Sharon Guskin: Noah will nach Hause

Janie ist alleinerziehend, ihr kleiner Sohn Noah ist das Ergebnis eines schönen Urlaubsmomentes. Und auch, wenn das Leben für die junge Frau nicht einfach ist, sie kommen rum, Noah und sie. Doch immer öfter gibt es Schwierigkeiten. Im Kindergarten verhält sich Noah nicht altersangemessen, erzählt Dinge, von denen er nichts wissen sollte, hat fürchterliche Alpträume und ist nur mit mehr als sanfter Gewalt dazu zu bringen, sich waschen zu lassen. Und zuhause ruft er verzweifelt nach seiner Mutter, obwohl diese ihn doch im Arm hält. Dass all das etwas seltsam ist, das ist auch Janie klar und als der Kindergarten Noah freistellt, bleibt ihr nichts anderes übrig, als ihre Ersparnisse dafür zu verbrauchen, von einem Spezialisten zum anderen zu rennen. Doch keiner kommt zu einem Ergebnis. Tabletten solle sie ihm geben, Schizophrenie steht im Raum – bis plötzlich ein alter Mann das Leben der beiden kreuzt. Der Psychologieprofessor beschäftigte sich Zeit seines Lebens mit Wiedergeburt und wittert hier seinen letzten großen Fall – denn die Demenz schreitet bei ihm fort und sein Buch, das Werk, das endlich dazu führen soll, dass die Kollegen ihn anerkennen, ist noch nicht fertig. Die Reise in die Vergangenheit, die diese drei Menschen nun antreten und das, was sie damit lostreten ist zum einen spannend, zum anderen aber auch fast schon gruseliger als so mancher Thriller. Eingebettet in von Wissenschaftlern dokumentierte Fälle, wird der Leser an die Reinkarnation und ihre möglichen Auswirkungen herangeführt. Und dabei erstaunt es nicht, dass die meisten Fälle aus Indien und Sri Lanka stammen.

Es ist das Debüt einer jungen Autorin und der englische Titel „The Forgetting Time“ passt deutlich besser. Zum einen scheinen Kinder, die sich an ein früheres Leben zu erinnern vermögen, dieses im Lauf der Jahre zu vergessen, zum anderen ist auch die Aphasie, die den alten Professor im Griff hat, ein schmerzhafter Vergessensprozess.

Das Buch ist, gerade auch durch seine Unterbrechungen, nicht ganz einfach zu lesen. Harter Tobak und nicht für Jedermann geeignet. Aber das Buch regt zum Nachdenken an und auch wenn die Geschichte des kleinen Noah nur erfunden ist, so mag es doch sein, dass es viele Kinder gibt, die in einer solchen Situation feststecken. Wer mag etwas bezweifeln, was für viele Religionen selbstverständlich ist?
3.0 Stars (3,0 / 5)

David Walton: Quantum

Der Physikprofessor Jacob Kelley hat ein schönes Leben. Eine wunderbare Ehe, tolle Kinder, ein großes Haus und er liebt seinen Job. Nur seine Beziehung zu einer seiner Töchter ist nicht optimal – aber das ist ein Problem, dem er sich nicht stellen will. Bis das Schicksal ihn dazu zwingt. Alles beginnt mit dem Besuch seines Freundes und Kollegen Brian Vanderhall, der reichlich verwirrt von Quantenintelligenzen und Superkräften faselt.

Wer sich schon immer mal mit der Teilchenwelt beschäftigen wollte, sich da aber aufgrund der Komplexität nie rangetraut hat, der ist hier genau richtig. Zu Beginn schluckt der Physik-Laie noch ein bisschen, aber dank Waltons Hilfe und aufgrund seiner anschaulichen Verdeutlichung kommt man schnell in die Materie – im wahrsten Sinne des Wortes. Spiegelneuronen, materialisierte Energie und seelenlose Gegenüber aus anderen Welten…was Kelleys Familie erlebt, ist ein echter Alptraum. Und während er wegen des Mordes an seinem Kollegen und Freund Brian vor Gericht steht, versucht sein zweites Ich den Fall aufzuklären. Mit der Zeit im Nacken, denn jeden Moment kann es sein, dass die Wahrscheinlichkeitswelle, die für die beiden Existenzen eines Ichs verantwortlich ist, zusammenbricht.

