Petermann/Nitkowski: Selbstverletzendes Verhalten

Das Phänomen der Selbstverletzung ist nicht neu, das zeigen uralte Rituale. Aber irgendwie scheint es trotzdem eine Erscheinung der heutigen Zeit zu sein. Fast schon so etwas wie eine Mode. Kaum ein Jugendlicher, der nicht einen kennt, der sich ritzt. Der sich Verletzungen zufügt, um einer inneren Verletzung Ausdruck zu verleihen. So „einfach“ zu erklären ist es manchmal, aber nicht immer sind die Gründe für das Verhalten so offensichtlich.

Es fällt uns schwer, zu verstehen, warum in einer Gesellschaft, in der Schönheit und offensichtliche Gesundheit eine so wichtige Rolle spielen, manche daraus ausbrechen und sich selbst zerstören zu wollen. Die Reaktionen reichen von Mitleid über offene Ablehnung bis hin zu absoluter Ohnmacht.

Die Autoren sind beide am Lehrstuhl für Klinische Kinderpsychologie der Universität Bremen und sie wissen, welche Komplexität und welche erschreckenden Erscheinungsformen selbstverletzendes Verhalten zeigen kann, welche Reaktionen darauf wie einzuordnen sind, wie man den Ursachen auf die Spur kommt und wie man behandelt. Sie beschäftigen sich gerade mit den Ursachen, die äußerst vielschichtig sein können, sehr ausführlich, behandeln aber auch die oft widersprüchlichen und überwältigenden Gefühle der Angehörigen. Eine ausführliche Literaturliste ergänzt optimal.

Das ist kein Buch, das man mal als kleinen Ratgeber zwischendurch lesen kann. Es basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und das merkt man auch an der Sprache. Wer sich allerdings bereits mit dem Thema beschäftigt hat – und davon ist auszugehen, wenn man zu einem Buch wie diesem greift – wird hier viele Antworten finden.