Stephenie Meyer: Seelen

Man ist versucht, zu glauben, dass der Erfolg der Biss-Saga nicht zu toppen ist. Ist er vielleicht auch nicht, aber dieses Buch einer jungen Autorin schlägt richtig Wellen – in der eigenen Seele.

Man nennt die Außerirdische ‚Wanderer‘, weil sie bereits so viele Welten durchreist hat, diese Seele, die noch nirgends ein Zuhause gefunden hat. Und das scheint auch auf der Erde so zu bleiben, die gerade von den extraterrestrischen Seelen übernommen wird. Denn sie und ihr Wirtskörper der 17-jährigen Mel kommen nicht wirklich miteinander klar. Mel ist eine Rebellin und lässt sich nicht mal einfach so zum Schweigen bringen, schon gar nicht zum Verlöschen. Sie überlässt dem Wanderer nicht kampflos ihren Körper. Stattdessen quatscht sie dauernd dazwischen und bringt die sie besetzende Seele letztendlich dazu, etwas zu tun, was einer Seele absolut zuwider ist: Vertrauen missbrauchen. doch Mels Grund ist nachvollziehbar. Sie sucht ihren Lover und ihren kleinen Bruder, denen sie versprochen hat, dass sie zurückkommen wird.

Die Menschen machen es der friedfertigen Seele nicht leicht. Entgegen aller Vernunft machen sich Wirt und Seele auf den weg, mit Erfolg. Doch als die beiden Jamie und Jared auftreiben, die mit einigen anderen Menschen versteckt in unterirdischen Höhlen nter der Wüste leben, wird es schwierig. Denn abgesehen von der Abneigung und manchmal auch dem Hass der Gruppe gegen die Seele an sich, machen Wanda, wie sie hier nach einiger Zeit genannt wird, auch die seltsamen Gefühle für Jared zu schaffen. Ihr Körper, dessen Chemie wie verrückt reagiert, sobald er in ihre Nähe kommt, will so gar nicht einsehen, dass die Seele selbst sich eigentlich eher zu Ian hingezogen fühlt.

Das alles klingt jetzt wie eine süße kleine niedliche Lovestory. Ist es, aber nur am Rand. Denn die Handlung dieses Science-Fiction-Romans ist nicht nur spannend, sondern bis ins letzte Detail durchdacht. Auch wenn die Idee der Übernahme des menschlichen Körpers durch Aliens wahrlich nicht neu ist. Doch der Kampf zwischen dem Wanderer und Melanie, der zu Zuneigung und ja gar Aufopferung wird zwischen Wanda und Mel, die Flucht vor der Sucherin, die es – entgegen den Gepflogenheiten ihrer Leute – aus gutem Grund nicht lassen kann, die verlorene Seele zu jagen und die Gefühle zu Ian, die zu einem erneuten inneren Kampf führen – echter Filmstoff. Und weil das so ist, hat Stephenie Meyer ein Zusatzkapitel verfasst, das die Perspektive wechselt. Hut ab vor dieser Story.

Stephenie Meyer: Biss zum Morgengrauen

Ein junges Mädchen, dessen Eltern getrennt sind, entscheidet sich – notgedrungen – für das Leben beim Vater. In einem langweiligen, dunklen, verregneten Kaff in Washington State. Bereits bei ihrem ersten Besuch in der neuen Schule fällt ihr Edward auf… und man denkt, man hätte ein seichtes Collegemärchen vor sich. Doch es ist deutlich mehr.

Edward und seine Familie sind Vampire. Da kommt Bella schnell dahinter. Und Edward ist von Bella genauso fasziniert wie sie von ihm. Er vertraut ihr seine Geschichte an und begibt sich damit voll und ganz in ihre Hände, genau wie sie sich ihm ausliefert – Vertrauen steht gegen Vertrauen. Bis eine zweite Vampirfamilie im Ort auftaucht und einer von ihnen es auf das Menschenmädchen abgesehen hat. Der Kampf kann beginnen….

Eigentlich ist das Buch mit dem besonders schönen (deutschen) Cover für Jugendliche geschrieben, aber es ist definitiv kein Jugendbuch im typischen Sinne. Das Hörbuch ist von der Schauspielerin Ulrike Grote übrigens eine Spur zu mädchenhaft vertont worden. Man hätte Edwards Charakter sicher auch mit einer Frauenstimme deutlich geheimnisvoller darstellen können. Doch trotzdem: Die Entwicklung der Beziehung zwischen Bella und Edward, die typischen und untypischen Momente, die die beiden miteinander erleben, der Spannungsbogen, der gegen Ende massiv erhöht wird – durchaus gelungen!

Das Nachfolgebuch ist bereits auf dem Markt. Doch über den Sinn von Fortsetzungsgeschichten lässt sich streiten. Irgendwann ist immer die Luft raus und dann bereut man es, den zweiten Band überhaupt noch in die Hand genommen zu haben. Doch manche Erzählung ist so dicht, dass sie durchaus noch Stoff für Hunderte von Seiten in sich trägt. Diese hier könnte eine davon sein. Schade ist allein, dass durch die Existenz des zweiten Buches das Ende des ersten lächerlich erscheint. Denn manches sollte man vielleicht doch lieber der Phantasie überlassen. Vor allem, wenn sie so gekonnt angeregt wurde.
4.6 Stars (4,6 / 5)