringt.
Letztendlich bleibt nur ein Kritikpunkt. Nicht jeder mag musikalische Untermalung. Sollte man sich also entscheiden, das Buch ohne die beigelegte CD zu nutzen, dann ist es umso ärgerlicher, wenn der erklärende Text durch die dauernden Hinweise auf die Instrumente an Flüssigkeit verliert.

Peter Pan – in einer prachtvollen Ausgabe

Es gibt Geschichten, die sollte man einfach kennen. Die gehören sozusagen zum Kulturgut unserer Gesellschaft. Ein Klassiker ist Peter Pan von James Matthew Barrie, zunächst als Theaterstück gedacht und erst später als Roman verfasst. Nach der Figur des Peter Pan ist sogar ein psychologisches Phänomen benannt. Der Familienherapeut Dan Kiley hat den Begriff geprägt für Männer, die partout nicht erwachsen werden wollen. Denn genau so geht es Peter Pan. Er lebt im Nimmerland mit einer Horde Jungs, den Rothäuten, seinem Erzfeind Captain Hook und einem Krokodil, das einen Wecker verspeist hat und daher nicht mehr richtig tickt. Peter Pan und seine Jungs brauchen eine Mama, wollen das aber nicht so recht zugeben. Also locken sie einfach Wendy und mit ihr ihre Brüder ins Nimmerland – mit chaotischen Folgen.
Die Geschichte ist allgemein bekannt, sie wurde ins Theater gebracht, verfilmt und in zahlreichen Büchern und Ausgaben wiedergegeben – wobei Peter immer niedlicher wurde, bald schon aussah wie ein Feenjunge – in Anlehnung an seine ständige Begleiterin Tinkerbell. Dabei ist Peter Pan alles andere als niedlich. Stattdessen ist er arrogant und selbstsüchtig, es fehlt ihm an Gespür für Gefahr und Leid, er kümmert sich nur um andere, wenn er selbst etwas davon hat und sieht sich ausgesprochen gerne in der Rolle des Anführers.
Dieses Exemplar der Geschichte, die man am besten vorliest, um auch gleich auf die Reaktionen der kleinen Zuhörer eingehen zu können, ist besonders schön. Das liegt an den zauberhaften Ideen von MinaLima Design, einem preisgekrönten Grafikdesignstudio, das bereits die grafisch-visuelle Gestaltung der Harry-Potter-Filme übernommen hat. Visuell veredelt wurde dieses Buch mit Schatzkarten, Feenflügeln, 3D-Effekten und weiteren Details, die das Betrachten dieses Werks zu etwas ganz Besonderem machen.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Ota Hofman: Luzie, der Schrecken der Straße

Luzie langweilt sich schrecklich. Es ist der letzte Sommer vor dem Schulbeginn, alle ihre Freundinnen sind im Urlaub und ihre Eltern müssen arbeiten. Da bleibt nur der fiese Oswald mit seiner Bande. Um bei ihnen mitmachen zu dürfen, lässt sich die Kleine auf einige Mutproben ein. Sie klettert auf das Dach des Supermarktes, tauscht ihre Schultasche gegen eine Riesenportion Eis ein und klaut. Doch plötzlich bekommt das Päckchen Knete, das sie hat mitgehen lassen, ein Eigenleben – Friedrich und Friedrich, die beiden Knetgummimännchen, retten sie gerade noch vor dem Kaufhausdetektiv und bringen auch sonst wieder mit einer ganzen Menge Unordnung Ordnung in Luzies Leben.

Luzies Geschichte ist heute so aktuell wie zu ihrer Entstehungszeit. Bandenbildung, Mobbing, Mutproben sowie die Klarheit darüber, was richtig und was falsch ist und wann ein deutlichen „Nein“ angebracht, aber schwer durchzusetzen ist – das sind Themen, die jeden Schulhof betreffen. Und auch die Tatsache, dass das Mädchen definitiv zu viel fernsieht ist wunderbar ins Heute übertragbar. Das Medium hat sich vielleicht geändert, die Problematik nicht. Umso besser, wenn es Bücher wie dieses gibt, die schön zu lesen sind, die Raum für Phantasie bieten und die sich ganz wunderbar als Diskussionsgrundlage eignen. Auch in der Klasse.

Das sechsteilige Fernsehabenteuer war damals ein Highlight und ist noch immer schnitttechnisch gesehen vom Feinsten. Das Buch, die Grundlage der Serie, gehört definitiv zu den Klassikern und hat sich, so die ZEIT, „einen festen Platz in deutschen Kinder- und Wohnzimmern erobert“.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Jean-Paul Sartre: Das Spiel ist aus

Eve liebt ihre kleine Schwester Lucette und sie hasst ihren Mann, der sie nur wegen ihres Geldes geheiratet hat und nun versucht, sie loszuwerden, um sich an die Jüngere ranzumachen. Eve durchschaut das Spiel, kann sich aber nicht mehr wehren. Andre schafft es, sie zu vergiften. Im gleichen Moment, in dem Eve stirbt, wird auch Pierre ermordet. Der Widerstandskämpfer, Revolutionär mit Leib und Seele und im Gegensatz zu der eleganten und reichen Eve ein Mann aus einfachen Verhältnissen, stirbt durch die Hand eines Verräters.

