Christiane Schwarz: Wie spät ist zu spät?

Frauen, die natürlich entbinden wollen und über den errechneten Zeitpunkt hinaus sind, bekommen vom Arzt nur noch wenige Tage Zeit. Und wenn das Baby partout nicht kommen will, dann wird die Geburt eingeleitet, damit das Kind – so das Argument – keinen Schaden davonträgt, dadurch dass es übertragen ist. Von Behinderungen ist da die Rede und sogar von drohendem Tod. Das kann passieren, ist aber extrem unwahrscheinlich und viele werdenden Mütter wären bereit, das Risiko zu tragen, weil sie spüren, dass ihr Kind noch nicht soweit ist. Vielleicht auch manchmal, weil sie selbst noch nicht so weit sind. Dieses Risiko hingegen wollen die Ärzte aber nicht tragen und greifen oft zu schnell zur Einleitung einer Geburt. Das betrifft inzwischen jede fünfte Geburt in Deutschland.

Das Einleiten einer Geburt ist weder für die Mutter noch für das Baby einfach. Die Wehen sind häufig viel stärker und kommen unvorbereitet, das Kind ist noch nicht bereit und wird durch einen künstlichen Cocktail mit Nachdruck auf die Welt befördert. Die Lektüre richtet sich daher eigentlich an Fachleute: an die Hebammen, Geburtshelfer und Ärzte, die die Entscheidung letztendlich treffen müssen. Aber auch an Frauen, die sich wissenschaftlich damit auseinandersetzen möchten, bevor sie sich für eine Einleitung entscheiden.

Dieses Buch ist die Dissertationsschrift der Autorin und damit nichts, was man mal so nebenbei auf der Sonnenliege genießt und das einem die wichtigsten Daten in kleinen, leichtverständlichen Häppchen bietet. Stattdessen ist es echte Fachliteratur, die sich mit Daten und Zahlen, mit Statistiken und Folgen auseinandersetzt, das Für und Wider gründlich abwägt und niemandem die Entscheidung abnimmt. Was auch gar nicht geht, denn jede Geburt ist ein einmalige Erlebnis. Und niemals mit einer anderen zu vergleichen.

Michael Schulte-Markwort: Kindersorgen

Professor Dr. Schulte-Markwort ist ein bekannter Kinder- und Jugendpsychiater, ist Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Universitätsklinikum Hamburg und steht tagtäglich vor der Herausforderung, Kindern und Jugendlichen zu helfen, denen sonst keiner mehr helfen will oder kann. Dabei behält er sich den „Kinderblick“, versucht, Situationen nicht als Erwachsener zu betrachten, sondern sich in den jungen Menschen hineinzuversetzen und kann so vieles erklären, was für andere unerklärlich ist. Wie ein Dolmetscher übersetzt er ausgewählte Situationen und öffnet dem Leser so den Blickwinkel, den er einnehmen muss, wenn er verstehen will.
Kindersorgen sind etwas ganz Normales, nur die Sorgen sind andere als die der Erwachsenen. Und ein Kind, das Sorgen hat, wird nicht zwangsläufig zum Sorgenkind. Das unterstreicht der Autor ganz deutlich. Und zwar auch dann nicht, wenn ein Kind mit Sorgen seinen Eltern Sorgen macht. Stattdessen kann mit Hilfe von außen und dem richtigen Blickwinkel die Welt des Kindes wieder geradegerückt werden. Es fühlt sich ernst genommen und verstanden. Damit uns das auch im Alltag – im Kleinen – immer wieder aufs Neue gelingt, ist diese Lektüre eine gute Unterstützung.
Schulte-Markwort hat sich bereits mit mehreren Titeln einen Namen gemacht, ist der Autor der Burnout- und der Superkids. Er schreibt leicht verständlich und hilft dem Leser, zu erkennen, was Kinder belasten kann und wie wir ihnen helfen können.

