Mimi Fiedler: Sie dürfen den Frosch jetzt küssen

Der Verlag schreibt auf dem Buchdeckel: Ein Buch wie die beste Freundin – aber ganz ehrlich, so eine selbstgefällige beste Freundin wünscht man doch wirklich niemand. Selten war ein Buch in all den Jahren so abschreckend wie dieses und als Leser kann man wirklich von Glück sagen, wenn man nicht gerade in einer Phase des Liebeskummers steckt. Denn aus diesem Buch tropft die Selbstüberzeugung – immer schön unter dem Deckmäntelchen der absoluten Bescheidenheit. Mein Gott, dass eine Frau wie Mimi Fiedler nur kokettiert, wenn sie sich als Single wie beschädigt vorkommt, ist doch wohl naheliegend.

Wäre das Buch noch gut geschrieben, könnte man ihm vielleicht das eine oder andere verzeihen – aber nicht einmal das ist der Fall. Es liest sich wie das Tagebuch einer albernen 20-Jährigen, die glaubt, sie kenne das Leben und in Wahrheit schön auf ihrem eigenen Planeten dahinschwebt. Es sei ihr gegönnt, der Autorin, ihr ganz großes Liebesglück. Aber ein bisschen stiller, ein bisschen bescheidener wäre auch gegangen – vielleicht sollte doch der ein oder andere bei seinem Beruf bleiben und nicht glauben, nur weil er das eine könnte, würde das andere ihm auch zufliegen.

Laura Jane Williams: Dein Lächeln um halb acht

Eines mal gleich vorweg: Wer auf der Suche ist nach Lektüre, die ablenkt, die Hoffnung macht, die einen nachdenklich macht und mit so einem seltsamen, zufriedenen Grinsen hinterlässt – der ist hier genau richtig. Dieses Buch möchte man überhaupt nicht mehr aus der Hand legen. Endlich mal wieder ein Roman, der diesen Titel verdient: denn romantischer könnte ein Plot wirklich gar nicht sein. Da ist zum einen die zwar erfolgreiche, aber doch reichlich chaotische Nadia und zum anderen der charmante Daniel – beide fahren morgens ziemlich häufig mit der gleichen U-Bahn. Doch eine Frau dort ansprechen – das geht gar nicht, da ist sich Daniel sicher, schließlich will er nicht rüberkommen wie ein Serienkiller oder Lustmolch. Also schweigt er und leidet. Bis sein Kumpel ihn auf die Idee bringt, eine Anzeige in der Zeitung aufzugeben. Rubrik: missed connections – extra ins Leben gerufen für Begegnungen wie diese. Doch Nadia ist sich nicht sicher, ob sie sich wirklich angesprochen fühlen soll – ihr Selbstbewusstsein ist extrem angeknackst durch ihre letzte Beziehung. Aber dann schreibt sie doch zurück und es entwickelt sich nicht nur eine nette Anzeigen-Romanze, sondern parallel noch viel mehr.

Jules Wake: Covent Garden im Schnee

Dieses Buch macht es dem Leser nicht einfach. Es kommt daher wie ein typischer langweiliger Liebesroman, wirkt vom Cover her wie vom Wühltisch und zeigt doch in seiner zweiten Hälfte weitaus mehr Tiefgang als man ursprünglich erwartet hatte. Die Hauptperson ist Tilly, angestellt an einem ehrwürdigen Theater als Maskenbildnerin. Und da die wenigsten Menschen kreativ und logisch zugleich sein können, ist Tilly eben nur ersteres. Von Technik versteht sie so gut wie gar nichts, will auch nichts davon verstehen und wenn der Computer nicht so will wie sie, dann zieht sie eben einfach den Stecker.

Bis Tilly sich und dem Rest des Theaters einen Computervirus einfängt, klappt das auch ganz gut. Dann aber wird ihr der IT-Experte Markus vor die Nase gesetzt, kombiniert mit dem Ultimatum, direkt gefeuert zu werden, wenn sie sich nicht auf ein paar Nachhilfestunden einlässt. Soweit so gut so vorhersehbar.

Dann allerdings nimmt die Geschichte endlich mal ein bisschen Fahrt auf. Die eigentlich fest gebundene Tilly verliert den Kopf – einmal virtuell und einmal real. Und als dann auch noch Privates aus dem Theater an die Öffentlichkeit dringt und ihr Freund mehr Anteil an der Chose hat, als Tilly lieb ist, wird’s spannender.

