David Safier: Mieses Karma

“Der Tag an dem ich starb, hat nicht wirklich Spaß gemacht.“

Gibt es ein Leben nach dem Tod? Muss es ja wohl geben, denn ein Satz wie obiger kann kaum von einer Leiche kommen. Und wenn man den Buchtitel sowie das Titelbild mit der Abbildung einer Ameise in Kombination mit dem ersten Satz betrachtet, dann wird nicht nur bei Menschen mit dem festen Glauben an Reinkarnation die Neugier geweckt.

Karriere oder ihre kleine Tochter, der altgediente brave Ehemann oder der coole Geliebte, Menschlichkeit oder Stutenbissigkeit – für Kim lange keine Frage. Das bisschen schlechte Gewissen lässt sich herunterschlucken und morgen ist ja auch noch ein Tag. Denkt sie. Denn in der Nacht wird die frisch mit dem Fernsehpreis ausgezeichnete Moderatorin von einer aus dem All stürzenden Raumstation erschlagen. Und findet sich als Ameise reinkarniert wieder.

„Ich sah das Licht.
Es wurde immer heller.
Es war wunderschön.
Es umhüllte mich.
Sanft.
Warm.
Liebevoll.
Ich umarmte es und ging darin auf.
Gott, ich fühlte mich so wohl.
So geborgen.
So glücklich.
Ich war wieder voller Urvertrauen.
Doch dann wurde ich von dem Licht wieder abgestoßen.
Ich verlor die Besinnung.
Als ich wieder aufwachte, merkte ich, dass ich einen riesigen Kopf hatte.
Und einen wahnsinnigen Hinterleib.
Und sechs Beine.
Und zwei extrem lange Fühler.
Und das war die Nummer Eins der miesesten Augenblicke des Tages!“

Es war doch ein bisschen viel schlechtes Karma, das sie so angesammelt hatte. Der Weg zurück ist mit einigen Krümeln von Riesenausmaßen gepflastert. Doch Casanova höchstpersönlich steht ihr tapfer zur Seite und schafft es dabei auch selbst – nach etlichen Ameisenleben – ein Stückchen weiter Richtung Nirwana.

„Der Tag, an dem ich starb, hat nicht wirklich Spaß gemacht.“ Allein das „nicht wirklich“ lässt linguistisch gesehen auf ein frisches Buch voll Ironie schließen. Und eins kann vorweg genommen werden: Man wird nicht enttäuscht. Der Autor hält, was er im ersten Satz seines Romans verspricht. Seine Geschichte ist gut, seine Sprache einfach aber nicht banal, seine Protagonisten überzogen aber nicht lächerlich

Auch, wenn er zum ersten Mal die Seiten eines Romans gefüllt hat, ein unbeschriebenes Blatt ist der in Bremen lebende David Savier wahrlich nicht. Seine Drehbücher zu einigen TV-Hits haben ihm bereits eine beträchtliche Anzahl an Preisen eingebracht. Mit dem Grimme-Preis, dem Deutschen Fernsehpreis und dem Emmy ausgezeichnet, hat er jetzt auch auf dem Gebiet der Schriftsteller eine wahre Meisterleistung vollbracht. „Mieses Karma“ ist eines der phantasievollsten, witzigsten und originellsten Bücher der letzten Zeit.

Extrem empfehlenswert!
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