Westbam: Die Macht der Nacht

“Die Nächte beginnen oft im Morgengrauen, mitten in der Pampa, am anderen Ende der Welt oder in einem Club einer der angesagten Metropolen. Gefeiert und getanzt wird tagelang, das ganze Leben eine endlose Party“, so heißt es vonseiten des Verlages auf dem Buchdeckel der „Macht der Nacht“. Diese Worte beschreiben gut die Hochzeit des Ravens, die Jahre, in denen im Osten der deutschen Hauptstadt die verrücktesten Winkel zur Feieroase gekürt wurden, in denen es Kirschgarten- und Cave-Raves gab, in denen der Musikstil Frankfurts sich von dem in Berlin gewaltig abhob und in denen man quer durch Deutschland getuckert ist, um eine Party irgendwo am gefühlten Ende der Welt zu feiern. Sven Väth, Cosmic Baby, Marusha, Paul van Dyk, Tanith und Westbam waren einige der großen Namen am Mischpult. Und letzterer hat jetzt seine Erfahrungen niedergeschrieben.

Der DJ schildert seine eigene Entwicklung in einem Umfeld, das spannender kaum sein könnte. Aber auch eine gehörige Portion Destruktivität aufweist. Und in den höheren Etagen Arroganz, Selbstverliebtheit und drogenbedingten Wahnsinn. Sehr ausführlich schildert Westbam Einflüsse von außen, seine eigene musikalische Entwicklung und die der großen Events, auf denen Lieder gespielt wurden, die Massen in Bewegung versetzen konnten. Als normaler Konsument ist man hin- und hergerissen zwischen Langeweile anhand all der Titel und dem Bedürfnis, genau diese zu googlen und damit vielleicht wiederzuerkennen. Macht man das und liest dabei weiter, dann kann man fast spüren, wie einem der Schweiß von der Decke beim Tanzen ins Gesicht tropft und man das vor lauter Ekstase kaum wahrnimmt. Wie er selbst sich allerdings wirklich gefühlt hat, gibt er nie preis. Beziehungsweise tut er nur so und schrammt dann ein bisschen pseudocool an der Empfindung vorbei. Musik liegt Maximilian Lenz deutlich mehr als das Schreiben.

Dieses Buch, so eine Mischung zwischen Nachschlagewerk für Technogeschichte und typischem After-Hour-Laberflash, erfüllt nämlich nicht wirklich die Erwartung. Letztendlich muss man dabeigewesen sein in dieser Bewegung, um an manchen Stellen auch nur ansatzweise zu verstehen, um was es geht. Oft langatmig, nicht selten zu detailliert – und dann wieder sehr wortkarg über Lebenssituationen, von denen man gehofft hat, mehr zu erfahren. Zum Beispiel seine Familie. Gerade im Hinblick auf seine eigene Entwicklung – ausgehend vom ersten antiautoritäten Kinderladen in Münster – wäre es interessant, wie ein so bekannter Macher der Nacht mit seinem Nachwuchs umgeht. Was er für diesen will und was aufgrund seiner Erfahrungen auf keinen Fall oder gerade deswegen für ihn in Frage kommt. Und wie er einen Beruf, der fast nur aus Privatlebenn zu bestehen scheint, mit dem eigentlichen Privatleben kombiniert.
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