A. J. Jacobs: Blauäugig in Tokio

Der wunderbar zweideutige Titel dieses Buches fasst in drei Worten zusammen, worum es geht: ein Blauäugiger kommt blauäugig in eine völlig andere Kultur. Lernt, sich dort zurecht zu finden, versucht, sich anzupassen ohne sich komplett einzufügen, eckt immer wieder an…. Ein Erfahrungsbericht über das Leben als japanischer Salaryman.

Niall Murtagh ist Ire. Nach seinem Universitätsabschluss reist er jahrelang durch die Welt und landet schließlich dank eines Promotionsstipendiums in Tokio. Dort bleibt er, wird Angestellter bei Mitsubishi und heiratet eine Japanerin. In „Blauäugig in Tokio“ beschreibt er ausführlich – manchmal zu ausführlich – wie es sich lebt als Salaryman einer so großen und damit leicht unbeweglichen Firma im Land der Kirschblüte. Fragen danach, ob er Mundgeruch habe oder Regenbogenfarben sehe, wenn er in eine Lichtquelle schaue, zeigen Muruta-San, wie er genannt wird, bereits bei seinem Einstellungsgespräch, was auf ihn zukommen wird. Wenn er noch dazu als erster Ausländer ein echter „Lebenslänglicher“ bei dem Technologieriesen werden möchte, muss er zum Japaner mutieren – oder zumindest so tun. Doch das fällt Murtagh immer schwerer und er zieht seine Konsequenzen.

Dieser Erfahrungsbericht ist authentisch geschrieben und interessant zu lesen, lässt aber einen Spannungsbogen komplett vermissen. Es plätschert mehr so vor sich hin. Etwas mehr Details über das Leben außerhalb des Arbeitsbereiches, über die interkulturelle Ehe und Familie sowie auch über die Reaktionen daheim in Europa wären wünschenswert gewesen. „Blauäugig in Tokio“ ist ein netter Einblick in die japanische Kultur und Denkensweise. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
2.5 Stars (2,5 / 5)

Pietra Rivoli: Reisebericht eines T-Shirts

Reiseberichte gibt es viele, den eines T-Shirts allerdings gab es bis dato noch nicht. Die Autorin Pietra Rivoli, Professorin für Wirtschaft in den USA, verfolgt den Weg eines harmlosen weißen Shirts von der Baumwollernte bis hin zur Wiederverwertung in Autodächern oder gar Särgen. Rivoli erzählt diese Geschichte nicht, um Moral zu vermitteln, sondern um die Moral der Geschicht‘ erst einmal zu finden. Im Mittelpunkt stehen die Märkte und das Einmischen der Politik ins Marktgeschehen.

Es gibt Bücher dieser Art, die eine hohe Wertschätzung genießen, wie zum Beispiel das mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnete Buch „The Making of the Atomic Bomb“ von Richard Rhodes. Die Frage ist aber: Lassen sich aus einem solchen Werk wirklich verwertbare Erkenntnisse ableiten oder hat so ein Bericht doch mehr anekdotischen Charakter? Das Studium der Finanzwirtschaft und der internationalen Wirtschaft führte zweifelsohne zu gewissen Vorurteilen bei der Autorin, doch sie sagt selbst, nach dem Schreiben dieses Buches sind diese lang nicht mehr so festgefügt wie vorher.

Die Geschichte des T-Shirts beginnt mit der Baumwolle und der damit zusammen hängenden Sklavenarbeit in Amerika im 18. und 19. Jahrhundert. Doch von da ab wird es global und damit kompliziert. Denn wenn das Garn eines Oberteils aus den USA kommt, es in Malaysia gestrickt, in Hongkong zugeschnitten und in China zusammengenäht wird, woher kommt das Kleidungsstück dann wirklich? Ein unglaubliches Gewirr von Regeln Import und Export betreffend macht das Ganze nicht gerade durchschaubarer. Und wenn man Rivoli Glauben schenken darf, dann hat selbst der CIA in diesem Geschäft seine Finger mit drin. Denn hier muss entschieden werden, welche eventuellen Auswirkungen es haben kann, wenn aufgrund von Auflagen und Einfuhrbestimmungen z.B. in der islamischen Welt plötzlich zehn Millionen Arbeiter aus der Textilindustrie ihre Jobs verlieren.

