Spielend programmieren lernen

Auch, wenn es auf den ersten Blick so aussieht, dieses Buch ist nichts für wirkliche Anfänger. Ein bisschen was sollte man schon verstehen vom Programmieren, zumindest in der Theorie. Minimum-Voraussetzung ist absolutes Interesse. Zunächst muss man sich die kostenlosen Programmiersprachen Logo und Scratch auf den PC laden, außerdem Python. Und dann kann man sich daran machen, dem Computer beizubringen, was er tun soll. Eine kleine Roboterdame namens Ada – benannt nach Ada Lovelace, der weltweit ersten Programmiererin – begleitet das Kind dabei. Wobei man dazusagen muss, dass Ada Lovelace zu einer Zeit gelebt hat, als es noch gar keine Computer gab.

Was sind bedingte Anweisungen, wie wichtig ist eine festgesetzte Reihenfolge, was sind Pixel, was Tags und wie setze ich all das zu meinen Zwecken ein? Wer dieses Buch wirklich durcharbeitet, erarbeitet sich ein solides Grundwissen, kann danach Webseiten programmieren und erkennt und beseitigt Programmfehler.

Die Aufmachung ist sicher nicht jedermanns Sache und wahrscheinlich spricht sie eher Jungs als Mädchen an. Was ein bisschen schade ist. Denn schließlich holen die Mädchen bei den MINT-Themen in letzter Zeit ziemlich auf.
2.5 Stars (2,5 / 5)

Petz/Jackowski: Der Dachs hat heute schlechte Laune – jetzt auch auf arabisch

Neu ist es eigentlich nicht, dieses Bilderbuch. Aber neu aufgelegt. Wobei aufgelegt auch die Hauptperson ist. Schlecht aufgelegt nämlich. Sozusagen richtig schlecht gelaunt. Und diese miese Laune gibt der kleine Dachs systematisch an alle weiter, die ihm begegnen. Egal ob Waschbär, Hirsch oder Eichhörnchen, sie werden angesteckt, bis zum Schluss der ganze Wald schlecht gelaunt ist. Ausgenommen die Amsel, die dem Dachs hilft, sein egoistisches Verhalten wieder gutzumachen und spielerisch die schlechte Laune aller zu verscheuchen.

Moritz Petz und Amélie Jackowski ist an sich schon ein Bilderbuch gelungen, das mit einfachen Mitteln zeigt, wie wichtig es ist, sich auch einmal zurückzunehmen. Nicht nur auf die eigenen Bedürfnisse zu hören, sondern sich auch Gedanken über die der anderen zu machen. Extrem goldig dabei der von mieser Laune gebeutelte Dachs, den die Französin ganz herrlich mit ihrem Pinsel einfängt. Aber besonders gut gelungen ist die Idee, genau dieses Bilderbuch ins Arabische zu übersetzen. Denn auch, wenn dieser Trend langsam zunimmt, kann man doch sagen, dass die Verlage, die sich beteiligen, hier wirklich als Vorreiter und Weiterdenker bezeichnet werden können.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Hendrich/Bacher: Yunis und Aziza

Für viele Erwachsenen ist das Flüchtlingsthema ein rein politisches. Bei unseren Kindern sieht es da oft ganz anders aus: Sie sind in Kindergarten oder Schule direkt konfrontiert mit den Themen Flucht und Trauma und brauchen die Hilfe Erwachsener, um Erlebnisse richtig einordnen zu können. Eine gute Gesprächsbasis bietet da ein sogenanntes Kinderfachbuch mit dem Titel „Yunis und Aziza“. Die beiden neuen Kindergartenkinder haben Krieg und Flucht hinter sich, haben Bomben erlebt, Zerstörung, Gewalt und Trauer. Sie haben ihre Heimat verloren, sind gerade mal erst drei Monate in Deutschland. Die Erinnerungen an das Erlebte sind noch ganz frisch, all das Neue um sie herum fremd. Und da das Spiel an sich nicht nur Vorbereitung auf das Leben ist, sondern auch der Verarbeitung dient, ist ihre Art zu spielen anders als die der anderen Kinder. Genau wie ihre Reaktion auf einen Hubschrauber. Doch gemeinsam mit den Erzieherinnen und den anderen Kindern lernen die beiden, die Seelen-Monster in Schach zu halten.

Es geht unter die Haut, dieses Buch. Die Illustrationen des Sozialpädagogen Ulrich Koprek lassen der Phantasie gerade so viel Raum, dass man sie noch bedenkenlos mit Kindern betrachten kann. Auch der Text ist kindgerecht, kann ab einem Alter von vier Jahren, eher aufwärts, gut eingesetzt werden. Allerdings sicher nicht bei gerade mal dreijährigen Kindern, wie empfohlen.
Besonders sinnvoll sind aber die Fragen, die immer wieder integriert sind. Die Fragen danach, was Yunis und Aziza fühlen, was sie wohl nachspielen und ob man auch schon einmal Angst hatte, helfen dabei, Zusammenhänge zu verstehen.

