Nicolas Barreau: Die Liebesbriefe von Montmartre – gelesen von Steffen Groth

33 ist Hélène erst, als sie stirbt. Und sie hinterlässt nicht nur einen kleinen Sohn, sondern auch einen todtraurigen Mann. Julien Azoulay ist Schriftsteller, leidet seit dem Tod seiner Frau unter einer Schreibblockade und versteht nicht, was sie von ihm wollte, als sie ihm das Versprechen abnahm, nach ihrem Tod 33 Briefe zu schreiben – für jedes ihrer Lebensjahre einen. Trotzdem tut er, was sie sich gewünscht hat. Er lässt ein Geheimfach in ihren Grabstein einbauen und hinterlässt dort die versprochenen Briefe, in denen er frei und offen von seinem Leben ohne sie berichtet, oder besser klagt.
Doch plötzlich verändert sich etwas. Er erhält Antwort, kleine Gesten und fast schon glaubt er, Hélène antworte ihm aus dem Jenseits …

Die Geschichte spielt zu großen Teilen auf dem Friedhof am Montmartre. Und wer schon einmal einen der alten Pariser Friedhöfe besucht hat, weiß, welches Flair dort herrscht. Nicolas Barreau ist ein Meister darin, diese Stimmung einzufangen und Steffen Groth ist ein Meister darin, Sie dem geneigten Hörpublikum näherzubringen. 450 Minuten, die von der ersten bis zu letzten Minute spannend, schön, romantisch und einfach rührend sind.

Akram El-Bahay: Wortwächter

Ein Summen als ob tausend Worte die Luft erfüllten – Tom hat eine besondere Gabe, von der er nur durch Zufall erfährt. Er ist in der Lage Lebensseiten zu lesen. Was das bedeutet, erlebt er zum ersten Mal, als er die Ferien bei seinem Onkel verbringen soll – ohne Internet, Fernseher und Co, dafür aber mit gefühlten tausend Büchern – und als genau dieser Onkel entführt wird. Um ihn zu retten, muss er gemeinsam mit dem Butler Will und seiner Neu-Freundin Josephine zahlreiche Abenteuer bestehen – im Reich der Dichter und Denker.
Dies ist eine der Geschichten, bei denen man von Anfang an spürt, dass sie durchdacht sind und zwar bis ins kleinste Detail. Man erfährt, eigentlich mehr so nebenbei, viel über berühmte Schriftsteller und ihre Werke, über Charaktere der Weltliteratur und die Besonderheiten, die Schriftsteller miteinander verbinden. Der rote Faden zieht sich durch all die 300 und irgendwas Seiten und keine davon ist langweilig. Dem Autor, dem Halbägypter Akram El-Bahay, ist es – und man muss sagen, wieder einmal – gelungen, ein Buch zu schreiben, das auch männliche Lesemuffel in seinen Bann ziehen kann. Einen Versuch ist es auf alle Fälle wert.

Peter Høeg: Durch deine Augen – gelesen von Frank Stieren

Simon kommt nicht klar, versucht sich das Leben zu nehmen, obwohl er doch eigentlich alles hat, was man sich wünschen kann. Sein Freund Peter versucht ihm zu helfen und nimmt Kontakt mit Lisa auf. Sie war die Kindergartenfreundin der beiden – was sie aber aufgrund tragischer Umstände vergessen hat – und leitet heute ein Labor, in dem Experimente stattfinden, die ganz tief ans Eingemachte gehen. Mithilfe von Hologrammen gelingt es ihr, in das Bewusstsein anderer einzusteigen und deren Erinnerungen zu erleben. Sie lädt Simon ein, sie zu begleiten und das, was er dort, in den Untiefen des Unbewussten, erlebt, ist, wie so vieles Unbewusste, grausam. Missbrauch, Krieg, Elend, Traurigkeit und immer wieder der Tod – es ist schwer auszuhalten. Und doch kommen sich Lisa und er näher bei dem Versuch, Simon zu retten. Simon, der mit ihnen damals, vor so vielen Jahren, in die Träume anderer gereist ist.

Peter Høeg, 1957 in Kopenhagen geboren, ist mit dem Roman „“Fräulein Smillas Gespür für Schnee““ zum internationalen Bestsellerautor geworden. Dieses Buch ist deutlich schwerer zu lesen bzw. zu hören. Und es besteht die Gefahr, dass der ein oder andere kapituliert anhand all der Grausamkeiten und seelischer Abgründe. Dabei lohnt es sich, dabeizubleiben. Was einem der Sprecher auch einfach macht, denn obwohl es durchaus leicht langatmige Passagen gibt, er überspielt das gekonnt.
Besonders erwähnenswert ist das Cover, das sowohl die Stimmung als auch den Inhalt des Buches perfekt wiedergibt.

Jay Asher, Carolyn Mackler: Wir beide, irgendwann

Dieser Roman ist nicht einer der neuesten, aber trotzdem erwähnenswert. Denn er zeigt mit einem äußerst interessanten Denkanstoß, wie kleine Veränderungen im Jetzt sich in der Zukunft auswirken könnten. Und dass es letztendlich an uns liegt, was wir aus unserer Zukunft machen.
Doch zurück auf Anfang: Josh und Emma geraten im Jahr 1996 an einen Facebook-Zugang. Zunächst verstehen sie nicht, was das sein soll, doch so langsam kommen sie dahinter, dass sie hier ein Fenster zur Zukunft öffnen können. Bedeutet das nun, dass man sich in sein Schicksal ergibt? Dass man womöglich das gleiche Schicksal auf verschiedenen Wegen erleidet oder hat man gar die Möglichkeit, etwas zu ändern? Josh und Emma wollen es herausfinden und lassen sich auf ein gefährliches Abenteuer ein.
Dass Facebook, Alexa und Co Segen bringen, das glauben heute nur noch die wenigsten. Und trotzdem gelingt es den meisten Menschen nicht, die Finger davon zu lassen. Ist es doch zu verlockend, sich das Leben so schön machen zu lassen … ist es das? Ist es das wirklich? Wer dieses Buch gelesen hat, wird vielleicht zumindest damit beginnen, sich über seinen Account Gedanken zu machen. Und das ganz ohne hochtrabende Diskussion über Daten und KI.