Christine Nöstlinger: Florenz Tschinglbell

Sisi und Sigi sind Geschwister und eigentlich verstehen sie sich ja ganz gut. Was Sigi aber überhaupt nicht haben kann, ist, wenn er meint, seine Schwester beim Schwindeln und Übertreiben zu ertappen. Deswegen glaubt er ihr auch nicht mehr, als sie von ihrer neuen Freundin erzählt: Florenz Tschinglbell. Die soll grüne Haare haben, Schuhgröße 50 und Vampirzähne. Und sie soll in der Kanalisation wohnen, gemeinsam mit ihrem großen, gelben Hund. Also kommt es wieder mal zum Streit. Den der Vater mit viel Humor schlichten will. Doch als er anfängt, ins Klo zu rufen, damit Florenz hören kann, dass er sie mal sehen will, gräbt er sich sein eigenes Grab und nicht nur seins.

Die österreichische Schriftstellerin Christine Nöstlinger schreibt viele Kinderbücher und die meisten davon sind nicht nur gut, sondern auch ziemlich zeitkritisch, erziehungskritisch, hörigkeitskritisch. Sie beschreibt sich selbst als „wildes und wütendes“ Kind und so sind oft auch ihre Charaktere.

Mal abgesehen davon, dass man Sisi und Sigi kaum hintereinander aussprechen kann, eignet sich dieses Buch mal so grad überhaupt nicht zum Vorlesen. Zumindest nicht als Einschlaflektüre. Außer, man hatte sowieso vor, noch eines zu lesen, um sein Kind wieder zu beruhigen. Es ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass man ein Buch immer erst mal selbst unter die Lupe nehmen sollte, bevor man es einem Kind gibt, auch, wenn es ein Kinderbuch ist. Denn nicht jeder kann mit dem Schrecken gleich gut umgehen.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Stephenie Meyer: Biss zum Morgengrauen

Ein junges Mädchen, dessen Eltern getrennt sind, entscheidet sich – notgedrungen – für das Leben beim Vater. In einem langweiligen, dunklen, verregneten Kaff in Washington State. Bereits bei ihrem ersten Besuch in der neuen Schule fällt ihr Edward auf… und man denkt, man hätte ein seichtes Collegemärchen vor sich. Doch es ist deutlich mehr.

Edward und seine Familie sind Vampire. Da kommt Bella schnell dahinter. Und Edward ist von Bella genauso fasziniert wie sie von ihm. Er vertraut ihr seine Geschichte an und begibt sich damit voll und ganz in ihre Hände, genau wie sie sich ihm ausliefert – Vertrauen steht gegen Vertrauen. Bis eine zweite Vampirfamilie im Ort auftaucht und einer von ihnen es auf das Menschenmädchen abgesehen hat. Der Kampf kann beginnen….

Eigentlich ist das Buch mit dem besonders schönen (deutschen) Cover für Jugendliche geschrieben, aber es ist definitiv kein Jugendbuch im typischen Sinne. Das Hörbuch ist von der Schauspielerin Ulrike Grote übrigens eine Spur zu mädchenhaft vertont worden. Man hätte Edwards Charakter sicher auch mit einer Frauenstimme deutlich geheimnisvoller darstellen können. Doch trotzdem: Die Entwicklung der Beziehung zwischen Bella und Edward, die typischen und untypischen Momente, die die beiden miteinander erleben, der Spannungsbogen, der gegen Ende massiv erhöht wird – durchaus gelungen!

Das Nachfolgebuch ist bereits auf dem Markt. Doch über den Sinn von Fortsetzungsgeschichten lässt sich streiten. Irgendwann ist immer die Luft raus und dann bereut man es, den zweiten Band überhaupt noch in die Hand genommen zu haben. Doch manche Erzählung ist so dicht, dass sie durchaus noch Stoff für Hunderte von Seiten in sich trägt. Diese hier könnte eine davon sein. Schade ist allein, dass durch die Existenz des zweiten Buches das Ende des ersten lächerlich erscheint. Denn manches sollte man vielleicht doch lieber der Phantasie überlassen. Vor allem, wenn sie so gekonnt angeregt wurde.
4.6 Stars (4,6 / 5)