Anton wohnt in Haus 2. Und mag das gerne, was (fast) alle Kinder gerne mögen. Pfannkuchen, Bilderbücher und natürlich Drachen. Und er möchte so gerne mitspielen bei den anderen. Dafür tut er alles. Er klebt sich Federn an, um zu den Vögeln zu gehören, macht sich zum Igel, zum Frosch und irgendwie auch zum Affen. Bis er auf jemanden trifft, der nichts von ihm erwartet, sondern ihn einfach so nimmt, wie er ist. Wie Anton eben…
Die Idee ist schön, die Umsetzung etwas speziell, aber deswegen nicht schlecht. Nur gewöhnungsbedürftig. Ein Bilderbuch, das man sicher nicht nach dem ersten Mal aus der Hand legt. Sondern nochmal und nochmal ansieht.
Minedition ist bekannt dafür, nicht die Mainstream-Bücher zu veröffentlichen. Die, die sowieso auf jeden Fall gehen. Wer zu einem Buch aus diesem Verlag greift, der sucht etwas anderes. Und findet es meistens.
(3,4 / 5)
Archiv für den Monat: März 2017
Francesca Sanna: Die Flucht
Das Bilderbuch »Die Flucht« von Francesca Sanna wurde von der Kritikerjury des Deutschen Jugendliteraturpreises 2017 in der Sparte Bilderbuch nominiert. Die Nominierungen wurden heute im Rahmen der Leipziger Buchmesse bekanntgegeben.
Die Begründung der Jury:
Francesca Sannas Buch über eine Familie, die aus der Heimat flieht, basiert auf Gesprächen mit Flüchtlingsfamilien und erzählt aus der Perspektive der betroffenen Kinder. Gekonnt hat sie gezeichnete Bilder am Computer bearbeitet und verdeutlicht mit Farben, Formen, Wellen und Symbolen die Kraft und Not von Menschen auf der Flucht. Sie arbeitet mit wenigen Worten, Gesichter wirken schemenhaft, die Personen haben keine Namen und so gibt die Illustratorin ihrer individuellen Geschichte eine universelle Bedeutung.
Die Bedrohung durch Krieg und Tod dringt in die anfangs heile Welt der Familie ein, und was schwarz in das bunte Zuhause schwappt, verändert durch den Tod des Vaters dieses Leben dramatisch. „Eines Tages nahm der Krieg uns Papa weg“ steht auf einer schwarzen Doppelseite, die von ihm nur noch ein paar kleine Besitztümer wie eine Brille oder Schuhe übrig lässt.
Welchen Mut und wie viel Kraft der Aufbruch vor allem von der Mutter verlangt, die versucht, ihren Kindern ein Gefühl von Geborgenheit zu geben, erzählt die Autorin durch das Motiv von deren wallenden Haaren, die den Kindern ein Nest in der Fremde sind. Die Bilder versprechen ein besseres neues Zuhause, ohne Angst, hell und farbig. Aber der Weg dahin ist weit und birgt viele Gefahren. Ob der Wunsch in Erfüllung geht, bleibt offen. Berührend ist, dass die Geschichte in einem Zuhause beginnt, das auch unseres sein könnte – Bücherregale, eine Stadt am Meer, ein Ausflug mit den Eltern an den Strand. Also ein ganz normales Leben von dem am Ende nur noch die Umarmung der Mutter bleibt.
Karin Gruß/Tobias Krejtschi: Was würdest du tun?
“Was WÜRDEst du tun?“ ist die zentrale Frage, die symbolisch über jedem Bild steht. Auf den ersten Blick sind solche Entscheidungen ja immer ganz klar, aber wenn man anfängt, nachzudenken, ob man wirklich dem Obdachlosen sein Smartphone leihen würde, ob man wirklich andere vor Cybermobbing schützt und wie man sich tatsächlich fühlen würde, wenn man hilflos wäre – dann wird es schwierig.
Obwohl Bilderbuch ist es natürlich keines, das man abends vor dem Einschlafen liest. Aber es ist ein Buch, das sich ganz wunderbar eignet für Gespräche. Auch, um zum Beispiel Probleme im Rahmen des Unterrichts anzusprechen. Die Zeichnungen sind sehr einfach gehalten, nichts lenkt vom Wesentlichen ab. Und auch der Text ist kurz und prägnant. Doch manchmal würde man sich vielleicht doch lieber auch für schwierige Themen eine Aufmachung wünschen, die das Kind nicht schon von Vornherein abschreckt. Lässt es sich aber darauf ein, dann ist es sehr eindrucksvoll zu beobachten, wie die Szenen ihm durch den Kopf gehen, wie es überlegt, sich einfühlt – und dann gilt es, schnell das Ruder wieder herumzureißen, bevor sensible Kinder wirklich traurig werden.
Dieses Buch ist typisch für Tobias Krejtschi, der sich bewusst immer wieder den schwierigen Themen zuwendet. Und auch vor dem Krieg nicht zurückschreckt. Gemeinsam mit der Autorin hat er u.a. ein Kinderbuch gemacht, das den Titel „Der rote Schuh“ trägt und das bereits preisgekrönt ist.
(3,5 / 5)
Katja Reider/Kai Pannen: Hast Du einen Vogel?
Holly ist eine kleine Vogeldame und eigentlich hat sie alles, was sie braucht: einen guten Job, ein schönes Nest und tolle Freunde. Aber wie sie halt so sind, die Mädchen aller Gattungen, ein Prinz sollte es schon sein. Aber wo ist er, der Traumvogel, der Vogel fürs Leben? Im Netz tummeln sich nur schräge Vögel, Schmutzfinken mit Meise oder Schnapsdrosseln und auch im realen Leben tut sich Holly schwer. Sucht im Süden, sucht im Schwarm und wird dabei immer unzufriedener. Und dann kommt er doch, der Richtige. Ein ganz Normaler – der Vogel fürs Leben oder doch nur für einen Tag?
Ein wirkliches Kinderbuch ist das nicht im Geringsten, auch, wenn es wie ein Bilderbuch daherkommt. „Endlich brüten statt verhüten“, solche Sätze sind schon ein bisschen strange für die abendliche Gute-Nacht-Lektüre eines Kindes. Hinzu kommt sehr viel Zweideutigkeit. Vom Himmelsstürmer, der sowieso nur abstürzt oder die Fliege macht, von Vögelmännern, die jeden Schnupfen für die Vogelgrippe halten oder von solchen, die nur auf Gänse stehen oder gar auf Küken. Ein Büchlein, um es der Freundin zu schenken, die schon lange den Richtigen sucht, aber sicher keines, das in einem Kinderzimmerregal stehen sollte. Obwohl…auch für die Freundin ist sie nicht grad motivierend, die Vorstellung, dass der Herr Traummann sich wieder verfliegen könnte, wenn er das Weibchen zum Brüten gebracht hat.
(2,0 / 5)
Anmerkung der Redaktion: :
Wir wurden wir vom Verlag darauf hingewiesen, dass dieses Buch tatsächlich nur für Erwachsene gedacht ist und dass möglicherweise wirklich die Wahl des „Outfits“ etwas ungünstig gewählt ist.