Charlotte Habersack/Henning Löhlein: Wenn ich aber nicht muss!

Es macht ihn wahnsinnig: Egal, wo Ritter Klodwig hinmöchte, sein Knappe schickt ihn vorher aufs Töpfchen – Pipi machen. Klodwig findet das seiner völlig unwürdig. Schließlich weiß er selbst am besten, ob er muss oder nicht. Und als er dann auch noch wegen der dämlichen Toilettengeherei ein Turnier verpasst, da langt’s ihm. Beim geplanten Duell mit dem Schwarzen Ritter setzt er sich durch. Und geht vorher nicht aufs Klo. Dummerweise ist Klodwig dann aber so aufgeregt, dass er doch muss. Bis er allerdings aus den Dosenhosen und all dem anderen Eisenzeugs raus und wieder rein ist, ist der Gegner nach Hause gegangen.

Endlich mal wieder ein Bilderbuch, das gekonnt ein kindliches Thema aufgreift und dieses auch geschickt und vor allem witzig transportiert. Der Text ist zunächst ein bisschen irritierend, da er bewusst unregelmäßig von Reimen durchzogen ist. Wenn man es aber einmal gelesen hat, dann macht es Spaß, die Regeln der deutschen Sprache beim Vorlesen ein bisschen zu durchbrechen. Das Schönste aber an diesem gelungenen Bilderbuch sind die Zeichnungen. Vor allem die Kleinigkeiten, die überall versteckt sind. Schneemänner, die auch mal müssen, gelangweilte Ritter, die sich das Warten auf den Klogänger mit einem Spiel vertreiben und deren Gegner ihr eigenes Pferd ist und Hühner mit Ritterrüstung, die ein bisschen ans Moorhuhn erinnern – dieses Buch macht nicht nur den Kleinen Spaß. Und es ist auch lehrreich. Nach seiner Lektüre gehen die Kinder vor dem Schlüpfen in den Schneeanzug freiwillig nochmal – sie wollen ja auf keinen Fall, dass es ihnen so geht wie Ritter Klodwig.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Jens Schumacher: Asmoduin

Eigentlich wollte Bob nur ein bisschen mit seiner Lieblingscousine über den Flohmarkt schlendern und vielleicht ein kleines Schnäppchen aus dem Comicbereich machen. Dann aber zieht ihn diese Holzmaske magisch an – erklassig gruselig mit miesen Schlitzaugen und reißzahnbewehrtem Maul . Kaum zuhause, entdeckt er eine mathematische Formel, die ins Holz geschnitzt sind. Kein Problem für das Matheass, das nicht umsonst ein paar Kikos zu viel hat: viele Schokoriegel später hat Bob die Lösung gefunden: 666 – the number of the beast!

Und genau dieses Biest macht ihm ab sofort das Leben schwer. Asmoduin, der kleine durch die Formel befreite Teufel, lässt dabei nichts aus und ihn wieder loszuwerden entpuppt sich als deutlich schwieriger als gedacht.

Langweilig wird es Bob mit Asmoduin genauso wenig wie den Lesern. Das Buch hält einige witzige Stellen bereit und das Wesen aus der Hölle macht es dem Leser sehr schwer, es als etwas wahrlich Böses wahrzunehmen. Jens Schumacher zeichnet die Figur des Jungteufels auf der einen Seite hochnotpeinlich, auf der anderen fast schon menschlich. Wer allerdings mit seinen Zeichnungen komplett danebenlag, ist der Illustrator Helge Voigt. Der von ihm entworfene Teufel auf dem Cover sieht zwar extrem putzig aus – trotzdem, das Buch sollte man schon mal lesen, wenn man die Hauptperson illustriert. Dann wären so gravierende Fehler bei Asmoduins Äußerem sicher nicht passiert. Gut gelungen aber das ins Buch integrierte Daumenkino – ein schlagendes Argument gegen jedes E-Book.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Mirjam Mous: Boy 7

Theoretisch könnte es jedem von uns passieren, dass er eines Tages irgendwo aufwacht, unter Gedächtnisverlust leidet und schnell zu der Erkenntnis kommt: Vertraue niemandem. Nicht einmal dir selbst. Keine schöne Vorstellung.

‚Was auch passiert – ruf auf keinen Fall die Polizei an!‘ – diese Nachricht , mit seiner eigenen Stimme gesprochen, findet Sam Waters auf einem Handy, das er bei sich trägt. Er kann sich an nichts erinnern. Nicht, wie er in die kahle Grasebene kommt, in der er wieder zu sich kam, nicht, wer er ist und woher er kommt. Lediglich der Rucksack, den er in der Nähe findet, scheint einige Indizien zu enthalten. Unter anderem einen Flyer einer Pizzeria, das Foto eines seltsamen Gebäudes und einen kleinen Schlüssel.

Das Mädchen, das Sam aufsammelt und zu einer kleinen Pension mitnimmt, scheint hilfsbereit und nett. Vertrauenswürdig. Doch auch wenn sich Boy Seven, so nennt sich Sam, weil es so in seiner Kleidung steht, nach wie vor an nicht erinnern kann, so kommt er doch Stück für Stück hinter das Geheimnis. Hinter seines und hinter Laras: Der Junge wurde zu Versuchszwecken festgehalten, genau wie andere auch. Ihnen wurde ein Chip hinter das Ohr gepflanzt, mit dem sie komplett steuerbar waren. Es war jederzeit möglich, Teile ihres Gehirns oder auch den gesamten Inhalt zu löschen. Perfekte Voraussetzungen für Verbrechen…

Diese Mischung aus Thriller und Dystopie, gedacht für Jugendliche, nimmt auch ältere Semester komplett in seinen Bann. Die Autorin Mirjam Mous hat sich eine Szenerie ausgedacht, die so abgefahren ist, dass sie wahr sein könnte. Mit Boy 7 ist ihr ein Buch gelungen, das definitiv das Zeug zum Verfilmen hätte.
4.4 Stars (4,4 / 5)