Tracey Garvis Graves: Annika Rose und die Logik der Liebe

Noch vor gar nicht langer Zeit hätten die meisten einfach nur gesagt, Annika spinnt ein bisschen. Die junge Frau hat nämlich zahlreiche Eigenarten, die sehr seltsam anmuten. Sie ist nicht gern unter Leuten, fremde Situationen machen ihr Angst, Routine gibt ihr Halt. Routine und das Schachspiel, in dem sie komplett aufgeht. Ihre einzige Freundin Janice hilft ihr, die aufgrund ihrer Verhaltensmuster jahrelang zuhause unterrichtet wurde, sich auf dem Uni-Campus zurechtzufinden. Und bewahrt sie vor dem Gespött der anderen. Sie ist es auch, die den Schachclub auftut und Annika den Weg dorthin ebnet. Endlich hat die junge Frau einen Ort, der ihr Sicherheit bietet. Und an dem Jonathan auftaucht und ihr Leben durcheinanderwirbelt. Die beiden führen eine gute Beziehung – bis Jonathan beruflich weg muss und Annika nicht in der Lage ist, ihm zu folgen. Ihre Wege verlieren sich. Doch wie so oft im Leben treffen auch Annika und Jonathan sich ein zweites Mal …

Dieser Roman der New-York-Times-Bestseller-Autorin Tracey Garvis Graves behandelt ein Thema, das immer mehr an die Öffentlichkeit drängt: Autismus bzw. seine Facetten. Annika Rose leidet unter ihrer  Autismus-Spektrum-Störung und findet ihre Mitmenschen meistens verwirrend, bisweilen sogar beängstigend. Sie tut sich schwer damit, das Verhalten anderer richtig einzuordnen und braucht den Schutz derer, die es gut mit ihr meinen. Jonathan ist, genau wie Janice, eine wichtige Stütze. Wie sehr sie ihn liebt, wird ihr allerdings erst dann bewusst, als sie ein zweites Mal im Begriff ist, ihn zu verlieren.

Wirklich gerecht wird der Roman seiner Protagonistin trotzdem nicht. Wer es liest, und nicht mehr über Autismus weiß, wird schnell denken, dass dem Begriff „strange“ einfach nur ein anderer Name gegeben wurde. Statt die Handlung gegen Ende extrem dramatisch, aber auch sehr unglaubwürdig werden zu lassen, wäre es vielleicht besser gewesen, sich tiefer mit den Facetten dieser Entwicklungsstörung zu beschäftigen.

Birgit Jankovic-Steiner: Der Feeling-Code

[aartikel]342667579X:left[/aartikel]Unaufgearbeitetes aus unserem Leben belastet uns oft sehr, nicht nur seelisch, sondern auch körperlich. Hindert uns daran, den passenden Partner zu finden, im Job Bewegung im positiven Sinne zu erfahren, mit den Eltern ins Reine zu kommen. Birgit Jankovic-Steiner vermarktet mit dem Feeling-Code eine Heilmethode, die so einzigartig gar nicht ist. Denn wer schon einmal etwas von Body-Mind-Centering (BMC) gehört hat, weiß, dass schon andere auf die Idee gekommen sind, auf relativ einfache Weise körperliche Blockaden zu finden, zu lösen und damit auch seelische Blockaden aus dem Weg zu räumen. Blockaden lösen heißt, sich selbst und anderen vergeben – so einfach könnte man das Prinzip auf den Punkt bringen. Die Autorin zeigt anhand von Übungen, wie es möglich ist, Probleme zu verstehen, um sie dann loslassen zu können.
Der Feeling-Code hat etwas leicht esoterisches, erinnert teilweise auch ein bisschen an Tarot-Karten und Meditation – aber es ist sicher eine gute Möglichkeit für all diejenigen, die sich bisher noch nicht bewusst waren, wie tief sich weit zurückliegende Gefühle in uns manifestieren können und was sie langfristig anrichten können. Also weg mit dem Ballast und auf zu neuen, freieren Ufern.