Höfer/Scholz: Meine Schwangerschaft

Es gibt zahlreiche Schwangerschaftsratgeber auf dem Markt und letztendlich sind sie alle gleich. Dieser hier aber ist anders. Besser. Es gibt wohl kaum eine Frage, die offen bleibt. Alles ist extrem anschaulich erklärt und an den richtigen Stellen bebildert. Zusätzlich zu den üblichen Fragen, die im Rahmen einer Schwangerschaft auftauchen, gibt es nützliche Tipps und auch schwierigere Themen werden angesprochen. Jeder Tag der Schwangerschaft wird behandelt, man kann sich also von Anfang bis Ende begleiten lassen und lernt dabei viel Zusätzliches.

Damit man sich in dem doch recht dicken Wälzer gut zurechtfindet, hilft ein Register dabei, die Orientierung zu behalten. Als altmodische Suchmaschine führt es den Leser von einem Thema zum anderen und dazu, dass man das Buch kaum aus den Händen legen kann und immer weiter darin herumschmökert. Sehr empfehlenswert, nicht nur für Erstlingsmütter. Kein Wunder, besteht das Autorenduo doch aus einer Hebamme und einer Frauenärztin, die in einer Berliner Geburtsklinik tätig ist.

Isabel Bogdan: Der Pfau

Ein verträumter Landsitz in den schottischen Highlands, eine Bankertruppe, die ein Teambuildingseminar machen muss. Und ein Pfau, der auf einmal alles, was blau war und glänzte als Konkurrenz ansieht – das ist das Szenario, das Isabel Bogdan für ihren Roman aufgebaut hat.

Die Truppe, die untereinander äußerst inhomogen ist, kommt von Tag zu Tag in schwierigere Situationen. Und als sie dann auch noch eingeschneit werden, spitzt sich die Lage zu. Und die wahren Charaktere kommen hinter den Fassaden hervor.

Die Frauenzeitschrift „Brigitte“ spricht von einem kolossalen Vergnügen, der „Spiegel“ hat das Buch auf seine Bestsellerliste gesetzt und trotzdem ist es alles andere als leichte Lektüre. Streckenweise zieht sich das Buch und man fragt sich, warum Hamish und Fiona McIntosh, die Besitzer des Cottages dem Ganzen nicht endlich ein Ende bereiten, doch als es endlich geschieht, ist das irgendwie auch nicht richtig befriedigend. Es ist kein Buch für zwischendurch, aber durchaus eines, das man mal gelesen haben sollte.

Kathrin Weßling: Super und dir?

Marlene Beckmann ist 31 Jahre alt und genau so, wie eine Frau in diesem Alter in unserer Gesellschaft sein soll: schön und gepflegt, strebsam, erfolgreich, immer online und vor allem: immer gut drauf.
Dass nur die wenigsten das wirklich erfüllen und die meisten mit einer Fassade leben, die es gilt, mit allen Mitteln aufrechtzuerhalten, das verrät sie nur in diesem Buch. Die Protagonistin zeigt schonungslos ehrlich, wie sie sich mit der Hilfe aller möglichen Substanzen am Laufen hält, was das mit ihr und ihrer Beziehung macht und was es bedeutet, den Traumjob halten zu müssen.

Es ist ein bisschen schwer zu lesen, dieses Buch. Nicht, weil der Stil schlecht wäre, das ist er nämlich nicht, sondern eher, weil man denkt, dass es doch durchaus wichtigere Dinge gibt als sich mit den Problemen der Marlene B. zu beschäftigen. Und dass es auch für Marlene B. durchaus wichtigere Dinge geben sollte, als sich im Selbstmitleid zu suhlen – sie könnte sich zum Beispiel am eigenen Schopf packen und aus dem Dreck ziehen. Man möchte hingehen, das Mädchen schütteln und ihr sagen, dass es durchaus Sinn machen kann, mal auf die innere Stimme zu hören und dass Karriere und Twitter nicht alles im Leben einer jungen Frau sein sollten.
Die Autorin ist übrigens im „echten“ Leben eine gefragte Social-Media-Redakteurin. Wen wundert’s?

