Stephan Pricken: Monster!

Es ist ein typischer Wochenend- bzw. Feiertagsmorgen: alles unter einem Meter ist bereits hellwach, die Eltern wollen dringend weiterschlafen und nehmen dabei auch so einiges in Kauf. So ist es auch bei Joscha, nur dass seine Eltern ihm dummerweise nicht glauben, dass Monster im Haus sind. Um sein Kaninchen zu beschützen, stürzt sich der Kleine todesmutig ins Erdgeschoss – und lernt die Schrankkrabbler kennen. Ziemlich unflätige Wesen ohne Benehmen, die eigentlich nur auf der Durchreise sind und letztendlich schlimmer aussehen als sie sind. Das Chaos allerdings, das sie anrichten, das wird Joscha in die Schuhe geschoben …

Dieses Bilderbuch spaltet die Leserschaft. Da sind zum einen die, die begeistert „nochmal“ rufen, wenn man es vorgelesen hat und die sich freuen, dass es nun endlich eine Erklärung gibt, warum es, wenn die Eltern dann doch endlich mal aufstehen, immer so verwüstet aussieht und zum anderen die, die sich fragen, was der Zweck eines solchen Buches sein soll. Die Eltern nehmen weder die Ängste des Kindes wahr, noch fragen sie sich, warum ihr sonst so braves Kind einen solchen Saustall anrichtet … diese Monster haben irgendwie nichts Niedliches an sich und werden auch was den pädagogischen Wert angeht, von anderen Bilderbuchmonstern um Längen übertroffen.

Hans Rath: Im nächsten Leben wird alles besser

Arnold Kahl ist etwas über 50 und so angenervt wie die meisten in diesem Alter. Irgendwie läuft es nicht so, wie man es gerne hätte, zum Verändern fühlt man sich aber entweder zu alt oder einfach nicht in der Lage und was bleibt da: meckern, stänkern, mosern. Und diese chronische Unzufriedenheit ruft Streit hervor. So auch bei Arnold, der eines Abends einen ziemlichen Krach mit seiner Frau hat und am nächsten Morgen im Jahr 2045 aufwacht. Als Greis mit zwei geschiedenen Ehen und einem persönlichen Roboterassistenten. Alles ist anders, alles ist hochtechnisiert und wer es sich nicht mehr leisten kann, ein gutes Leben zu führen, der geht einfach nach Times Beach – indem das Gehirn digitalisiert und eingespeist wird. Keine Schmerzen mehr, keine offenen Wünsche, Sex sooft und mit wem man will, tolle Autos, schöne Häuser … Nachdem man ihn regelrecht zwingt, schaut sich Arnold dort mal um und findet nichts, was es wert wäre, hier einzuziehen. Stattdessen wird ihm klar, was wirklich wichtig in seinem Leben war und was alles schief gelaufen ist …

Eingeordnet als Dystopie ist es aber eigentlich gar keine. Eher eine Dys-Utopie. Denn nicht nur Arnold Kahl lernt im Laufe dieser Geschichte etwas, sondern der Leser ebenfalls. Die Lektüre eines Buches wie dieses eines ist, wird wohl an niemandem spurlos vorübergehen.

Laura Jane Williams: Dein Lächeln um halb acht

Eines mal gleich vorweg: Wer auf der Suche ist nach Lektüre, die ablenkt, die Hoffnung macht, die einen nachdenklich macht und mit so einem seltsamen, zufriedenen Grinsen hinterlässt – der ist hier genau richtig. Dieses Buch möchte man überhaupt nicht mehr aus der Hand legen. Endlich mal wieder ein Roman, der diesen Titel verdient: denn romantischer könnte ein Plot wirklich gar nicht sein. Da ist zum einen die zwar erfolgreiche, aber doch reichlich chaotische Nadia und zum anderen der charmante Daniel – beide fahren morgens ziemlich häufig mit der gleichen U-Bahn. Doch eine Frau dort ansprechen – das geht gar nicht, da ist sich Daniel sicher, schließlich will er nicht rüberkommen wie ein Serienkiller oder Lustmolch. Also schweigt er und leidet. Bis sein Kumpel ihn auf die Idee bringt, eine Anzeige in der Zeitung aufzugeben. Rubrik: missed connections – extra ins Leben gerufen für Begegnungen wie diese. Doch Nadia ist sich nicht sicher, ob sie sich wirklich angesprochen fühlen soll – ihr Selbstbewusstsein ist extrem angeknackst durch ihre letzte Beziehung. Aber dann schreibt sie doch zurück und es entwickelt sich nicht nur eine nette Anzeigen-Romanze, sondern parallel noch viel mehr.

