Jonas Winner: Das Gedankenexperiment

Der junge Philosoph Karl Borchert hat seine wissenschaftliche Karriere an die Wand gefahren. Sein Riesenprojekt, dem System der Sprache mithilfe von Robotern auf die Spur zu kommen, ist an mangelnden Forschungsgeldern gescheitert, sein Lebensauftrag dahin. Als ihm sein Professor dann eine Stelle bei der Kapazität Leonard Habich anbietet, greift er sofort zu. Er weiß, es ist nicht nur seine letzte Chance, sondern überhaupt die Chance an sich. Haben Habichs Theorien ihn doch schon immer fasziniert. Doch auf Schloss Urquardt scheint irgendetwas nicht zu stimmen. Karls erster Impuls ist Flucht, doch Habichs Anziehungskraft ist zu groß. Und nicht nur seine – auch die seiner jungen und äußerst attraktiven Frau Lara. Nach und nach kommt Karl hinter die Geschehnisse und hinter die Rolle, die sein Vater, der zur wissenschaftlichen Clique Habichs gehörte und früh ums Leben kam, bei dem perfiden Spiel in Namen der Wissenschaft spielte. Mit verhängnisvollen Folgen…

Um dieses Buch wirklich zu verstehen, ist es von Vorteil, sowohl von Linguistik als auch von Philosophie eine Ahnung zu haben. Der Ansatz, den Jonas Winner wählt, ist interessant. Nur leider redet er sehr lange um den heißen Brei herum. Und erzeugt damit nicht wirklich Spannung, sondern eher eine Form von gepflegter Langeweile.

Der Autor ist selbst promovierter Philosoph, arbeitete als Journalist und Redakteur, ist bekannt geworden durch sein Projekt Berlin Gothic und hat sich jetzt auf philosophische Thriller verlegt. Ein Genre, mit dem er langfristig durchaus Erfolg haben dürfte.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Suzan Peeters/Milja Praagman: Dreckspatz oder: Ein Unglück kommt selten allein

Frau Stoffel hat einen Putzfimmel. Sie wienert alles, sogar das Goldfischglas und den Kaktus. Schließlich muss alles blitzblank sein, wenn er kommt, der Herr Bürgermeister. Dass er bis heute nie kam, ist für sie nicht relevant. Als sie an diesem Tag ihr Staubtuch im Mülleimer ausschütteln will, bewegt sich dieser. Doch weder lebt der Müll noch waren es die Spaghetti von gestern, die sich hier selbstständig machen, es ist ein kleines Mädchen, das nicht nur fürchterlich schmutzig ist, sondern auch vehement nach Kuchen verlangt. Der Dreckspatz macht sich breit bei Herrn und Frau Stoffel und sorgt so richtig für Chaos. Als es dann klingelt, ist klar, wer vor der Tür steht…

Dieses Bilderbuch ist anders als andere. Und zuerst ist man etwas verwundert über die Geschichte, die in doch relativ steifen Worten erzählt wird. Was auch an der Übersetzung aus dem Niederländischen liegen könnte. Doch mit der Zeit, man muss es mehrmals (vor)lesen, gewinnt sie immer mehr an Charme und mausert sich bald zu einer der Lieblingsgeschichten im Kinderzimmer.
3.8 Stars (3,8 / 5)

Catherine Leblanc/Eve Tharlet: Wirst du mich immer lieb haben?

Dem kleinen Bären ist ein Missgeschick passiert: Er hat sich beim Spielen seine Jacke zerrissen. Doch wider Erwarten ist seine Mama gar nicht böse. Das bringt ihn auf den Gedanken, wann denn Schluss wäre mit der mütterlichen Liebe und er beginnt ein Fragespiel. Was, wenn er in der Schule faul wäre? Was, wenn er absichtlich alles kaputt machen würde? Und was, wenn er mal so sauer auf seine Mama wäre, dass er sie nicht mehr lieb haben könnte? Mit Erstaunen stellt der kleine Bär fest, dass es nichts gibt, das die Liebe seiner Mutter zu ihm vermindern könnte. Wirklich gar nichts?, fragt sich der kleine Kerl. Und es dauert eine Weile, bis er sich zu fragen traut, was ihm wirklich das Herz schwer macht: Was, wenn Mama stirbt?

