Joanne Fedler: Endlich wieder Weiberabend

Sechs Jahre sind vergangen, die Kinder fast alle groß, die Mütter nicht mehr wirklich taufrisch – sondern an Körper und Seele mit einigen neuen Schrammen versehen. Wie es sich für Frauen in den Vierzigern gehört, haben sie alle ihr Päckchen zu tragen. Diesmal schleppt es die Gruppe rund um Jo und Helen auf eine Art Herrensitz, in den die Damen peu à peu eintrudeln. Ein geschickter schriftstellerischer Schachzug, um die Charaktere einen nach dem anderen (wieder) einzuführen und zu beleuchten. Durch eigene Aussagen, Lästerei und erklärende Elemente.

Am unsympathischsten kommt Jo selbst rüber. Allein ihre Angst, nur ein Gramm mehr auf die Waage zu bringen lässt einen genauso verkrampfen wie ihre Ansichten über Kinder und Familie an sich. Der Wiedererkennungseffekt ist trotzdem groß. Nicht nur in Bezug auf den vorhergehenden „Weiberabend“ sondern auch in Bezug aufs eigene Umfeld. Kaum eine Frau über Vierzig, die sich nicht zumindest ansatzweise in einem der Charaktere wiederfindet und somit genau diesen ein bisschen gespannter verfolgt als die anderen. Doch trotz der teilweise durchaus interessanten Hintergrundgeschichten bleibt Joanne Fedler doch sehr an der Oberfläche. Bedient sich gern mal an Klischees und lässt es an Spannungsbögen oder gar tiefgründigem Humor eher fehlen. Ein Hörbuch, das an keiner Stelle tatsächlich überrascht und dem es nicht gelingt, die Atmosphäre eines wirklichen Weiberabends bzw. eines Weiberwochenendes einzufangen. Trotz der guten stimmlichen Leistung von Nana Spiers.

Die Autorin Joanne Fedler kommt ursprünglich aus Südafrika. Heute lebt sie im australischen Syndey, mit ihrem Mann, zwei Teenagerkindern und einer Katze, engagiert sich im sozialen Bereich, schreibt Sachbücher und immer wieder auch Romane. Ihr erstes Buch, das auf Deutsch übersetzt wurde, schaffte es monatelang auf die Bestsellerliste des Spiegels und war der Vorgänger dieses Romans.
1.9 Stars (1,9 / 5)

Kathryn Littlewood: Die Glücksbäckerei – das magische Rezeptbuch

Die Bäckerei der Familie Glyck wird nicht umsonst die Glücksbäckerei genannt. Man reißt ihnen die Sing-Sang-Ingwer-Cookies, die Tiefschlaf-Snickerdoodles und Liebesmuffins regelrecht aus der Hand. Versteht es Roses Mama doch nur zu gut, ein wenig Magie walten zu lassen und so ein ganzes Städtchen in Zufriedenheit zu hüllen. Ihr ganz besonderes Backbuch mit den zauberhaften Rezepten halten sie und ihr Mann vor den Kinder gut verschlossen – bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie verreisen müssen. Die Verantwortung, die jetzt auf den Schultern der Kinder liegt, liegt dort schwer und der Versuch, in die Fußstapfen der Mutter zu treten, führt zu einem absoluten Chaos. Im ersten Moment sind die Kinder da ziemlich erleichtert, als Tante Lilly auftaucht und sich als Retterin in der Not beweist. Doch Rose ist kritisch – ihr Bauchgefühl sagt ihr, dass mit der ach so liebenswürdigen Tante irgendetwas nicht stimmt: Wieso lässt sie sich jahrelang nicht blicken und kommt genau dann, wenn ihre Eltern nicht da sind? Und warum hat sie so ein ausgeprägtes Interesse an den Familienrezepten?

Die Geschichte, die sich für Mädchen ab der dritten, vierten Klasse eignet, hat sehr viel Zauberhaftes an sich. Ein bisschen erstes Schwärmen fürs andere Geschlecht, viel Magie und eine sympathische Heldin sind die richtigen Zutaten dafür, dass Kathryn Littlewood mit der Glücksbäckerei ein ganz wunderbares Buch gelungen. Und das, obwohl sie von sich selbst behauptet, eine gute Köchin, aber eine fürchterliche Bäckerin zu sein.

Durch die Vertonung mit Sascha Icks gewinnt die Glücksbäckerei noch an Wert. Nur das Ende, das kommt reichlich überraschend und ist irgendwie nicht ganz befriedigend – und lässt damit die Option auf eine Fortsetzung offen. Die in Buchform in Amerika bereits erschienen ist und auch hier nicht lange auf sich warten lassen wird.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Hugh Howey: Silo

144 Stockwerke, eine Stadt tief hinein gebohrt in die Erde, seit Generationen leben die Menschen hier in einem Silo. Unten Mechanik, in der Mitte Versorgung, oben Behörde. Und das Fenster nach außen in die verseuchte Umwelt, inklusive dem Blick auf Leichen in Raumanzügen. Es handelt sich um die Menschen, die zur ‚Reinigung‘ hinausgeschickt wurden in die feindliche Welt – weil sie das System angezweifelt haben. So wie Juliette, die ziemlich plötzlich und ein bisschen gegen den eigenen Willen zum Sherriff befördert wird und im Chef der IT, Bernard, einen Feind vom Feinsten findet. Doch Juliette hat eine Menge Freunde, echte Freude, die versuchen, ihren ‚Abgang‘ würdevoller zu gestalten. Und damit eine Lawine von Ereignissen auslösen…

Wer hat die Silos gebaut, welche Idee steckt dahinter und wie kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Aufständen? Man möchte mehr erzählen, erklären, welche Rolle das richtige Klebeband spielt, wieso grüne Wiese in Pixel umgerechnet wurde, warum plötzlich andere Silos ins Spiel kommen und wer Lukas und Solo sind. Würde man das allerdings tun, dann wäre genau das dahin, was dieses Buch ausmacht: seine vielen kleinen Spannungsbögen, die sich gekonnt zu einem großen verbinden.

Eine Dystopie vom Feinsten – erzählt aus der Sicht mehrerer Hauptpersonen. Verstörend und faszinierend zugleich.
‚Silo‘ wurde ursprünglich in Form von fünf E-Books verkauft, bevor man sich dazu entschloss, es zu drucken. Das Hörbuch ist zwar eine gekürzte Fassung, aber eine weitere Steigerung, die erreicht wird durch die Stimme Peter Bieringers, einem der letzten großen Erzähler unserer Zeit.
5.0 Stars (5,0 / 5)