Pete Johnson: Wie man 13 wird und überlegt

Ein Halbvampirpärchen lebt so unauffällig und angepasst, dass selbst der eigene Sohn nicht merkt, dass seine Eltern anders sind als andere. Als er allerdings 13 Jahre alt wird, müssen sie ihn in das Familiengeheimnis einweihen und damit gerät so einiges außer Kontrolle. Vor allem im Leben des Geburtstagskindes, denn zum einen steht ihm eine seltsame und auch noch stinkende Metamorphose bevor und zum anderen kämpft er ab sofort darum, sein Spiegelbild zu behalten, die plötzlich auftauchende Blutrünstigkeit im Griff zu haben und sich gefährliche Vampire im wahrsten Sinne des Wortes vom Hals zu halten. Markus ist reichlich genervt. Denn wie so gut wie alle Dreizehnjährigen will er mit Sicherheit eines nicht: so werden wie seine Eltern.

Da der Autor selbst Lehrer ist und anfing Geschichten zu schreiben, als er nichts Passendes für seine Schüler fand, kann man davon ausgehen, dass dieses Buch – übrigens der erste von vier Bänden –  Sinnbild ist für die Pubertät. Denn letztendlich geht es in dieser Zeit ja auch nur darum, die Verwandlung, die man durchmacht, zu akzeptieren.

Besonders cool sind übrigens die CDs – die Art und Weise wie Markus direkt mit seinen Bloglesern und damit mit den Zuhörern spricht, hat was.

Laura Fröhlich: Wackelzahnpubertät

Man fragt sich ja immer, ob die Verfasser von Erziehungsratgebern selbst die perfekten Eltern mit perfekten Kindern sind … aber genauso könnte man sich frage, ob jeder Arzt gesund ist. Denn das eine hat mit dem anderen wenig zu tun. In der Theorie ist vieles einfacher als in der Praxis. Vor allem als Eltern, wenn Emotionen vom Feinsten ins Spiel kommen. Wenn aus den süßen Kleinen plötzlich renitente Menschen mit eigener Meinung werden, die diese auch vehement vertreten können. Kommen Kinder in die Schule machen sie eine Phase durch, die die Autorin als Wackelzahnpubertät beschreibt. Ein Ablöseprozess, der wichtig ist für die persönliche Entwicklung des Kindes und den man entsprechend begleiten sollte. Und bei dem man sich erlauben darf, im Rahmen dieses Begleitprozesses Fehler zu machen. Und das ist das Schöne an diesem Buch – wir bekommen nicht die perfekten Lösungen serviert, um uns nach dem Leser wie Oberlooser zu fühlen, sondern wir bekommen gezeigt, dass wir nicht alleine sind. Dass es allen anderen Eltern in dieser oder ähnlicher Form auch so geht, auch der Autorin. Die sich nicht zu schade dafür ist, ihre eigenen Fehler aufzuzeigen und einen besseren Weg aufzuzeigen. Glaubwürdig. Und das muss ein Erziehungsratgeber sein, um wirklich etwas zu bewirken.

Die Autorin, Laura Fröhlich, ist Journalistin und Bloggerin. Ihr Blog www.heuteistmusik.de ist eine Art Müttersprechstunde und beschäftigt sich mit Mental Load. Doch das ist ein anderes Thema. Irgendwie. Aber irgendwie auch nicht.