Joanne Fedler: Endlich wieder Weiberabend

Sechs Jahre sind vergangen, die Kinder fast alle groß, die Mütter nicht mehr wirklich taufrisch – sondern an Körper und Seele mit einigen neuen Schrammen versehen. Wie es sich für Frauen in den Vierzigern gehört, haben sie alle ihr Päckchen zu tragen. Diesmal schleppt es die Gruppe rund um Jo und Helen auf eine Art Herrensitz, in den die Damen peu à peu eintrudeln. Ein geschickter schriftstellerischer Schachzug, um die Charaktere einen nach dem anderen (wieder) einzuführen und zu beleuchten. Durch eigene Aussagen, Lästerei und erklärende Elemente.

Am unsympathischsten kommt Jo selbst rüber. Allein ihre Angst, nur ein Gramm mehr auf die Waage zu bringen lässt einen genauso verkrampfen wie ihre Ansichten über Kinder und Familie an sich. Der Wiedererkennungseffekt ist trotzdem groß. Nicht nur in Bezug auf den vorhergehenden „Weiberabend“ sondern auch in Bezug aufs eigene Umfeld. Kaum eine Frau über Vierzig, die sich nicht zumindest ansatzweise in einem der Charaktere wiederfindet und somit genau diesen ein bisschen gespannter verfolgt als die anderen. Doch trotz der teilweise durchaus interessanten Hintergrundgeschichten bleibt Joanne Fedler doch sehr an der Oberfläche. Bedient sich gern mal an Klischees und lässt es an Spannungsbögen oder gar tiefgründigem Humor eher fehlen. Ein Hörbuch, das an keiner Stelle tatsächlich überrascht und dem es nicht gelingt, die Atmosphäre eines wirklichen Weiberabends bzw. eines Weiberwochenendes einzufangen. Trotz der guten stimmlichen Leistung von Nana Spiers.

Die Autorin Joanne Fedler kommt ursprünglich aus Südafrika. Heute lebt sie im australischen Syndey, mit ihrem Mann, zwei Teenagerkindern und einer Katze, engagiert sich im sozialen Bereich, schreibt Sachbücher und immer wieder auch Romane. Ihr erstes Buch, das auf Deutsch übersetzt wurde, schaffte es monatelang auf die Bestsellerliste des Spiegels und war der Vorgänger dieses Romans.
1.9 Stars (1,9 / 5)

Heike Abidi: Wahrheit wird völlig überbewertet

Friederike gerät in einen weiblichen Albtraum: Ihr Wohlfühlbäuchlein wird mit den ersten Anzeichen einer Schwangerschaft verwechselt und ihr gelingt es nicht, das Missverständnis schnellstmöglich wieder aus der Welt zu schaffen und den Ball der Peinlichkeiten zurückzupassen. Die Lawine, die daraufhin ins Rollen kommt, lässt den Leser fast 400 Seiten lang in einem Zustand zwischen Fremdschämen und Dauergrinsen verweilen. Das Lügengeflecht, das sich um die junge Marketingfachfrau spinnt, die ja eigentlich schon mit ihrem bevorstehenden vierzigsten Geburtstag und ihrem durchgeknallten ererbten Papagei genug zu tun hat, wird immer enger. Doch jedes Mal, wenn man glaubt, jetzt kommt sie da nicht mehr raus, findet die Autorin Heike Abidi einen tatsächlich glaubwürdigen Weg, sich noch mehr in die Bredouille zu reiten.

Endlich mal wieder ein Buch, das man als wirklich witzig empfehlen kann. Die Hauptfigur eignet sich ganz wunderbar zur Identifikation. Wobei gerade der krasse Gegensatz zwischen der schonungslosen Ehrlichkeit mit sich selbst und dem Verstricken der Wahrheit anderen gegenüber den Reiz des Buches ausmacht. Chapeau!
Quer durch alle Altersgruppen und Verlage hat Heike Abidi, die auch unter dem Pseudonym Emma Conrad schreibt, übrigens noch einiges vor in den nächsten Monaten und Jahren: Frauenromane, Krimis, Kinder- und Jugendbücher – auf den weiteren Werdegang dieser Autorin darf man gespannt sein.
5.0 Stars (5,0 / 5)