Kurz danach begegnen sich Eve und Pierre in der Rue Laguenesie – dem Übergang zur Schattenwelt. Sie sind tot, handlungsunfähig, was das Leben angeht, können sich aber frei bewegen und dem zusehen, das sie hinterlassen haben. Die Totenwelt ist gleichgültig gegenüber dem Leben, aber die beiden Protagonisten wollen das so nicht akzeptieren. Sie kämpfen gegen die Hoffnungslosigkeit – doch ohne Hoffnung. Eve quält sich wegen Lucette, die unbedarft ins gleiche Schicksal rennt wie sie selbst, Pierre erkennt mit Entsetzen, dass seine Genossen im Begriff sind, in eine tödliche Falle zu laufen.

Schnell realisieren die beiden, dass sie sich lieben bzw. geliebt hätten. Denn es lag ein Irrtum vor. Sie bekommen eine zweite Chance. Müssen dabei aber 24 Stunden lang ihre Liebe über alles andere stellen.

Auf den ersten Blick wirkt die Geschichte einfach, logisch und überschaubar. Doch tatsächlich finden sich unter dieser Oberfläche Verflechtungen zwischen Eve und Pierre, die zwangsläufig zu einem unheilvollen Ende führen müssen. Beide versuchen, gegen das Unvermeidliche anzukämpfen und enden in direkter Verbindung zueinander – ohne wirklich verbunden zu sein. Ein wunderschöner Klassiker der Moderne, erschienen 1947 unter dem Titel „Les jeux sont faits“. Die romantische Geschichte um die Frau aus bester Gesellschaft und den trotzigen und etwas ungehobelten Mann, für den seine Ideale die Welt bedeuten, verschafft einem die klitzekleine Hoffnung auf eine zweite Chance, wenn man sie mal braucht.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Kurt Tucholsky: Schloss Gripsholm

1931 wurde diese Geschichte zum ersten Mal veröffentlicht und hat bis heute nicht im Geringsten an Charme verloren: Schloss Gripsholm ist eines von Tucholskys bekanntesten und besten Werken.

Beginnend mit einem Schriftwechsel zwischen Tucholsky und seinem Verleger, Ernst Rowohlt, in dem dieser seinen Autor bittet, einmal etwas Leichtes, Heiteres zu schreiben. Etwas mit Liebe und so. Das verspricht dieser, sich durch den Kopf gehen zu lassen und fährt erst einmal für drei Wochen mit seiner äußerst originellen „Prinzessin“ in die Sommerfrische auf Schloss Gripsholm. Um dort, gemeinsam mit Freunden, ein kleines Mädchen vor einer sadistisch veranlagten Heimleiterin zu retten. Eingebettet ist das Ganze in eine für die Zeit äußerst gewagte Liaison à trois und zahlreiche hintergründige Gespräche.

Kurt Tucholsky gehört zu den wichtigsten Autoren der Weimarer Republik. Aber nicht nur das, er war auch ein Herzblutjournalist und Gesellschaftskritiker. Und dass Uwe Friedrichsen ihm seine Stimme für diese Aufnahmen lieh, hätte ihn sicher mit Stolz erfüllt. Denn einen besseren Sprecher für seine süffisanten Worte und Wortspielchen hätte Tucholsky nicht finden können. Es gelingt ihm scheinbar problemlos, von einem Dialekt in den anderen zu wechseln, Emotionen zu verkörpern und im nächsten Moment wieder in den ruhigen Erzähl-Rhythmus zu wechseln. (Ungekürzte Lesung auf 4 CDs)
4.8 Stars (4,8 / 5)

Mark Twain: Tom Sawyer

Es ist ziemlich spannend, wenn Tom mit Huckleberry auf dem Friedhof vermeintliche Mörder belauscht oder auf Schatzsuche geht, aber genau das ist es, was dieses Buch auch für Jungs durchaus interessant macht.

1876 erschienen, gilt „Tom Sawyer“ als Fingerübung des berühmten Autors. Tom hat nur Blödsinn im Kopf. Der Waisenjunge, der bei seiner für diese Zeit in der Erziehung sehr gutmütigen Tante Polly lebt, fasziniert den Leser mit seinen Einfällen und mit seinem Hang zu Huck, einem Jungen, den man heutzutage ‚keinen guten Umgang‘ nennen würde. Mark Twain, der eigentlich Samuel Langhorne Clemens hieß, beschreibt hier – ganz im Gegenzug zu seinen literarischen Mitstreitern – das Leben eines Jungen so wie es war. Wie in einer Milieustudie überlässt er das Werten anderen und beobachtet lediglich. Detailgetreu. Was für den Autor nicht zu schwer gewesen sein dürfte, denn Tom Sawyer soll einiges von Mark Twain in sich tragen….
4.0 Stars (4,0 / 5)