Guillaume Musso: Das Atelier in Paris – gelesen von Richard Barenberg

Beide suchen nur ein bisschen Ruhe und brauchen eine Auszeit. Dummerweise haben sowohl die englische Polizistin Madeline als auch der mürrrische amerikanische Schriftsteller, der nur effektiv schreiben kann, wenn er ins selbstgewählte Exil geht, die gleiche Wohnung gemietet: ein lichtdurchflutetes Atelier in Paris, am Ende einer Sackgasse. Es ist nicht irgendein Atelier, sondern das eines berühmten bereits verstorbenen Malers. Als Gaspard und Madeline dann auch noch hinter die tragischen Lebensumstände des Malers kommen, ist ihre Neugier geweckt und der Streit um die Wohnung schnell vergessen. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche – nach einem verlorenen Sohn, drei verschollenen Gemälden und der zum Teil grausamen Wahrheit.

Guillaume Musso ist einer der bedeutendsten französischen Schriftsteller der heutigen Zeit. Der Gymnasiallehrer veröffentlicht verhältnismäßig viele Romane, doch ausnahmslos alle sind so gut, dass sie in bis zu 40 Sprachen übersetzt werden und regelmäßig die Bestsellerlisten bevölkern. Mit „Das Atelier in Paris“ ist dem 1974 geborenen Musso wieder einmal ein Meisterwerk gelungen. Und noch dazu eins, mit dem er sich indirekt bei seinen Fans bedankt. Denn wer ganz aufmerksam ist, wird die eine oder andere sich in Paris tummelnde Figur wiederentdecken.

Der Schauspieler Richard Barenberg ist mit seiner tiefen und sonoren Stimme genau der richtige für diesen Roman mit kleinen Thrill-Elementen. Er vertont den Wechsel der Erzählfigur mit einer Selbstverständlichkeit, die nur wenige mit einer solchen Eleganz beherrschen. Chapeau!

David M. Barnett: Miss Gladys und ihr Astronaut

Man kann eigentlich im ersten Moment gar nicht sagen, wen es beschissener getroffen hat. Den Astronauten Thomas Major, auch Major Tom genannt, der mehr oder weniger aus Versehen auf dem One-Way Richtung Mars ist oder Miss Gladys, die liebe, aber leider ziemlich demente Oma, die die Verantwortung für ihre zwei Enkel trägt, weil ihr Sohn im Gefängnis ist. Vielleicht ist die wirklich tragische Person der Geschichte aber auch Ellie, die trotz ihrer Jugend die ganze Familie am Laufen hält und dafür sorgt, dass niemand merkt, dass die Oma nicht mehr alle Tassen im Schrank hat und eigentlich nicht in der Lage ist, sie und ihren kleinen Bruder James zu versorgen.
Natürlich glaubt die Familie Gladys zunächst nicht, als sie von einem Telefonat mit dem Astronauten berichtet. Doch der hat sich im All mit seinem Satellitentelefon verwählt und landete bei ihr. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Art Freundschaft, von der auch James profitiert. Nur Ellie ist äußerst skeptisch und ahnt, dass die Sache nicht gut ausgehen kann. Doch dann wird sie eines Besseren belehrt.

Gerade die Rolle der Ellie, die so viel zu tragen hat und doch eigentlich selbst noch ein Kind ist, die pessimistisch ist und meistens recht behält erfährt das größte Wunder in diesem Roman. Lernt, dass es sich lohnt, an etwas zu glauben und wenn es noch so unwahrscheinlich erscheint. Spannend aber auch die Sichtweise auf den Unglücksraben im All, auf die Story, die dazu geführt hat, dass er heute der ist, der er ist und die Art und Weise, wie er versucht, der kleinen Familie zu helfen und dabei – im wahrsten Sinne des Wortes – den Überblick behält. Ein leichter Roman mit schweren Momenten.

Nicole Zepter: Der Tag, an dem ich meine Mutter wurde

Mütter und Töchter haben ein sehr spezielles Verhältnis zueinander. Zum einen ist es meist eine sehr innige Beziehung, zum anderen, zumindest in bestimmten Entwicklungsphasen, auch eine Konkurrenz. Diese Abgrenzung führt dazu, dass kaum eine junge Frau später mal so sein möchte wie ihre Mutter und fest davon überzeugt ist, auch nie so zu werden. Um irgendwann eines Tages in den (inneren) Spiegel zu sehen und festzustellen: Ich bin meine Mutter geworden.

In diesem Buch, das den Untertitel „Tochtersein zwischen Liebe und Befreiung“ trägt, setzt sich die Autorin Nicole Zepter ausführlich mit ihrer Tochterrolle auseinander und damit, was ihre Mutter zu der Person gemacht hat, die sie war. Und was dazu geführt hat, dass sie selbst ein ähnliches Muttermodell gewählt hat. Scheinbar unbewusst und anscheinend doch von irgendetwas gesteuert. On top versucht sie, das Gewirr aus Familiengeheimnissen zu verstehen, das sie viele Jahre umgeben hat und das heute noch Nachwirkungen zeigt.

Die Autorin begibt sich auf die Suche nach Erklärungen, setzt sich mit ihrer Mutter selbst, mit ihrer Familie aber auch mit Therapeuten auseinander und findest schließlich zu dem inneren Frieden, der es einem erlaubt, viel zu verstehen, einiges zu verzeihen und manches anders zu machen.

Nicole Zepter ist eine Frau, die sich aufs Schreiben versteht. Chefredakteurin von Neon und Nido und Autorin des Spiegelbestsellers „Kunst hassen“. Und das führt dazu, dass sich dieser „Selbstbericht“ im Gegensatz zu sehr vielen anderen tatsächlich gut liest. Mit dem Thema an sich beschäftigt sie sich schon seit einer Weile. Bereits 2014 gab es eine Reportage im Zeit-Magazin, die sich mit der Frage beschäftigte: „Bin ich wie meine Mutter?“

Christian Morgenstern: Ein Wiesel saß auf einem Kiesel

Der Schnupfen hockt auf der Terrasse, auf dass er sich ein Opfer fasse – und stürzt alsbald mit großem Grimm auf einen Menschen namens Schrimm. Paul Schrimm erwidert prompt. „Pitschü!“ und hat ihn drauf bis Montag früh.

Typischer kann ein Christian-Morgenstern-Gedicht kaum sein. Und von dieser Sorte gibt es reichlich kindergeeignete in diesem Buch. Das zudem witzig, farbenfroh und phantasievoll von Christine Sormann illustriert ist.

Eine schöne Art, Kindern den Zugang zu Lyrik zu ebnen. Vielleicht sind sie dann später auch eher in der Lage, Gedichte über das Knie zu interpretieren.