Andrea Maria Schenkel: Tannöd

Auf einem einsam gelegenen Bauernhof geschieht ein grauenvolles Verbrechen. Alle, die dort wohnen, werden ausgelöscht. Mit der Spitzhacke erschlagen. Kleine Kinder, eine Magd, die gerade erst einen Tag da ist, die Bauersleut…. Alle. Autorin Andrea Maria Schenkel, deren auf Tatsachen beruhendes Debüt mehrfach preisgekrönt ist, zieht einen mitten hinein in Klatsch und Tratsch….

Und Monica Bleibtreu setzt das als Sprecherin perfekt um. Der schnoddrige Erzählstil liegt der Schauspielerin. Man hat das Gefühl mittendrin zu sein, im Kramerladen zu stehen und sich mit Gänsehaut die schaurigen Details zusammenzureimen. Der Hörer ist in der Funktion des Gesprächspartners, immer neugierig, nie den Blick für den Zusammenhang verlierend, aber auch nicht wissend, wer von all denen denn nun der Mörder oder die Mörderin ist.

Monica Bleibtreu schlüpft in all die Personen, die rund um den Dannerhof etwas wissen oder gesehen haben könnten. Ihre Art, die jeweiligen Persönlichkeiten und Charaktere sprechtechnisch rüberzubringen, kommt extrem authentisch an. Die das Ganze immer wieder unterbrechenden Gebete lassen Schauerstimmung aufkommen.

Menschliche Abgründe sind die tiefsten. Den Hörer davon zu überzeugen, fällt dem Duo Autor/Sprecher nicht schwer. Die Scheinheiligkeit, das vermeintliche Idyll, die Boshaftigkeit – nichts kommt zu kurz.

Als „Beste Interpretin“ bekam die rund sechzigjährige Sprecherin den Deutschen Hörbuchpreis 2007 verliehen. Begründung der Jury: „Sie vergegenwärtigt die düstere Atmosphäre des Gehöfts (…). Niemals drängte sie sich als Erzählerin in den Vordergrund, sie bleibt stets Dienerin der Geschichte. (…) Grandios.“

„Grandios!“ Dem ist nichts hinzuzufügen!
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