Nathan Filer: Nachruf auf den Mond

The Evening Standard spricht von einem Meisterwerk, soweit würde man hier vielleicht nicht gehen, aber beeindrucken ist das Werk auf seine Weise. Das Cover allerdings führt einen ein bisschen auf die falsche Fährte, denn im Gegensatz zum miesen Karma ist hier nichts lustig. Nicht mal annähernd. Eher dramatisch. Wie Matthew Homes, Patient der Psychiatrie in Bristol erzählt aus seinem Leben, mit und ohne seinen behinderten Bruder Simon. Matthew gibt sich die Schuld an dessen Tod und kann sein Fehlen nicht verkraften. Die Folge: Wenn er seine Medikamente absetzt, dann hört er ihn und sieht sein fröhliches Lachen. Um endlich etwas für Simon tun zu können, startet Matthew ein großes Projekt. Hauptdarsteller: Ameisen.

„Dreh- und Angelpunkt des Romans ist, dass Matt seine Geschichte quasi in Echtzeit zu Papier bringt, dass dieser Prozess eine gewisse Zeit braucht und an verschiedenen Orten stattfindet, und dass sein Leben während des Schreibens weitergeht“, so der Autor in einem Interview. Er selbst hat während des Schreibens das Gefühl gehabt, erst dann Matthew überhaupt erst kennenzulernen und genauso geht es den Lesern ja auch.

Aber dann, wenn sie seinen Plan verstehen, dann verstehen sie auch ihn.
3.8 Stars (3,8 / 5)

Wiebke Lorenz: Alles muss versteckt sein

Marie befindet sich in der geschlossenen forensischen Psychiatrie. Und von dort aus erzählt sie im Wechsel zwischen Rückblick und Gegenwart ihre Geschichte. Die Geschichte einer Frau, die zu ermorden schien was sie über alles geliebt hat.

Marie erinnert sich nicht daran, was sie getan hat. Dass sie es aber getan hat, daran scheint kein Zweifel zu bestehen. Schließlich wurde ihrem Liebsten, Patrick, die Kehle durchtrennt und zwar als er neben ihr geschlafen hat.
Die Sachlage scheint klar: Marie leidet seit einiger Zeit unter Zwangsvorstellungen. Ihren Job in einem Kindergarten hat sie bereits aufgegeben, aus Angst sie könnte die fürchterlichen Gewaltfantasien, die sie quälen und die weder die Kinder noch sonst jemand verschonen, je einmal in die Tat umsetzen. Hilfe findet sie nur in speziellen Foren im Internet, in denen sie sich mit anderen Zwangserkrankten austauschen kann und sogar eine Freundin findet. Einen Menschen, der sie durch und durch zu verstehen scheint.

Gemeinsam mit Dr. Jan Falkenhagen, ihrem Psychiater, einem sympthatischen Charakter, versucht Marie zu verstehen, was vorgefallen ist. Doch den beiden kommen immer mehr Zweifel daran, dass sie tatsächlich die Mörderin ist.
Wiebke Lorenz gelingt es, selbst den skeptischsten Leser sofort in ihren Bann zu ziehen. Ihr Plot schlägt gekonnte Haken, trickst geschickt all diejenigen aus, die sich schnell sicher fühlen und bereitet das Thema handwerklich so gut auf, dass das Lesen reinstes Vergnügen ist. Gepaart mit der richtigen Portion Spannung, die man durchaus als absolut fesselnd bezeichnen könnte.

Wiebke Lorenz hat sich im Vergleich zu ihrem bereits schon erstaunlichen Vorwerk ‚Allerliebste Schwester‘ noch einmal literarisch gesteigert. Die Autorin, eine ausgebildete Journalistin, arbeitet neben der schriftstellerischen Tätigkeit bei Magazinen und Zeitungen wie Cosmopolitan, Bild oder Die Welt.
5.0 Stars (5,0 / 5)