Ava Reed: Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen.

Leni ist ein ganz normaler Teenager. Sie hat mit Emma eine allerbeste Freundin, Eltern, mit denen sie gut klarkommt und in der Schule passt es auch. Denkt Leni zumindest, aber je näher das Abitur rückt, desto seltsamer fühlt sich alles an. Schleichend, zunächst fast unbemerkt, legt sich so eine komische Schwere auf Leni, die sie nicht kennt. Entwickelt sie Gefühle der Angst, die ihr fremd sind. Eines Tages kann sie nach einem Panikanfall in der Schule gar nicht mehr aus ihrem Zimmer, nicht einmal wirklich aus ihrem Bett. Eine Odyssee der Diagnosen beginnt – bis klar ist, dass Leni unter einer Depression leidet. Bis sie allerdings lernt, die Gedanken-Gespenster in Schach zu halten, dauert es noch viel längerer. Doch dann trifft Leni auf Matti, der nicht nur schöne Augen, sondern auch eine sehr seltene Erkrankung hat – aber ganz und gar nicht gewillt ist, sich von dieser die Lust am Leben nehmen zu lassen.

Die Autorin, die das Buch mit eigenen, authentischen Tagebucheinträgen gespickt hat, geht das Thema unaufgeregt und sensibel an, packt es in eine mutmachende Lovestory und gibt Leni das Happy End, das sie verdient.

Carolin Philipps: Amina

[aartikel]3764170859:left[/aartikel]Wann aus Amina Amin wurde, daran kann sie sich nicht mehr erinnern. Auch nicht, wie sie in das Frauengefängnis von Kabul gekommen ist. Aber daran, dass ihr Leben in Afghanistan als Junge einfacher war und dass sie es nie schlimm fand, ihrem Vater den ausgebliebenen Sohn zu ersetzen, daran erinnert sie sich. Und so erzählt sie den anderen Frauen ihre Geschichte …

Man nennt sie bacha posh und keiner weiß genau, wie viele es davon in Afghanistan gibt. Es sind Mädchen, die von klein auf als Junge aufwachsen und deren Rechte genießen. Afghanistan ist ein Land, in dem die Unterdrückung der Frau an der Tagesordnung ist, in dem schnell rennen, laut lachen oder gar mit Jungen sprechen für Mädchen absolut verboten ist. Ein Land, in der eine Frau, die keinen Sohn gebärt, nutzlos ist. Aber nicht nur deswegen entscheiden sich viele Familien, eine ihrer Töchter als bacha posh aufwachsen zu lassen. Oft ist es auch eine Frage des Geldes, denn Jungs können zum Lebensunterhalt beitragen. Aktuelle politische Themen jugendgerecht zu verarbeiten ist eine Spezialität der Autorin und sie wurde dafür bereits mit dem Mentioning Award des UNESCO-Preises für Toleranz und Frieden ausgezeichnet.

Das Buch gibt einen guten Einblick in den schwierigen Alltag der afghanischen Bevölkerung und ist zusätzlich mit einem Glossar sowie Zusatzinfos zum Land und der politischen Situation dort versehen.

Akram El-Bahay: Wortwächter

[aartikel]3764151188:left[/aartikel]Ein Summen als ob tausend Worte die Luft erfüllten – Tom hat eine besondere Gabe, von der er nur durch Zufall erfährt. Er ist in der Lage Lebensseiten zu lesen. Was das bedeutet, erlebt er zum ersten Mal, als er die Ferien bei seinem Onkel verbringen soll – ohne Internet, Fernseher und Co, dafür aber mit gefühlten tausend Büchern – und als genau dieser Onkel entführt wird. Um ihn zu retten, muss er gemeinsam mit dem Butler Will und seiner Neu-Freundin Josephine zahlreiche Abenteuer bestehen – im Reich der Dichter und Denker.
Dies ist eine der Geschichten, bei denen man von Anfang an spürt, dass sie durchdacht sind und zwar bis ins kleinste Detail. Man erfährt, eigentlich mehr so nebenbei, viel über berühmte Schriftsteller und ihre Werke, über Charaktere der Weltliteratur und die Besonderheiten, die Schriftsteller miteinander verbinden. Der rote Faden zieht sich durch all die 300 und irgendwas Seiten und keine davon ist langweilig. Dem Autor, dem Halbägypter Akram El-Bahay, ist es – und man muss sagen, wieder einmal – gelungen, ein Buch zu schreiben, das auch männliche Lesemuffel in seinen Bann ziehen kann. Einen Versuch ist es auf alle Fälle wert.

