A. J. Jacobs: Britannica & ich – Von einem, der auszog, der klügste Mensch der Welt zu werden

Wer weiß schon genau, welche Form ein Zwergenhintern hat, aus wie vielen Billionen Zellen der menschliche Körper besteht und dass eine Abalone weit entfernt ist von einer Melone, vor allem, was ihr Stuhlgangsverhalten angeht? Zweifelsohne: Der ein oder andere weiß das ein oder andere bestimmt, aber alles?? Doch alles zu wissen, was man wissen kann, ist das Ziel von A.J. Jacobs, leitendem Redakteur beim Esquire. Er hat sich vorgenommen, der klügste Mensch der Welt zu werden. Von A bis Z kämpft er sich durch die Encyclopaedia Britannica. Das bedeutet 65.000 Einträge, 44 Millionen Wörter und zehn Milliarden Jahre Geschichte komprimiert auf rund 400 goldenen Seiten, deren Anblick bereits Vorfreude auslöst.

Geschickt verbindet Jacobs ausgewählte Stichworte der Enzyklopädie mit seiner eigenen Geschichte und führt so humorvoll durch teilweise durchaus schwer verdauliche Lesekost. Auch in diesem Werk tauchen Worte auf, die nicht unbedingt zum Allerweltssprachschatz gehören. Der Autor allerdings weiß um diese Tatsache und spielt damit. Denn auch ihm geht es nicht anders als dem Leser selbst. Und das, obwohl Jacobs ein Nachfahre des Jüdischen Gelehrten Elijah ben Salomon ist, den man als allwissend bezeichnete. Als leichte Lektüre getarnt, entpuppt sich „Britannica & ich“ schnell als ein Werk, das man nicht einfach so am Stück schmökern kann. Es eignet sich vielmehr dazu, es mehrmals am Tag zur Hand zu nehmen und seinem Wissen ein paar amüsant verarbeitete Stichworte hinzuzufügen. Besonders empfehlenswert ist der Absatz über das Denken, in dem Jacobs sich nicht nur mit dem Thema Intelligenz an sich beschäftigt, sondern sich auch außerordentlich kritisch mit dem von ihm als „Gesäßvioline“ bezeichneten Yale-Professor Dr. Sternberg auseinandersetzt – der US-amerikanischen Kapazität auf diesem Gebiet. Und auch wenn man nach der Lektüre von „Britannica & ich“ durchaus ein paar Fragen mehr bei Günther Jauch beantworten könnte, so weiß man doch am Schluss, dass man eigentlich nichts weiß.
2.9 Stars (2,9 / 5)

A. J. Jacobs: Blauäugig in Tokio

Der wunderbar zweideutige Titel dieses Buches fasst in drei Worten zusammen, worum es geht: ein Blauäugiger kommt blauäugig in eine völlig andere Kultur. Lernt, sich dort zurecht zu finden, versucht, sich anzupassen ohne sich komplett einzufügen, eckt immer wieder an…. Ein Erfahrungsbericht über das Leben als japanischer Salaryman.

Niall Murtagh ist Ire. Nach seinem Universitätsabschluss reist er jahrelang durch die Welt und landet schließlich dank eines Promotionsstipendiums in Tokio. Dort bleibt er, wird Angestellter bei Mitsubishi und heiratet eine Japanerin. In „Blauäugig in Tokio“ beschreibt er ausführlich – manchmal zu ausführlich – wie es sich lebt als Salaryman einer so großen und damit leicht unbeweglichen Firma im Land der Kirschblüte. Fragen danach, ob er Mundgeruch habe oder Regenbogenfarben sehe, wenn er in eine Lichtquelle schaue, zeigen Muruta-San, wie er genannt wird, bereits bei seinem Einstellungsgespräch, was auf ihn zukommen wird. Wenn er noch dazu als erster Ausländer ein echter „Lebenslänglicher“ bei dem Technologieriesen werden möchte, muss er zum Japaner mutieren – oder zumindest so tun. Doch das fällt Murtagh immer schwerer und er zieht seine Konsequenzen.

Dieser Erfahrungsbericht ist authentisch geschrieben und interessant zu lesen, lässt aber einen Spannungsbogen komplett vermissen. Es plätschert mehr so vor sich hin. Etwas mehr Details über das Leben außerhalb des Arbeitsbereiches, über die interkulturelle Ehe und Familie sowie auch über die Reaktionen daheim in Europa wären wünschenswert gewesen. „Blauäugig in Tokio“ ist ein netter Einblick in die japanische Kultur und Denkensweise. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
2.5 Stars (2,5 / 5)