Jörg Fauser: Der Schneemann

Dem halbseidenen Kleinkriminellen Siegfried Blum fallen mehr oder weniger durch Zufall fünf Pfund Kokain in die Hände. Er versucht es loszuwerden. Anfangs zu einem guten Preis, irgendwann überhaupt. Doch der „Schneemann“ hat dabei nicht wirklich viel Glück.

Malta, Frankfurt, Amsterdam – das sind noch lange nicht alle Stationen, auf denen der Hörer Herrn Blum begleiten kann. Überall versucht er sein Glück und nirgendwo findet er es. Weder emotional noch finanziell. Dieser knapp 40-jährige Typ, der versucht, ein bisschen am Wohlstand mitzumischen und doch immer wieder nur in heruntergekommenen Hotelzimmern landet und von billigen Frauen flankiert ist, kann einem irgendwie leid tun. Er erinnert an diesen ganz speziellen selbstgefälligen und schmierigen Typ mittleren Alters, der noch nicht erkannt hat, dass das Leben ihn links liegen gelassen hat und der im Brustton der Überzeugung in einem schlecht sitzenden Anzug und mit etwas zu viel Promille im Blut stets verkündet, das Leben hätte ihn auf der Sonnenseite gebettet.

Der Schneemann fühlt sich im Laufe der Zeit verfolgt, ist sich nicht sicher, ob seine Paranoia dem Genuss des weißen Pulvers oder der realen Bedrohung entspringt. Setzt auf falsche Pferde und merkt nicht, dass er von Anfang an nur eine Spielfigur im Leben anderer war.

Der Autor Jörg Fauser, 1987 an den Folgen eines Verkehrsunfalls gestorben, hatte mit dem Roman „Der Schneemann“ seinen literarischen Durchbruch. Ich persönlich habe weder das Buch gelesen noch den Film gesehen. Ich kenne nur das Hörbuch, aber nachdem es sich um eine ungekürzte Fassung handelt, macht das wohl kaum einen gravierenden Unterschied. Sprecher Heikko Deutschmann ist professionell wie immer – wobei das „wie immer“ hier der Knackpunkt ist, denn auf Dauer ist es ziemlich langweilig, grundsätzlich die gleichen Stimmen im Hörbuchbereich zu verwenden. Aber am Sprecher lag es nur bedingt, dass mich das Werk nicht ganz überzeugen konnte. Ganze sechs CDs lang – und das ist lang! – hab ich mich gefragt, wann die Geschichte ein bisschen an Tempo gewinnt. Und das, obwohl die jeweiligen Milieustudien gut gelungen sind: Hier hat man tatsächlich teilweise das Gefühl, die schmierige Gesellschaft eines pornosüchtigen Pakistanis ertragen zu müssen, die Gedanken Blums direkt einzusaugen oder seine billigen Gespielinnen riechen zu können. Auch die immer wieder auftauchenden überzogenen Krimi-Elemente und die Grundtraurigkeit, die die Hauptfigur umspielt, sind gelungen. Doch trotzdem: Ich hatte mir von einem so hochgelobten Werk mehr erwartet. Viel mehr.
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