In einem zweiten Teil bekommen Eltern und Erzieher Informationen zu Flucht und Trauma und vor allem dazu, wie man zum einen ein traumatisiertes Kind unterstützt und zum anderen wie Kinder am besten mit traumatisierten Spielkameraden umgehen sollten.

Andrea Hendrich und Monika Bacher sind Diplom-Pädagoginnen und haben beide Erfahrung in Elternberatung. Ihr gemeinsames Werk passt gut zu anderen Kinderbüchern zu schwierigen Themen, die im Mabuse-Verlag erschienen sind. Aber gerade bei diesem hier merkt man den verpackten pädagogischen Ansatz teilweise zu stark. Möglicherweise wäre es daher besser, die Pädagogen den Input liefern und andere texten zu lassen.
2.0 Stars (2,0 / 5)

Andrej Usatschow und Anke Faust: Bin ich anders?

Ein Schnabeltier, das in Europa lebt, das hat es nicht einfach. Es sieht aus wie ein Maulwurf, hat einen Entenschnabel und legt Eier. Die anderen Tiere wollen nichts mit ihm zu tun haben, machen sich lustig über sein Aussehen und versuchen es gar soweit zu bringen, dass es sich etwas antut. Egal, was das Schnabeltier probiert, es ist und bleibt unbeliebt und ausgestoßen. Zuerst vergräbt es sich, taucht nur nachts im Fluss nach Würmern und Krebsen. Doch dann beschließt es irgendwann verzweifelt, vor der Situation davonzulaufen – bis ans Ende der Welt. Doch als es da ankommt, erwarten das kleine Schnabeltier eine ganze Menge Überraschungen.

Mal abgesehen davon, dass die Übersetzerin Simone Peil einen massiven Grammatikfehler eingebaut hat, der auch dem Lektorat entgangen zu sein scheint und mal abgesehen davon, dass so etwas bei einem Bilderbuch eigentlich nicht passieren sollte: Das Buch ist klasse. ‚Bin ich anders?‘ zeigt sehr schön, wie einsam und verzweifelt sich Menschen fühlen, die von anderen gemobbt werden, die keine Freunde finden und niemanden haben, dem sie sich zugehörig fühlen können. Der in Russland ziemlich bekannte Autor Andrej Usatschow hat die Angst und das Misstrauen des kleinen Tieres bei seiner Ankunft in Australien mit wenigen Worten eingefangen, perfekt unterstrichen durch die raffinierten Illustrationen von Anke Faust. Das Wort Toleranz bekommt hier eine ganz neue Bedeutung.

‚Bin ich anders?‘ ist ein Bilderbuch. Allerdings eines, das nicht nur die eigentliche Zielgruppe anspricht, sondern sich an jede Altersgruppe wendet. Es eignet sich als optimale Grundlage für Gespräche zum Thema Mobbing. Im Unterricht, aber sicher auch schon im Kindergarten.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Frauke Nahrgang: Roboter Sam – der beste Freund der Welt

“Ich heiße Sam. Bei Jakob klingt das wie Säm.“ So stellt sich die Smart Action Machine vor – der kleine Roboter, den Jakob und sein Vater Justus erfunden haben. Und erzählt, wie es war, als er zum ersten Mal ein Bewusstsein verspürte, wieso er den kleinen Erfindersohn gerne hat und was mit seinen Vorgängern passiert ist. Jakob und Sam werden echte Freunde, erleben viel zusammen und kämpfen gemeinsam gegen den fiesen Dr. Zimperling. Bei dem Sams Gefühlsscanner gleich darauf hingedeutet hat, dass etwas nicht stimmt.

Ein Buch wie dieses ist optimal für etwas geübtere Erstleser, die bereits mit direkter und indirekter Rede umgehen können. Man merkt, dass hier eine Grundschullehrerin zugange war. Frauke Nahrgang kennt die Zielgruppe und deren Bedürfnisse. Die Sätze sind kurz und in relativ einfachen Worten gehalten, die Kapitel überschaubar, die Schrift groß genug, um schnell das Gefühl von Leseerfolg zu vermitteln. Die zahlreichen bunten Illustrationen, gezeichnet von Markus Spang, laden zum optischen Verweilen ein und sind so gemacht, dass der kleine Leser sich bei ihrem Betrachten innerlich noch einmal mit der gerade gelesenen Szene auseinandersetzen kann. Einziges Manko: ein bisschen mehr Spannung hätte das Thema schon hergegeben.
3.0 Stars (3,0 / 5)

Erik O. Lindström: Meja Meergrün

Die kleine Meja Meergrün ist ein typischer Nixenteenager und sie kann machen, was sie will, denn ihre Eltern sind weit weg. Und so verzichtet sie getrost auf Schule, stromert durch die Wellen, unterhält sich mit sprechenden Pflanzen und schwimmt mit anderen schillernden Meeresbewohnern. Doch eines Tages fällt ihr auf, dass irgendetwas nicht stimmt. In ihrer geliebten kleinen Stadt Lyckhav, einem sonst so hellen und superfriedlichen Ort, wird es irgendwie duster. Erst an einer Ecke und zunehmen immer mehr. Die Stimmung kippt, Angst breitet sich aus. Nur zugeben will es keiner. Da kommt Padson gerade recht. Er ist eine Kümmerkröte, die Mejas Eltern ihr geschickt haben, damit sie ein wenig mehr beaufsichtigt ist. Doch so hat sich Padson seinen Job nicht vorgestellt…