Dieses Bilderbuch, wie gewohnt perfekt illustriert von Eve Tharlet, erfüllt mehrere Zwecke. Auf der einen Seite eignet es sich für alle Kinder. Schließlich ist es wichtig, dass sie wissen, dass man vielleicht mal sauer ist, aber die Liebe deswegen nicht weniger wird. Es eignet sich für Familien in schweren Abschiedssituationen, mit dem Versuch zu erklären wie unendlich Liebe sein kann. Und es ist ganz prima geeignet für all diejenigen, die bald Konkurrenz in der Familie bekommen werden und diese jetzt schon fürchten. Denn das ist wohl das Erstaunlichste auf der Welt: Egal, wie viele Kinder in eine Familie geboren werden, eine Mama muss vielleicht ihre Zeit teilen, aber nie ihre Liebe. Denn davon scheint es unendlich viel in unseren Herzen zu geben.
4.4 Stars (4,4 / 5)

Sophia Rauchberg: ausgehoppelt

Anna liebt ihren Chef Marc und geht davon aus, dass diese Liebe auf Gegenseitigkeit beruht. Doch dem scheint nicht so zu sein. Statt ihr den langersehnten Heiratsantrag zu machen, schickt er sie in den Urlaub und das nicht ganz ohne Hintergedanken – er versucht, ihre Lorbeeren einzuheimsen und sie dafür aus dem Weg zu schaffen. Anna entscheidet sich für Österreich, sie will sich Marcs Familie mal genauer ansehen und gibt sich dort als dessen Assistentin aus. Nicht nur, dass das Land für sie ein Ort mit sieben Siegeln ist, es herrscht auch eine die ihr immer wieder Rätsel aufgibt. Doch nicht nur die Sprache ist rätselhaft, auch die Situation vor Ort ist verzwickt. Wer ist denn nun wer, und wer gehört zu wem, und welche Rolle spielt hier eigentlich Marc?

Dieses Buch fällt eindeutig unter die Kategorie unterste Schublade. Die Geschichte ist an den Haaren herbeigezogen, die Sprachwitze flach wie eine Flunder und die Ausdrucksweise der Autorin alles andere als sprachlich ansprechend. Da mag Sophia Rauchenberg, die in der Literaturwelt noch viele andere Namen hat, noch so viele gute Rezensionen bekommen haben, ein guter, humorvoller Roman sieht trotzdem anders aus.
0.8 Stars (0,8 / 5)

Scott Hutchins: Eine vorläufige Theorie der Liebe

Der frisch geschiedene Neill Bassett jr. hat einen ziemlich interessanten Job. Mithilfe des Tagebuchs seines verstorbenen Vaters haucht er einem Computer Leben ein. Mit den rund 5000 Seiten soll er einen Computer programmieren, der zu Gefühlen fähig sein soll. Eine Arbeit, die nicht nur den Computer emotional weiterbringt, sondern auch den jungen Mann. Gemeinsam entwickeln sie sich, lernen die Frauen verstehen und so ganz nebenbei kommt Neill dem Selbstmord seines Vaters auf die Schliche. Ein paar Verwicklungen und Missverständnisse um die künstliche Intelligenz inklusive. Indem man Neill über die Schulter sieht, bekommt man einen ungeschönten Blick auf die Defizite, die er mit sich herumträgt, auf das oft Erniedrigende seiner Situation.

Dieses Hörbuch gehört zu denen, die einem die Zeit gut vertreiben können. Auch, wenn man bisweilen, wenn es ein wenig herbeigezogen ordinär wird, lieber mal schnell weghört. Eine Stilblüte, die dem Autor eigentlich gar nicht steht und bei der der Lektor seinen Job hätte ein wenig besser machen können. Ist der Debütroman sonst doch so was von gelungen.
4.1 Stars (4,1 / 5)