Doch damit nicht genug, denn die Geschichte endet nicht beim verkauften T-Shirt. Recycling sei Dank wird gebrauchte Kleidung wieder weiterverwertet. Allein die USA haben fast 40 Prozent Marktanteil am weltweiten Export getragener Kleidung, vieles landet auf Märkten, einiges wird zu Putzlappen, manches aber auch z.B. als Isolierung oder Teppichunterlage weiterverarbeitet. Teilweise wird aus Reißwolle sogar wieder neues Garn – minderwertiges für billige Kleidung. Ein perfekter Kreislauf, von der Autorin auch für Nicht-Wirtschaftswissenschaftler verständlich beschrieben. Die sozialen Aspekte, Menschenrechtsfragen und ein speziell auf Europa zugeschnittenes Nachwort runden optimal ab. Ein Alltagsprodukt erklärt uns die Weltwirtschaft!
3.0 Stars (3,0 / 5)

Pietra Rivoli: Reisebericht eines T-Shirts

Reiseberichte gibt es viele, den eines T-Shirts allerdings gab es bis dato noch nicht. die Autorin Pietra Rivoli, Professorin für Wirtschaft in den USA, verfolgt den Weg eines harmlosen weißen Shirts von der Baumwollernte bis hin zur Wiederverwertung in Autodächern oder gar Särgen. Rivoli erzählt diese Geschichte nicht, um Moral zu vermitteln, sondern um die Moral der Geschicht‘ erst einmal zu finden. im Mittelpunkt stehen die Märkte und das Einmischen der Politik ins Marktgeschehen.

Es gibt Bücher dieser Art, die eine hohe Wertschätzung genießen, wie zum Beispiel das mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnete Buch „The making of the atomic bomb“ von Richard Rhodes. Die Frage ist aber: Lassen sich aus einem solchen Werk wirklich verwertbare Erkenntnisse ableiten oder hat so ein Bericht doch mehr anekdotischen Charakter? Das Studium der Finanzwirtschaft und der internationalen Wirtschaft führte zweifelsohne zu gewissen Vorurteilen bei der Autorin, doch sie sagt selbst, nach dem Schreiben dieses Buches sind diese lang nicht mehr so festgefügt wie vorher.

Die Geschichte des T-Shirts beginnt mit der Baumwolle und der damit zusammenhängenden Sklavenarbeit in Amerika im 18. und 19. Jahrhundert. doch von da ab wird es global und damit kompliziert. Denn wenn das Garn eines Oberteils aus den USA kommt, es in Malaysia gestrickt, in Hongkong zugeschnitten und in China zusammengenäht wird, woher kommt das Kleidungsstück dann wirklich? Ein unglaubliches Gewirr von Regeln Import und Export betreffend macht das Ganze nicht gerade durchschaubarer.Und wenn man Rivoli Glauben schenken darf, dann hat selbst der CIA in diesem Geschäft seine Finger mit drin. Denn hier muss entschieden werden, welche eventuellen Auswirkungen es haben kann, wenn aufgrund von Auflagen und Einfuhrbestimmungen z.b. in der islamischen Welt plötzlich zehn Millionen Arbeiter aus der Textilindustrie ihre Jobs verlieren.

Doch damit nicht genug, denn die Geschichte endet nicht beim verkauften T-Shirt. Recycling sei Dank wird gebrauchte Kleidung wieder weiterverwertet. Allein die USA haben fast 40 Prozent Marktanteil am weltweiten Export getragener Kleidung, vieles landet auf Märkten, einiges wird zu Putzlappen, manches aber auch z.b. als Isolierung oder Teppichunterlage weiterverarbeitet. teilweise wird aus Reißwolle sogar wieder neues Garn – minderwertiges für billige Kleidung. Ein perfekter Kreislauf, von der Autorin auch für nicht-wirtschaftswissenschaftler verständlich beschrieben. Die sozialen Aspekte, Menschenrechtsfragen und ein speziell auf Europa zugeschnittenes Nachwort runden optimal ab. Ein Alltagsprodukt erklärt uns die Weltwirtschaft!
3.7 Stars (3,7 / 5)