Fleur Smithwick: Wo du auch bist

Alice und Sam sind unzertrennlich. Sie spielen jeden Nachmittag zusammen, sie erzählen sich alles, sie gehen sogar in die gleiche Klasse – aber Sam ist nicht real. Er ist einer der häufig auftretenden imaginären Freunde, die viele Kinder haben und die gerade in schwierigen Lebenssituationen sehr hilfreich sein können. Und wie es mit diesen Wesen ist – irgendwann sind sie weg und keiner weiß, wann genau sie nicht mehr gebraucht wurden. Und so war das auch bei Alice.

Bis bei einem fürchterlichen Unfall, an dem sich die junge Frau die Schuld gibt, ihr bester Freund Rory stirbt. Plötzlich ist Sam wieder da. Inzwischen selbst zum Mann gereift kümmert er sich um die angeschlagene Alice, tröstet und unterstützt sie. Und er wirkt völlig real. Sie kann ihn sehen, sie kann ihn fühlen, wenn er mit ihr allein ist, kann er sogar Dinge bewegen. Ihr Umfeld reagiert mit zunehmenden Unverständnis. Was Alice nichts ausmacht, bis auch Sam anfängt, sie unter Druck zu setzen und dabei immer mehr Macht bekommt.

Das ist bei Weitem nicht alles, was diese Geschichte hergibt. Es ist ein wundervolles Buch über die Kraft der Liebe, aber auch die der Trauer und Verzweiflung, über Realitäten und wie diese von jedem unterschiedlich wahrgenommen werden und über die Wucht von Macht.

Das Einzige, was man diesem Buch ankreiden könnte, ist das Cover. Denn das Original trifft es deutlich besser. Das deutsche Cover ist absolut nichtssagend und wirkt, gemeinsam mit dem Titel wie eine dieser langweiligen Liebesgeschichten – dabei ist der Roman, der bisweilen schon Thriller-Aspekte beinhaltet, alles andere als das. Er gehört zu den Besten. Und um die sonst so verhasste Floskel mal wieder zu bemühen: Man darf gespannt sein auf das zweite Buch der Autorin.
5.0 Stars (5,0 / 5)