M.R. Carey: Die Berufene

Das Szenario ist düster: England in nicht allzu ferner Zukunft, befallen von einem grauenvollen Parasit. Nur wenige sind noch gesund, alle Infizierten bereits zu blutrünstigen Monstern mutiert. Der Parasit zerstört die Gehirne und verwandelt die Betroffenen in Hungernde- in Menschenfresser. Bis auf eine Schar von Kindern, die auf eine irgendeine Weise resistent zu sein scheinen. Die zwar befallen sind, sich aber anders verhalten. Man hat sie eingefangen und hält sie nun auf einer entlegenen Militärbasis fest – zu wissenschaftlichen Zwecken. Man will herausfinden, was bei ihnen anders ist als bei anderen.
Die zehnjährige Melanie ist eines dieser Kinder. Von früh bis spät gefesselt, werden sie wie Versuchskaninchen untersucht. Statt Körperhygiene werden sie einmal wöchentlich in den Duschraum geschoben und mit Chemikalien besprüht. Essen dürfen sie nur Maden. Und davon nicht reichlich. Und regelmäßig verschwindet eins der Kinder.

Als Melanie seziert werden soll, wird die Militärbasis überfallen. Das Mädchen kann flüchten, gemeinsam mit einer Wissenschaftlerin, der einzigen Lehrerin mit Herz und zwei Segeants. Die kleine Gruppe kämpft sich durchs Land, auf der Suche nach den Nichtinfizierten. Wobei sich Melanie so manches Mal als menschlicher erweist als ihre nichtinfizierten Mitreisenden.

Das Buch ist zu einem großen Teil spannend, an manchen Stellen aber zieht es sich ein bisschen. Und teilweise ist es auch ziemlich heftig. Die Charaktere sind, die Gruppe der Schrottwühler ausgenommen, gut ausgearbeitet. Melanie allerdings schwankt sehr zwischen Kind und Erwachsenem – vielleicht tatsächlich ein Persönlichkeitsmerkmal eines Infizierten. Besonders ausgefallen aber ist das Ende. Über das an dieser Stelle aber natürlich nichts verraten wird. Eine Zombiegeschichte mit echtem Endzeitcharakter.
Der Autor Mike Carey ist übrigens ziemlich erfolgreich in der britischen Fantasy- und Comicwelt. Und nicht nur das, man kennt ihn auch in Hollywood als Drehbuchautor.
2.8 Stars (2,8 / 5)

Ivonne Keller: Hirngespenster

„In dem Moment, als ich mit dem Kopf auf den Beton aufschlug, bereute ich, Anna niemals gesagt zu haben, wie sehr ich sie bewunderte.“ Doch dafür war es nun zu spät. Sylvies Schwester Anna scheint wie vom Erdboden verschluckt, sie kommt nie zu Besuch, kann möglicherweise nicht ertragen, dass Silvie gefangen ist in ihrem eigenen Körper, sich nur schwer verständlich machen kann und darunter leidet. Vor allem, weil sie ausgerechnet bei der Frau lebt, die ihr Mann schon immer geliebt hat. Sabrina kümmert sich aufopferungsvoll. Um Silvie, ihre Söhne und um Johannes.

Dieser Roman wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, jede mit ihrem eigenen Blickwinkel. Es rollt auf, wie die Dinge zusammenhängen, was das Schicksal geplant hat. Besonders spannend, vor allem beim zweiten Lesen, ist die Sicht Silvies. Und das Ende, das einen wirklich umhaut. Ein Buch, das nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Und ein unglaubliches Debüt. Ivonne Kellers zweites Buch, Lügentanz, hat seine ebook-Premiere am 15.12.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Dani Atkins: Die Achse meiner Welt

Rachel hat alles, was sich ein junges Mädchen nur wünschen kann. Einen tollen Freund, eine Clique, die zusammenhält wie Pech und Schwefel, sie sieht gut aus und wird bald das Studium beginnen, von dem sie immer geträumt hat. Alles ist perfekt. Bis zu diesem einen Abend, an dem alle noch einmal gemeinsam feiern wollen. Ein unglaublicher Unfall und eine Verkettung von Umständen nimmt ihr den besten Freund, jeglichen Lebenswillen und die Schönheit. Glücklich wird sie nie wieder. Jahre später kommt es erneut zu einem Unfall, doch als Rachel im Krankenhaus aufwacht, ist ihr Leben plötzlich genauso, wie sie es sich vor dem ersten Unglück erträumt hat. Jimmy lebt und er liebt sie. Genau wie sie ihn. Und endlich sind sie bereit, sich das einzugestehen. Das ist die Quintessenz. Doch was ist die Realität? Das Leben, an das sich Rachel erinnert oder das, das sie jetzt führen soll? Die Wirklichkeiten scheinen sich zu überschneiden, so manches Mal rutscht auch noch etwas anderes, nicht Greifbares hinein…

Dieses Romandebüt, das sich zunächst einreiht in eine Art Strömung, die derzeit auf dem Buchmarkt herrscht, hat ein unglaubliches Ende. Wer jetzt allerdings dieses zuerst liest, nimmt sich selbst viele Stunden echten Lesegenuss. Der Roman, der in England absolut eingeschlagen hat, wird in vielen Ländern verlegt und es ist eines der Bücher, die man in seinem Regal stehen haben sollte. Eines der richtig guten! 
5.0 Stars (5,0 / 5)