Erwin Grosche: 3x täglich pusten

Für uns ist krank sein ja schon ätzend, aber für die Zwerge ist es richtig schlimm. Vor allem, wenn es sich um eine Krankheit handelt, bei der man im Bett bleiben soll, sich aber eigentlich schon wieder fit fühlt. Da heißt es, die Langeweile vertreiben…

… und da man als mütterliche Krankenschwester auch andere Dinge zu tun hat – von den restlichen zwei- und vierbeinigen Familienmitgliedern bis hin zum Tee kochen und Schonkost zubereiten – kann man sich nun mal leider nicht die ganze Zeit mit hinsetzen und vorlesen. Und fernsehen ist ja auch nicht optimal. Das sind die perfekten Situationen für ein Hörbuch. Und ganz besonders schön, weil genau für die Zielgruppe gemacht ist die CD „3x täglich pusten – Geschichten zum Gesundwerden“

Wenn Monster krank sind, dann wird’s richtig heftig, denn die werden dann so richtig nett. Und wenn man als Kind krank ist, dann kann es passieren, dass sich Frau Wärmflasche und Herr Schüttelfrost herumstreiten und einem den dringend benötigten Schlaf rauben. Man muss aber auch gar nicht unter Windpocken und Co leiden, um Zuwendung nötig zu haben. Die acht Geschichten rund um’s Kranksein lenken nicht nur wunderbar ab, ihre Inhalte trösten auch ein bisschen.

Und wer so beneidenswert ist und doch Zeit hat, den ganzen Tag vorzulesen, der findet die Geschichten auch als gebundene Ausgabe im Handel. Mit ein paar Kapiteln mehr drin. 2006 kam das Buch bei Ärzten übrigens unter die besten sechs Bücher zum Thema Gesundheit.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Daniel Bielenstein: Das richtige Leben

Karl Ho Bob Krämer wurde 1967 mitten in einer Demo auf einem Ho-Chi-Minh-Plakat geboren. Ebenso seine Zwillingsschwester Janis. Dieses Ereignis, von der Umgebung zunächst als Happening verstanden, ist der perfekte Anfang für das Leben eines Menschen, der von liebenswerten Chaoten umgeben in WGs aufwächst, dessen Mutter regelmäßig nach Poona zieht und dessen Vater mit allen seinen Studentinnen schläft. Ho versucht anders zu sein, spießig, aber es gelingt ihm nicht. Und spätestens als seine Freundin Celia schwanger wird, lichtet sich sein persönlicher Nebel.

„Celias Lieblingsphilosoph heißt Sören Kierkegaard, ein alter dänischer Dandy, der sein Leben auf Partys zugebracht hat, obwohl er eigentlich ein todtrauriger Mensch war. Dieser Kierkegaard hat gemeint, dass das menschliche Grundproblem darin besteht, dass man das Leben nur rückwärts verstehen könne, aber dass man es vorwärts leben müsse. Mir kommt diese Meinung ziemlich optimistisch vor, weil ich überhaupt nichts verstehe, weder vorwärts noch rückwärts….“

Ho ist Chef einer kleinen Designagentur, seine Mitarbeiter machen, was sie wollen, seine Eltern sind nach wie vor so durchgeknallt wie in den Siebzigern, nur anders, seine Schwester weiß genau so wenig was sie will wie er selbst. Nachdenken will er. Darüber grübeln, ob das Wohnen in Kommunen bei ihm zu Bindungsunfähigkeit geführt hat, ob all die Joints, die seine Eltern geraucht haben, vielleicht sein und nicht ihr Hirn vernebelten, warum er seine Großeltern mit ihrem geregelten Leben so bewundernswert fand und wie man sich eigentlich im Jahr 2004 zurechtfinden soll. „Ich horche in mich selbst hinein, und zwar ungefähr so, wie die Leute vom Seti-Programm ins Weltall hineinhorchen, immer in der Hoffnung, dabei auf so etwas wie Intelligenz zu stoßen.“ Bei Schwierigkeiten macht er sich vom Acker und eine ungewollte Schwangerschaft könnte man ja durchaus als Schwierigkeit bezeichnen….

Ein Tag und das Buch ist durch. Mit einem dauerhaften Grinsen im Gesicht kann man sich komplett in Karl Ho Bob Krämers Leben hineinfallen lassen. Daniel Bielenstein, selbst Jahrgang 1967, versorgt den Leser mit einer Familiengeschichte, die, obwohl sie kein Klischee auslässt, trotzdem genau so gewesen sein könnte. Mit „revolutionärem Augenzwinkern“ nimmt er den Protagonisten und seinen verqueren Anhang auf die Schippe, wortgewandt und wortwitzig sorgt er für äußerst kurzweiliges Lesefutter. Schön.
4.4 Stars (4,4 / 5)