Dani Atkins: Sag ich, ich war bei den Sternen

[aartikel]3426524287:left[/aartikel]Dani Atkins ist ein Garant für gute Geschichten, ihr Buch „Sieben Tage voller Wunder“ ist eines der lesenswertesten Bücher überhaupt, und auch dieses Buch lässt sich gut an. Die ersten hundert, zweihundert, dreihundert Seiten … aber dann merkt man, dass das Buch langsam zu Ende geht und wartet auf die Kehrtwendung der Kehrtwendung, die die Bücher der Frau Atkins so gut sein lassen und dann passiert … nichts. Das mag gespoilert sein, muss aber der Fairness halber gesagt werden. Für alle, die einfach nur mal wieder einen rührenden Roman lesen wollen, über eine Frau, die jahrelang im Koma lag und beim Aufwachen ihre Welt nicht mehr so vorfindet, wie sie sie verlassen hat, über die Kraft von Frauen unter sich und über ein Kind, das zwischen zwei Mummys steht, etwas Rührendes halt … der wird auf seine Kosten kommen. Wer aber Spektakuläres erwartet, wird enttäuscht sein.
Dabei hätte diese Geschichte so viel Potenzial gehabt. Wer lag wirklich im Koma, wessen Welt ist nicht mehr die, die sie einmal war? Wer hat sich die Welt nur so gemacht, wie sie sein sollte? Und welche Rolle spielt Ryan? Es ist direkt ärgerlich, all diese Möglichkeiten vor Augen zu haben und dann mit so einem Ende abgespeist zu werden. Bleibt nur zu hoffen, dass sich die Autorin beim nächsten Buch vielleicht ein bisschen mehr Zeit lässt, ihre Story vorher zu durchdenken. Und wieder kleine schriftstellerische „Wunder“ schafft.

Felix Nattermann: Gebt den Kindern die Verantwortung zurück

[aartikel]3426214415:left[/aartikel]Nachdem es inzwischen bereits Kindergärten gibt, die stolz darauf sind, den Eltern eine Dauerüberwachung ihres Kindes anbieten zu können und Helikoptereltern zur Gattung Otto Normalverbraucher zu zählen scheinen, nachdem es uns immer schwerer gemacht wird, ein Kind einfach laufen zu lassen (schicken Sie mal ein Kind nachmittags einfach so raus – zum einen ist da kein anderes Kind und zum anderen wird bald gemunkelt, man würde sich nicht anständig kümmern) und Handys es uns leicht machen, unsere Kinder auf Schritt und Tritt zu verfolgen -ist es inzwischen völlig normal, ein Kind in Watte zu packen. Aber so lernt es nicht, mit den Widrigkeiten des Lebens umzugehen. So lernt es nicht, sich selbst zu behaupten, ohne gleich nach Hilfe zu schreien und so ist es völlig hilflos, wenn es das erst Mal in die weiterführende Schule gehen soll – mit dem Bus oder mit der U-Bahn, ganz alleine.
Wir Eltern sind inzwischen Allround-Bespaßer, Kinderterminorganisierer und Bodygouard. Der Autor, ein Lehrer, fordert, die Kinder wieder zu mehr Selbstständigkeit zu erziehen. Und zwar nicht frei nach dem gängigen Motto: Wie haben wir damals nur ohne Helm überlebt?, sondern mit Herz und Verstand. Man muss sich ausprobieren dürfen, um herauszufinden, was man kann. Man muss mal durchhalten, wenn man feststellen will, wie gut es tut, etwas doch noch geschafft zu haben und man ganz wichtig: ein Kind muss ein Kind sein dürfen.
Unsere Aufgabe als Eltern ist es, dem Kind zu zeigen, dass es außerhalb von Handy, Tablet und PC noch eine Welt gibt, die genauso spannend sein kann. Eine Mammutaufgabe, der wir uns trotzdem stellen sollten. Eine gute Basis dafür bildet dieses Buch, denn nach seiner Lektüre hat man direkt Lust, den Rucksack zu packen und wandern zu gehen mit den Kindern.

Dani Atkins: Das Leuchten unserer Träume

[aartikel]3426522055:left[/aartikel]Sophie ist todunglücklich. Als junges Mädchen hat sie ihren geliebten Bruder verloren, die Eltern sind aus ihrer Trauer nie erwacht und nehmen sie gar nicht richtig wahr und auch sonst läuft es nicht so prickelnd. Schon allein deswegen, weil Sophie das gar nicht zulassen würde. Sie gönnt sich kein Glück. Doch das ändert sich als sie Ben kennenlernt. Ben, den Retter in der Not, der genau dann zur Stelle war, als sie ihn so dringend gebraucht hat. So langsam öffnet sich die junge Frau, glaubt fast schon an sowas wie Liebe und Glück, als sich das Blatt plötzlich wieder wendet.