David Walton ist eigentlich Ingenieur für einen amerikanischen Raumfahrtkonzern, aber das Schreiben liegt ihm. Ein Buch wie „Quantum“ macht Spaß und fordert unsere Vorstellungskraft heraus.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Bob Dylan erhält Literaturnobelpreis

Kurzmitteilung

„Für die Schaffung neuer poetischer Ausdrucksformen“ – das war eines der Argumente, die laut Jury für den Preisträger sprachen. Und natürlich sein Einfluss auf die zeitgenössische Musik. Der amerikanische Folk- und Rockmusiker, übrigens der erste Musiker, der diesen Preis erhält, gilt als einer der einflussreichsten Songwriter des 20. Jahrhunderts. Der Literaturnobelpreis, weltweit wohl die wichtigste Auszeichnung in diesem Bereich, ist da nur die logische Konsequenz für den Songwriter, der mehr als 500 Lieder geschrieben hat. So sehen es die einen. Aber nicht alle: Der ein oder andere hat schon daran gezweifelt und sich gefragt, ob das nicht ein Scherz sein soll. Dabei ist es endlich mal ein Preisträger, den alle kennen. Nicht nur die, die sich täglich mit Literatur beschäftigen oder eben nicht mal die.

Die Nobelpreise werden in Stockholm überreicht. Am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel. Mal sehen, ob Bob Dylan sich bis dahin dazu äußert.

Rob Harrel: Spotz – ein trollkühner Held

Trolle sind im Königreich Niegelungen reichlich unbeliebt. Aber noch unbeliebter sind die Wölfe. Die sich allerdings schon lange nicht mehr haben blicken lassen. Doch das ändert sich schnell und sozusagen als Wolf im Schafspelz tauchen sie wieder auf. Sie sind auf der Suche nach Rotkäppchens Tochter, von der doch jeder denkt, sie sei irgendwo in Sicherheit. Als dann Spotz‘ bester Freund Kevin, das kleine Schwein gleich mitsamt seiner ganzen Familie entführt wird, da langt es dem Troll und seiner besten Freundin Sierra. Sie machen sich auf zu einer abenteuerlichen Rettungsjagd – mit äußerst verblüffendem Ausgang.

Und auch diesmal wieder gibt es zahlreiche Drumherum-Geschichten. Der dämliche kleine Nachfolgekönig, Trolle an und für sich, Spotz‘ Beziehung zu seinen Mitschülern bzw. Mitschülerinnen – es wird mal wieder nicht langweilig im kleinen Königreich.

Der kleine, nicht besonders helle, aber trotzdem gewiefte Troll geht zielstrebig seinen Weg in die Jungsbücherregale und hat das Zeug dazu, ein Star zu werden. Band drei ist bereits in Bearbeitung und wird auch schon heiß ersehnt. Aber man sollte das Buch den Grundschulkindern, für die es konzipiert ist, einfach selbst in die Hand drücken. Seine comicartigen Bilder unterstützen beim Lesen und zum Vorlesen eignet es sich wirklich nicht. Das gibt einen kleinen Punktabzug.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Sarah Forbes: Elsa Zart

Warum die Schule „Henriette Höschens Schule für Aufschneider und Hochstapler“ heißen muss und was die Unterwäsche der Schulnamensgeberin mit der Institution an sich zu tun hat, das erschließt sich auch dem geneigtesten Leser nicht. Vor allem nicht bei der Zielgruppe der Sieben- bis Zehnjährigen, die von den Höschen irgendwelcher Damen nun wirklich meilenweit entfernt sind. Aber letztendlich ist es auch nicht so wichtig, wie die Schule heißt, an der nur Angeber und Dampfplauderer angenommen werden. Und die sich entsprechend unsympathisch präsentiert. Elsa leidet sehr unter der Atmosphäre. Sie lebt dort bei ihrer Tante, die das angeblich auf Frischluft allergische Mädchen nach einer für ihre Eltern tödlichen Flut bei sich aufgenommen hat – klingt großherzig, ist davon aber weit entfernt. Thusnelda Barsch ist abartig, ekelhaft und gemein. Und auch die Internatsschüler lassen Elsa merken, dass sie nicht dazugehört. Nur Rudi ist ihr Freund – traut sich das aber auch (noch) nicht offiziell zuzugeben. Aber immerhin unterstützt er sie, als sie einem Geheimnis auf die Spur kommt.

Natürlich ist dieses Kinderbuch in jeder Hinsicht überzogen. Wenn die seltsamen Damen aus der Küche lebenden Ratten die Schwänze kürzen, um damit den Eintopf zu würzen, zum Beispiel. Oder wenn alle Welt ausflippt wegen einer einfachen Karamellcrème – glaubwürdig geht anders. Aber glaubwürdig muss es ja auch nicht sein. Denn dieses Buch hat einen ganz anderen Zweck – neben dem Mitgefühl mit der sympathischen Protagonistin und dem spontanen Lachen über absurde Einfälle bietet es einen entscheidenden Vorteil: die optimale Gesprächsgrundlage für ein im Grundschulalter nicht unwichtiges Thema: Angeber. Mal sehen, was der nächste Band zu bieten hat.
3.0 Stars (3,0 / 5)