Judith Allert: Hilda Heidelbeer und das magische Ei

[aartikel]3764151226:left[/aartikel]Gerade war das Haus noch ein ganz normales Haus und plötzlich ist es bewohnt, ja regelrecht belebt. Wie und wann das passiert ist und warum gerade der ängstliche Frederik und die deutlich forschere Anna gemeinsam dort gelandet sind, ist ihnen beiden ein Rätsel. Genau wie Hilda, deren Eltern oben im Arbeitszimmer wie wild an einer Geschichte arbeiten und nicht gestört werden dürfen. Und die es sich mit einem Muli, einer Schildkröte à la Momo und einer Wundereier legenden Henne gemütlich gemacht hat. Die Zeit mit Hilda wird abenteuerlich für die beiden Kinder – mit äußerst überraschendem Ende.

Ein Buch über Mut, Selbstfindung und Sich-Behaupten, eher für Mädchen als für Jungs. Die Geschichte rund um Hilda Heidelbeer ist farbenfroh, phantasievoll, überraschend und auch ein bisschen tröstlich.

Jens Steiner: Die Bratwurstzipfel-Detektive

[aartikel]3473408174:left[/aartikel]Eines gleich vorweg: Es ist das Kinderbuch-Debüt des Autors und es ist super. Die Sprache ist perfekt für die Zielgruppe, die Geschichte spannend, ohne dem kleinen Leser den Schlaf zu rauben und die Aufmachung genau richtig. Aber worum geht es eigentlich? Es geht um Clemens, seine Freundschaft zu Leo, es geht um die komische Olivia und einen alten Mann, der extrem unheimlich wirkt und allen ein wenig Angst einjagt. Als Clemens eines schönen Tages einen alten Plan findet, überschlagen sich die Ereignisse. Und fast wäre dabei eine wunderbare Jungs-Freundschaft kaputtgegangen. Aber nur fast, denn am Ende geht nicht ein Freund verloren, am Ende kommen neue hinzu.

Die Aufmachung des Buches lässt darauf schließen, dass weitere geplant sind. Die frischen Fans der Bratwurstzipfel-Detektive würde es freuen.

Andreas Hüging: Jem hört die Haie husten

[aartikel]3764150971:left[/aartikel]Am Hummerstrand im Haus Horizont haben Kinder, die es im Leben nicht leicht haben, die Möglichkeit, einen entspannten Sommer zu verbringen. Spastiker, Rollstuhlfahrer, geistig Behinderte oder aber auch Asthmatiker treffen sich hier Jahr für Jahr und tanken auf, während ihre Eltern ebenfalls die Möglichkeit haben, dasselbe zu tun. Doch jetzt soll damit Schluss sein. Ein Baulöwe plant, das Haus Horizont umzubauen zu einer großen und rentablen Hotelanlage. Und plötzlich überschlagen sich die Ereignisse: Jem hat plötzlich eine Nachricht in seinem Nachtisch, ein weißer Hai taucht in der Nähe des Strandes auf und letztendlich führt die Spur zu einem Mord. Nicht umsonst heißt das Buch im Untertitel „Die kriminellste Kurgeschichte aller Zeiten“.