Die kleine Geschichte rund um Meeresbewohner, deren Welt aus den Fugen gerät, hat einen sehr aktuellen Charakter. Der Autor beschäftigt sich darin ausführlich mit Ängsten, ohne auch nur einen Augenblick Angst zu verbreiten. Erik Ole Lindström ist Sohn einer deutschen Mutter und eines schwedischen Vaters. Er lebt gemeinsam mit seinen Kindern und einem Hund auf einer Insel im Stockholmer Schärengarten. „Meja Meergrün“ ist sein erstes Kinderbuch. Er hat es sich ursprünglich für seinen Sohn und seine Tochter ausgedacht.

Dieses Buch, sehr niedlich illustriert von Wiebke Rauers, sollte man sich auf alle Fälle vormerken. Auch, wenn es in seiner Aufmachung und mit dem glitzernden Einband wie ein Mädchenbuch aussieht, es eignet sich optimal auch für Jungs. Für die Erstleser allerdings noch nicht zum Selbstlesen, dazu sind zu viele Worte drin, die zwar leicht zu verstehen, aber nicht leicht zu lesen sind.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Ota Hofman: Luzie, der Schrecken der Straße

Luzie langweilt sich schrecklich. Es ist der letzte Sommer vor dem Schulbeginn, alle ihre Freundinnen sind im Urlaub und ihre Eltern müssen arbeiten. Da bleibt nur der fiese Oswald mit seiner Bande. Um bei ihnen mitmachen zu dürfen, lässt sich die Kleine auf einige Mutproben ein. Sie klettert auf das Dach des Supermarktes, tauscht ihre Schultasche gegen eine Riesenportion Eis ein und klaut. Doch plötzlich bekommt das Päckchen Knete, das sie hat mitgehen lassen, ein Eigenleben – Friedrich und Friedrich, die beiden Knetgummimännchen, retten sie gerade noch vor dem Kaufhausdetektiv und bringen auch sonst wieder mit einer ganzen Menge Unordnung Ordnung in Luzies Leben.

Luzies Geschichte ist heute so aktuell wie zu ihrer Entstehungszeit. Bandenbildung, Mobbing, Mutproben sowie die Klarheit darüber, was richtig und was falsch ist und wann ein deutlichen „Nein“ angebracht, aber schwer durchzusetzen ist – das sind Themen, die jeden Schulhof betreffen. Und auch die Tatsache, dass das Mädchen definitiv zu viel fernsieht ist wunderbar ins Heute übertragbar. Das Medium hat sich vielleicht geändert, die Problematik nicht. Umso besser, wenn es Bücher wie dieses gibt, die schön zu lesen sind, die Raum für Phantasie bieten und die sich ganz wunderbar als Diskussionsgrundlage eignen. Auch in der Klasse.

Das sechsteilige Fernsehabenteuer war damals ein Highlight und ist noch immer schnitttechnisch gesehen vom Feinsten. Das Buch, die Grundlage der Serie, gehört definitiv zu den Klassikern und hat sich, so die ZEIT, „einen festen Platz in deutschen Kinder- und Wohnzimmern erobert“.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Noelia Blanco/Valeria Docampo: Im Garten der Pusteblume

„Im Land der Windmühlen lebten Männer, Frauen und Kinder, genau wie sonst auch überall. Bis eines Tages die ‚Perfekten Maschinen‘ kamen.“ So beginnt ein Bilderbuch, das aus der Masse heraussticht. Es geht um einen Ort, an dem kein Wunsch offen bleibt, alles perfekt ist – vermeintlich perfekt. Denn die Bewohner verlieren den Blick fürs Wesentliche. Alle bis auf Anna, die Schneiderin, die sich so sehr wünscht, etwas ganz Besonderes zu nähen. Meeressaum, Sternspitzen oder Wolkenumhänge. Eines Nachts bemerkt sie, dass sie nicht die Einzige ist, der noch Herzenswünsche und Hoffnungen geblieben sind und bei der Suche nach einer Lösung für den Riesen, der gern fliegen möchte, erinnert sie sich an das Pusteblumenland.

Die Bilder dieses außergewöhnlichen Buches, gezeichnet von Valeria Docampo, sind wunderschön, zart, einfallsreich, anders als andere. Leider kann die Geschichte nicht ganz mithalten. Sie ist nicht hundertprozentig kindgerecht formuliert, es fehlt ihr genau die Leichtigkeit, die die Bilder ausströmen. Möglicherweise liegt das aber auch an der Übersetzung. Schade, denn sonst wäre dieses geradezu poetische Bilderbuch regelrecht preisverdächtig.
3.5 Stars (3,5 / 5)