Auf einer Reise nach Südfrankreich kommt Jan endlich seiner Jugendliebe Laura näher. Doch plötzlich ist die junge Frau verschwunden. Typisch, sagen Jans Schwester Katy und ihr Freund Greg. War Laura doch schon immer so. Wenn es in irgendeiner Form für sie brenzlig wurde, war sie weg. Der einzige, der davon überzeugt ist, dass es diesmal sicher anders ist und Laura nicht freiwillig verschwunden ist, ist Jan. Ein kurzer Film auf ihrem Handy, das im Gegensatz zu ihr noch da ist, bestätigt ihn in seinem Verdacht, dass hier etwas nicht stimmt. Die Spur führt ihn zurück nach Berlin, wo Jan in seiner Wohnung die Leiche seiner Nachbarin entdeckt. Ermordet und mit einem blutigen Hinweis auf ihrer Stirn: „Nicht Laura“ steht da geschrieben. Was dann folgt, ist an Spannung, Psychothrill und teilweise auch Perversität kaum mehr zu überbieten.

Auch diesmal setzt der Autor Marc Raabe auf meisterhafte Psychospielchen, auf das Spiel mit den Urängsten und auf brutale Szenen, die so grausam sind, dass sogar hartgesottene Thriller-Leser das Buch nicht mit ins Bett nehmen, geschweige denn das Hörbuch zum Einschlafen hören. Und knüpft damit direkt an seinen Debüt-Erfolg „Der Schnitt“ an, der immerhin als der drittbeste deutsche Krimi 2012 galt.
Die Hörbuchfassung, gesprochen von Sascha Rotermund, Synchronsprecher von Joaquin Phoenix, gewinnt durch die dunkle Stimme des Sprechers noch zusätzlich. Er verzichtet auf stimmliche Spannungseffekte und erreicht genau mit diesem Stilmittel an manchen Stellen den höchsten Grad an Spannung. Nichts für softe Gemüter also. Aber perfekt für alle, die echten Nervenkitzel lieben.

Hörprobe
3.9 Stars (3,9 / 5)

Carey F. Armstrong-Ellis: Zehn Gruselmonster

Zehn kleine Negerlein kann theoretisch jeder, darf praktisch aber keiner mehr, weil politisch nicht korrekt. Warum dann nicht gleich ausweichen auf „Zehn Gruselmonster“ – wobei hier von „klein“ eher weniger die Rede sein kann. Eins sollte vorweg klar sein: Jedermanns Sache ist es nicht, dieses Bilderbuch und es sind eher die Jungs, die es klasse finden, vor allem diejenigen, die sowieso nicht auf allzu viel Text stehen.

Sie sind schaurig, diese zehn Gestalten, die beschlossen „Schrecken zu streun“. Wobei die Hexe, das Gespenst und der Vampir noch die harmlosesten der gruseligen Gesellen sind. Wie im klassischen Vorbild auch, geht Strophe für Strophe einer verloren – nur die Gründe sind andere. Dem einen fiel ein Fuß ab, der andere verliebt sich – bis am Schluss nur noch ein Gruselmonster übrig bleibt. Oder vielleicht doch nicht? Alles nur geträumt? Man weiß es nicht und eigentlich will man es auch gar nicht so ganz genau wissen. Man blättert lieber noch mal zurück und begibt sich auf die Suche nach den zahlreichen zeichnerischen Kleinigkeiten, die dieses Buch von Carey F. Armstrong-Ellis und seinen schaurigen Countdown erst so richtig ausmachen.
3.9 Stars (3,9 / 5)

Teri Terry: Gelöscht

Kyla wurde geslated. Ausgelöscht und neu erfunden. Wie man es im Jahr 2054 in England mit allen Jugendlichen macht, die irgendetwas Schreckliches verbrochen haben –meist im Zusammenhang mit dem Terrorismus – und froh sein können, auf diese Weise von der Gesellschaft in der sie leben und von ihren Adoptiveltern eine neue Chance zu bekommen. Doch Kyla muss ein besonders heftiges Exemplar gewesen sein, denn ihre Persönlichkeit scheint sich der Prozedur vehement zu widersetzen. Es dauert bei ihr deutlich länger als bei anderen, bis man sie in die Welt „entlässt“ und selbst dann wird sie immer wieder eingeholt von Erinnerungsfetzen und Träumen, die für sie keinen Sinn ergeben. Sie aber massiv erschrecken. Doch dann findet Kyla, die sechzehnjährige Angeblich-Terroristin heraus, dass sie eigentlich Lucy Connor heißt und bereits mit zehn Jahren vermisst gemeldet wurde. „Das können sie nicht machen, das ist illegal. Wie kann die Regierung ihre eigenen Gesetze brechen?“ fragt nicht nur sie sich, das fragt sich auch ihr Freund Ben, ebenfalls geslated. Und wenn dieser Verdacht stimmt, was hat das zu bedeuten? Die Fragen spitzen sich zu, die Ereignisse auch. Bis Ben es nicht mehr aushält und auf seine Weise gegen die Zustände in der Gesellschaft von morgen ankämpft.

Der Guardian nannte dieses Buch eines der besten Bücher des Jahres und er liegt definitiv nicht verkehrt. Innerhalb kürzester Zeit hat sich der erste Band dieser Trilogie in einen Bestseller verwandelt, übersetzt bereits jetzt in neun Sprachen. Dystopien scheinen den Nerv der Zeit zu treffen und „Gelöscht“ ist eine derjenigen, die nicht nur über eine gute Story, sondern auch über eine ganz wunderbare Sprache verfügen. Dank der Autorin Teri Terry, einer Weltenbummlerin, die von sich selbst sagt, dass sie aufgrund ihrer häufigen Umzüge immer wieder in eine Beobachterrolle gezwungen wurde, sich seitdem besonders für Menschen interessiert, die in eine fremde Umgebung kommen und sich dort eingliedern müssen. Dass der Terrorismus ihr Thema ist, verwundert nicht. Erstens aufgrund seiner Aktualität, zweitens aber auch, weil sie gerade dabei ist, eine Masterarbeit zu verfassen über die Darstellung des Terrorismus in Romanen für Jugendliche.
4.8 Stars (4,8 / 5)