Klingt schlimmer als es ist. Dieses Buch ist durchaus gut geeignet für Kinder ab acht Jahren, wobei es wahrscheinlich Jungs eher bevorzugen werden. Neu ist die Thematik mit den Beeinträchtigungen der Kinder, interessant die Darstellungsweise, manchmal aber auch ein bisschen befremdlich in der Wortwahl. Trotzdem: Nervenkitzel im richtigen Maß ist garantiert.

Sarah Forbes: Elsa Zart

[aartikel]376415098X:left[/aartikel]Warum die Schule „Henriette Höschens Schule für Aufschneider und Hochstapler“ heißen muss und was die Unterwäsche der Schulnamensgeberin mit der Institution an sich zu tun hat, das erschließt sich auch dem geneigtesten Leser nicht. Vor allem nicht bei der Zielgruppe der Sieben- bis Zehnjährigen, die von den Höschen irgendwelcher Damen nun wirklich meilenweit entfernt sind. Aber letztendlich ist es auch nicht so wichtig, wie die Schule heißt, an der nur Angeber und Dampfplauderer angenommen werden. Und die sich entsprechend unsympathisch präsentiert. Elsa leidet sehr unter der Atmosphäre. Sie lebt dort bei ihrer Tante, die das angeblich auf Frischluft allergische Mädchen nach einer für ihre Eltern tödlichen Flut bei sich aufgenommen hat – klingt großherzig, ist davon aber weit entfernt. Thusnelda Barsch ist abartig, ekelhaft und gemein. Und auch die Internatsschüler lassen Elsa merken, dass sie nicht dazugehört. Nur Rudi ist ihr Freund – traut sich das aber auch (noch) nicht offiziell zuzugeben. Aber immerhin unterstützt er sie, als sie einem Geheimnis auf die Spur kommt.

Natürlich ist dieses Kinderbuch in jeder Hinsicht überzogen. Wenn die seltsamen Damen aus der Küche lebenden Ratten die Schwänze kürzen, um damit den Eintopf zu würzen, zum Beispiel. Oder wenn alle Welt ausflippt wegen einer einfachen Karamellcrème – glaubwürdig geht anders. Aber glaubwürdig muss es ja auch nicht sein. Denn dieses Buch hat einen ganz anderen Zweck – neben dem Mitgefühl mit der sympathischen Protagonistin und dem spontanen Lachen über absurde Einfälle bietet es einen entscheidenden Vorteil: die optimale Gesprächsgrundlage für ein im Grundschulalter nicht unwichtiges Thema: Angeber. Mal sehen, was der nächste Band zu bieten hat.
3.0 Stars (3,0 / 5)

Ina Rometsch/Martin Verg: Krabbentaucherkacke!

[aartikel]3764150807:left[/aartikel]Mit dem Titel hat man bei den Jungs ja fast schon gewonnen. Krabbentaucherkacke – das klingt schon nach viel Spaß für alle, die aus dem Fäkalien- und Schimpfwortalter noch nicht raus sind und sich darüber kaputtlachen können, wenn Erwachsene „böse“ Wörter in den Mund nehmen (müssen). Und auch die Geschichte ist nicht schlecht, so eine Art Kinderkrimileinchen – nicht mal so spannend wie die ???, also trotzdem noch gut geeignet auch als Abendlektüre schon für Erstklässler. Die Altersangabe bis zwölf ist damit aber vielleicht ein bisschen zu hoch gegriffen.