Dani Atkins gilt als Garant für coole Stories. Für Bücher, die man einfach nicht mehr aus der Hand legen möchte, die einen mitsamt seinen spannenden Schicksalswendungen so richtig packen. Es sind die Bücher, die man sich zur Seite legt für den ganz besonderen Lesemoment und die einen dann nicht enttäuschen. All das erfüllt sich hier leider nicht wirklich. Die Story hat enorme Längen, ist sehr weit an den Haaren herbeigezogen und trotzdem kein bisschen überraschend. Schade. Hoffen wir einfach, dass es nur ein Ausrutscher war.

Ulrich Hoffmann: Konzentrieren ist ja ganz leicht

[aartikel]342667534X:left[/aartikel]Das Kind hat bestimmt ADHS – diesen Satz kann man seit ein paar Jahren dauernd hören. Bevorzugt im Zusammenhang mit lebendigen Jungs, denen das stundenlange Stillsitzen von Natur aus schwerfällt und die einfach nicht dafür gemacht sind, Ausmalbildchen zu gestalten. Eine Entwicklung, die bedenklich ist.

Trotzdem ist es nicht zu leugnen, dass viele Kinder unter Konzentrationsschwierigkeiten leiden. Woran das liegt, dafür kann es viele Gründe geben. Ein hektischer viel zu vollgepackter Alltag, in dem kein Raum bleibt für ruhiges Ins-Spiel-Versinken kann einer der Gründe sein. Denn es braucht Ruheinseln,um immer wieder von der Anspannung in die Entspannung zu kommen. Wenn allerdings wir Erwachsenen das auch nicht schaffen, wie soll es dann den Kindern gelingen?

Da kommt dieses kleine Büchlein, das sich mit Meditationen für Kinder im Grundschulalter beschäftigt, gerade recht. Mit der CD, die von Wissen-macht-ah-Moderator Ralph Caspers besprochen ist. Drei bis vier Minuten, Vorkenntnisse sind nicht nötig – nur wiederholen ist wichtig. Einfach mal ausprobieren und unbedingt mitmachen. Es lohnt sich!

Aus der Reihe noch erschienen: „Keine Angst vor niemand“ und „Einschlafen ist gar nicht schlimm“.

Michael Schulte-Markwort: Kindersorgen

[aartikel]3426789078:left[/aartikel]Professor Dr. Schulte-Markwort ist ein bekannter Kinder- und Jugendpsychiater, ist Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Universitätsklinikum Hamburg und steht tagtäglich vor der Herausforderung, Kindern und Jugendlichen zu helfen, denen sonst keiner mehr helfen will oder kann. Dabei behält er sich den „Kinderblick“, versucht, Situationen nicht als Erwachsener zu betrachten, sondern sich in den jungen Menschen hineinzuversetzen und kann so vieles erklären, was für andere unerklärlich ist. Wie ein Dolmetscher übersetzt er ausgewählte Situationen und öffnet dem Leser so den Blickwinkel, den er einnehmen muss, wenn er verstehen will.
Kindersorgen sind etwas ganz Normales, nur die Sorgen sind andere als die der Erwachsenen. Und ein Kind, das Sorgen hat, wird nicht zwangsläufig zum Sorgenkind. Das unterstreicht der Autor ganz deutlich. Und zwar auch dann nicht, wenn ein Kind mit Sorgen seinen Eltern Sorgen macht. Stattdessen kann mit Hilfe von außen und dem richtigen Blickwinkel die Welt des Kindes wieder geradegerückt werden. Es fühlt sich ernst genommen und verstanden. Damit uns das auch im Alltag – im Kleinen – immer wieder aufs Neue gelingt, ist diese Lektüre eine gute Unterstützung.
Schulte-Markwort hat sich bereits mit mehreren Titeln einen Namen gemacht, ist der Autor der Burnout- und der Superkids. Er schreibt leicht verständlich und hilft dem Leser, zu erkennen, was Kinder belasten kann und wie wir ihnen helfen können.