Anne Tyler: Tag der Ankunft

Zwei Familien: eine iranischer Herkunft, eine amerikanisch – zwei Welten. Die sich verbinden durch zwei koreanische Mädchen. Die ersehnten Adoptivkinder. Für die frischgebackenen Eltern, vor allem für die Mütter Ziba und Bitsy, bekommt die Welt wieder Farbe – und sie verändert sich, durch den Einfluss der jeweils anderen.

Hier die Donaldsons – amerikanischer geht’s nicht. Und dort die Yazdans, die sich zwar auf der einen Seite dem amerikanischen Leben angepasst haben, auf der anderen Seite aber stolz darauf sind, immer Iraner zu bleiben. Und die ihre Außenseiterposition nie aus dem Blickwinkel verlieren. Selbst dann nicht, wenn es dafür gar keinen Grund gibt. Teile der Familie Yazdan tragen diese Außenseiterrolle wie ein Schutzschild vor sich her und sind doch gezwungen, es fallen zu lassen – gezwungen durch zwei kleine, miteinander aufwachsende Mädchen und durch die Veränderungen, die sich durch die beiden in den jeweiligen Familien ergeben. Das zeigt sich am deutlichsten bei der jährlichen „Tag der Ankunft-Feier“, die von Bitsy konsequent durchgezogen wird – auch gegen den Willen der anderen.

„Maryam sagte:“Oh, die … Ankunftsparty.“

„Dad meinte, du kämst vielleicht.“

„Naja, ich habe gesagt, dass ich darüber nachdenken werde“, sagte Maryam. „Aber dieser Sommer ist so vertrackt; ich bin mir nicht sicher, ob…“ (…) Die Ausreden, die ihr auf der Zunge lagen – New York, Farahs Besuch -, kamen ihr plötzlich so fadenscheinig vor.“

Maryam, Zibas Mutter, wehrt sich am heftigsten gegen das Verschmelzen der beiden Familien – und doch ist sie es am Schluss, die am meisten darin aufgeht.

Anne Tyler ist eine der erfolgreichsten Romanschriftstellerinnen Amerikas. Ausgezeichnet mit dem Pulitzerpreis und hochgelobt auch bei uns.

Mit „Tag der Ankunft“ ist ihr ein sensibles Buch über das Miteinander verschiedener Kulturen gelungen. Ohne überzeichnen zu müssen, fängt sie die Stimmungen einer Multikulti-Gesellschaft ein, die vorgibt, gar keine zu sein. Sie beschreibt die Probleme von Einwanderern, die sich selbst Jahrzehnte nach ihrem eigenen Tag der Ankunft nicht an das neue Leben gewöhnt haben, behandelt aber auch die Schwierigkeiten gerade der Kinder, die in einer solchen Familie aufwachsen, eigentlich aber zu dem Land gehören, in dem sie geboren wurden und die mit der Diskrepanz zwischen Draußen und Zuhause lernen müssen zu leben.
2.9 Stars (2,9 / 5)

Jutta Treiber/Maria Blazejovsky: Die Blumen der Engel

Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn das eigene Kind vor einem stirbt. Das Leid, das diese Eltern durchmachen, ist mit nichts zu vergleichen. Doch auch für die Geschwister, die zurückbleiben ist eine solche Situation unglaublich schwer. Und manchmal auch mit heftigen Schuldgefühlen verbunden. Jutta Treiber und Maria Blazejovsky haben sich mutig eines Themas angenommen, das normalerweise nicht zu denjenigen eines bunten Bilderbuches gehört….

Die Geschichte der kleinen Sonja, die durch einen Autounfall ihre jüngere Schwester Mara verloren hat und die sich in ihrer Trauer alleine gelassen fühlt, geht unglaublich zu Herzen. Der schreckliche, alles verändernde Anruf, der Schock, der die Familienmitglieder erfasst, die Gedanken, die Sonja durch den Kopf gehen, das verlassene Gefühl, die Erinnerungen, die unfassbare Traurigkeit und das ganze Zeremoniell, mit dem sie sich überfordert fühlt – man kann gar nicht anders, man leidet mit. Und bekommt sofort das unbändige Bedürfnis, die eigenen Kinder ganz fest in den Arm zu nehmen, zu beschützen und nie mehr loszulassen.

Es hat aber auch etwas Tröstliches, dieses Buch und es ist sicher wunderbar geeignet für Familien, die sich in einer solchen oder ähnlichen Situation befinden. Und wahrscheinlich auch für diejenigen Kinder, die sich mit dem Thema entweder nur am Rande oder noch nie befasst haben, befassen mussten. Dann allerdings muss man sehr behutsam vorgehen, um nicht unnötig Ängste zu wecken. Und zwar die Ängste, die einen selbst befallen, wenn man sich mit dem Thema ‚Tod eines Kindes‘ auseinandersetzt und die man selbst kaum in den Griff bekommt – sie können bei Kindern ausufern und müssen gut eingedämmt, bewacht und bearbeitet werden….
4.8 Stars (4,8 / 5)