Worum geht’s? Um den zwölfjährigen Max, Praktikant in der Vogelschutzstation von Lumpensand an der See, ausgemachter Vogelliebhaber und Freund von Cola und Valentine – und um die Vogelschutzstation selbst, die in Verruf gerät. Die Freunde kommen miesen Machenschaften auf die Spur und lösen das Problem. Klar, damit ist nicht zu viel verraten. Denn das Transportieren der Message „Es gibt immer eine Lösung“ gehört zu einem guten Kinderbuch einfach dazu.Trotzdem gibt es einen deutlichen Minuspunkt – denn die vielversprechende Krabbentaucherkacke und die damit zusammenhängenden Schietstürme über den Köpfen der Lumpensander werden nicht im Geringsten erklärt und genau das ist es doch, was man eigentlich wissen will. Aber vielleicht gibt es ja noch einen zweiten Band…und in dem könnten Ina Rometsch und Martin Verg, übrigens Chefredakteur von GEOlino und selbst „norddeutscher Junge“, das ja dann vielleicht aufklären.
3.7 Stars (3,7 / 5)

Jens Schumacher: Morlo – voll auf Steinzeit

[aartikel]3764150793:left[/aartikel]Kaum ein Buch hat mehr Durchhaltevermögen verlangt in der letzten Zeit wie dieses: Denn die Geschichte um Professor Tuffhäusers Nichte Jenny und den von dieser aus Versehen durch die Zeit transportierten Neandertaler Morlo beginnt zäh wie altes Schnitzel. Doch hat man sich mal durch die ersten 40 Seiten gekämpft, wird es zum Lieblingsbuch des Monats. Denn wie die kleine Jenny mit dem Neandertaler durch die Stadt wandert, auf welche Ideen die beiden kommen, um den Mann aus dem Früher zu tarnen und was sie dabei erleben, ist urkomisch.

Seltsam allerdings ist die vom Autor gewählte Sprache. Da sind Wörter dabei, die kennt mancher Erwachsene nicht und auch der Satzbau ist alles andere als kindgerecht. Wo da der Lektor war, als dieses Buch geschrieben und veröffentlicht wurde, das fragt man sich als Kinderbucherprobter schon. Gut, es ist mal was anderes – wahrscheinlich hat sich Jens Schumacher sogar etwas dabei gedacht, denn eigentlich ist er ein Kinderbuchprofi. Man könnte es also auch positiv sehen: So viele neue Wörter, mit denen man dann ganz toll klugscheißern kann, lernt man selten in so kurzer Zeit. Futuristisch, Radikalkur, Unbefugter, defekt, Dreadlocks, Verunreinigung – und das sind die gängigsten. Wobei man hier schon erkennen kann, dass man die meisten davon problemlos hätte kindgerechter ausdrücken können.

Für Leseanfänger sicher nicht geeignet, auch nicht für fortgeschrittene Leseanfänger. Für begeisterte Leseratten allerdings eine willkommene Abwechslung.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Gerhard Falschlehner: Die digitale Generation

[aartikel]3800075857:left[/aartikel]Jugendliche lesen anders – so lautet der Untertitel dieses Buches, das sich zur Aufgabe gemacht hat, ein Gegenplädoyer zum aktuellen Kulturpessimismus zu schaffen. Denn tatsächlich, so der Autor, lesen die heutigen Jugendliche nicht weniger, sie laufen auch nicht Gefahr, durch digitale Medien zu verdummen, sie lesen nur anders.

„Das lineare Lesen von Schrift bleibt als Basiskompetenz zwar unverändert wichtig, viel häufiger benötigen wir aber digitales Lesen, um uns in multimodalen und multimedialen Räumen zu orientieren“, schreibt Gerhard Falschlehner, Geschäftsführer des Österreichischen Buchclubs der Jugend.
Auch heute noch lesen Kinder und Jugendliche – nur lesen sie anders. Und auch heute noch werden die Grundlagen des Lesens und die Liebe dazu im Kleinkindalter geweckt.

Jugendliche erwarten heute mehr von Medien als die Vertreter der Langspielplattengeneration. Ästhetik auf höchstem Niveau, sie kennen sich aus mit Pixel und 3D. Die Frage ist, wie können wir Erwachsene damit umgehen oder besser: uns darauf einstellen. Denn die Welt verändert sich und wir sollten nicht stehen bleiben.
4.1 Stars (4,1 / 5)