Helga Bansch: Ein schräger Vogel

Der Rabe Robert ist anders als andere Raben. Er mag Schwarze nicht, er mag lieber bunt. Er liebt es zu singen, auch wenn es falsch ist, er erzählt Witze und er verkleidet sich. Dass da einer aus der Reihe tanzt, das sehen die anderen Raben nicht gern und jagen ihn fort.

Traurig zieht er davon. Weit weg. Und weil er sich so einsam fühlt, singt er. Und alle in diesem Weit-weg sind begeistert und feiern Robert als wahren (Lebens-)Künstler. Und die Raben daheim: Die haben gemerkt, dass es ohne den bunten Außenseiter ganz schön langweilig geworden ist….

Dieser Rabe Robert hat was von einem Travestie-Künstler. Seine Outfits sind ausgesprochen phantasievoll und sein Gesicht drückt all seine Emotionen ganz deutlich aus. Es ist Helga Bansch, eigentlich eher Illustratorin als Autorin, gut gelungen, die Charaktere mit relativ wenigen Strichen zu unterstreichen. Ein Buch, das man sich sehr lange und sehr genau ansehen muss, um all seine Besonderheiten zu entdecken. Wenig Text, viel Bildrelevanz. Besonders schön für Kinder, die sich gerne in ein Bilderbuch vertiefen.

Es ist nicht das erste von Helga Bansch illustrierte Kinderbuch, und normalerweise sind ihre Bilder oft eher erdrückend, beängstigend. Hier bei dieser Geschichte aber passen sie optimal. Und dieser kleine durchgeknallte bunte Vogel mindert das Bedrohliche, das die Zeichnungen oft begleitet.

Gut gewählt ist auch die Thematik des Außenseiters, der nur deshalb ein Außenseiter ist, weil er anders und nicht, weil er schlechter ist. Ein wichtiger Gedanke, mit dem man Kinder früh vertraut machen sollte.
4.9 Stars (4,9 / 5)

Simone Klages: Taschis erster Schultag

Rund 808.000 Erstklässler gab es nach Auskunft des Statistschen Bundesamtes im vergangenen Schuljahr in Deutschland. Etwas weniger werden in diesem Jahr erwartet. Trotzdem sind das eine ganze Menge Schultüten, die gefüllt werden wollen. Und da man die riesigen Dinger ja nicht nur mit Süßkram zustopfen will und auch Spitzer und Co für ein etwa sechsjähriges Kind nicht unbedingt der Traum schlechthin sind, wäre das doch mal wieder die passende Gelegenheit für ein passendes Buch…

Taschi ist ein ganz normales sechsjähriges Mädchen mit einer relativ normalen Familie und einer besten Freundin. Miri. Und natürlich ist es klar, dass es für die Mädels nur noch ein Thema gibt: der bevorstehende Schulbeginn. Doch der große Tag kommt ganz anders als es sich Natascha erhofft hat. Miri sitzt plötzlich neben der doofen Rosaline, sie muss neben dem noch dämlicheren Kalle sitzen und die Lehrerin, die sie am wenigsten wollte ist jetzt natürlich die ihre. Auch die neuen Regeln fallen Taschi nicht leicht. Wenn man aufs Klo muss, muss man sich melden, Nase putzen darf man aber auch ohne und wenn man nicht aufpasst, kann man sich ziemlich schnell vor der ganzen Klasse blamieren. So hatte sie sich das nicht vorgestellt.

Wie Taschi lernt, sich in der Schule zurecht zu finden, was es Geheimnisvolles mit Kalle und Rosaline auf sich hat und warum Frau Pauli alles andere als unsymphatisch ist, das wird von Simone Klages ziemlich spannend auf rund 200 Seiten erzählt.

Das Buch eignet sich aber nicht nur für ein bisschen geübtere Erstleser, sondern auch zum Vorlesen vor oder in der ersten Phase des Schulalltags. Ich habe es bereits an meinem eigenen Vorschulkind getestet und es war mit Begeisterung aber oft auch mit Erstaunen dabei. Taschi erlebt genau die Dinge, die derzeit Thema Nummer eins im Kinderköpfchen sind. Und auch ihre kleinen Misserfolge geben Mut, denn sie zeigen, dass zwar nicht alles immer rosarot ist, aber alles sich oft auch wieder zum Besten wendet. Und plötzlich war meine Tochter bereit, auch über Ängste bezüglich der neuen Lebensphase mit mir zu sprechen.

Abgesehen von diesem Erfolg hat es einfach nur Spaß gemacht, dieses Buch vorzulesen. Es ist flüssig geschrieben und man ist selbst gespannt, wie es denn nun weitergeht.

Es gibt übrigens noch mehr Geschichten rund um die Najas, wie Natascha und ihre Schwestern genannt werden. Für die jüngeren Kinder ab sieben „Der geheimnisvolle Kürbiskopf“, für die größeren ab zehn die Reihe „Die Detektive von Cismar“.

Simone Klages ist nicht nur eine bekannte Kinderbuchautorin, sie illustriert auch selbst und ist für ihre „Stempeltechnik“, die sie auch in diesem Buch anwendet, bekannt.
3.9 Stars (3,9 / 5)