Nonnast/Göhlich: Wer hat Angst vorm schwarzen Gespenst

Xenophobie – die Angst vor Fremden, die schlummert tief in jedem von uns. Es ist eine ganz natürliche Angst, die auf die Urzeit zurückgeht und uns schützte. Dass wir Menschen heute bereits ein ganzes Stück weiter sein sollten als unsere Vorfahren, sollte eigentlich klar sein. Aber selbst bei uns setzt sie sich – gerade zur Zeit – wieder in den Vordergrund, die Angst. Und zaubert wilde Blüten.
Gespenstern geht es da nicht anders. Wenn eines schwarz statt weiß ist, dann muss es ein Dieb, ein Lügner und auf jeden Fall ein großer Schuft sein. Und sowieso schuld an allem. Selbst, wenn man es selbst war, denn so lässt sich ja prima ablenken. Dass das schwarze Gespenst zusätzlich stinkt, dass es alles kaputt macht und keinen Respekt vor der Natur hat, versteht sich da ja schon fast von selbst.

Irgendwann haben die Gespenster Marti und Luzi genug von dem Fiesling und wollen ihn zur Rede stellen. Doch was sie dann entdecken und was sich daraus entwickelt, ist für die beiden und ihre Freunde wirklich überraschend.

Dieses Buch ist sehr empfehlenswert, um Vorurteilen etwas entgegenzusetzen. So lernen die Kinder bereits von klein auf, dass anders nicht schlecht sein muss. Im Gegenteil.

Nicole Jäger – Nicht direkt perfekt

Warum ziehen wir Frauen beim Sex den Bauch ein? Vor allem, wenn wir über 100 kg wiegen, wo es doch eh nichts mehr bringt? Warum mögen nicht alle Männer dicke Frauen und manche aber lieber als die dünnen? Welche Rolle spielt in unserem Leben eigentlich die Zahl auf der Waage und wie beeinflusst sie unser Sexualleben?

Diese wenig spannenden Fragen stehen sieben Stunden lang mehr oder weniger im Mittelpunkt eines fast schon selbstgefälligen Dauergejammers. Anders kann man es leider kaum sagen. Nicole Jäger möchte wirken, wie eine Frau, die über den Dingen und über ihren Pfunden steht, vermittelt aber zehnmal mehr den Eindruck, darunter ziemlich zu leiden und das überspielen zu wollen – mit einer Portion Selbstbewusstsein, die einem bisweilen das Gefühl gibt, man müsste sich ein bisschen fremdschämen.

Dabei ist die Frau, die mal 340 Kilo gewogen hat und bereits 200 runter hat, eigentlich ganz witzig, zumindest in ihren Shows. Aber das ist vielleicht das hübsche Gesamtpaket, das auf einer CD einfach nicht wirken kann. Daumen runter für „Die nackte Wahrheit übers Frausein“ – selbst wenn ihr Buchdebüt „Die Fettlöserin“ mit 100.000 verkauften Exemplaren ein Spiegel-Bestseller war.

Michael Petrowitz: Das wilde Uff braucht einen Freund

Da legt man sich mal zu einem Nickerchen hin und wacht 66 Millionen Jahre später in einer ganz anderen Welt auf. So die Vorgängergeschichte vom kleinen Uff, dem Urzeitwesen, das jetzt bei Familie Peppel wohnt.

Doch so langsam findet es Uff bei den Peppels ziemlich langweilig. Lio muss dauernd lernen und hat keine Zeit und immer nur drinnen, da erlebt man ja gar nichts. Doch als er plötzlich das Signal eines anderen Uffs empfängt, gibt es kein Halten mehr. Und schon ist der ganze Clan wieder in Schwierigkeiten.

Schade an diesem Buch ist, dass der kleine Leser eigentlich die Vorgänger gelesen haben muss, um die ganzen Anspielungen zu verstehen. Da wäre es einfacher gewesen, der eigentlichen Geschichte ein paar erklärende Worte vorauszuschicken. Davon abgesehen trifft das Uff aber durchaus den Geschmack von Grundschullesern. Jungs eher als Mädchen. Aber nicht zwingend.