Huppertz/Ryans: Herr Hepperlin und die vergessenen Schuhe

Schuster sterben aus. Sie machen bestenfalls heute Schlüssel nach, pappen Sohlen auf industriell gefertigte Massenware und verkaufen Schnürsenkel – so wie Bents Vater. Doch einen Kunden hat er noch, der Wert legt auf maßangepasste Schuhe: Herr Hepperlin. Er kommt regelmäßig mit seinen Schuhen vorbei. Und immer bringt er Bent ein Stück Eiskonfekt mit, aus dessen Papier dieser dann bunte Sterne bastelt.

Doch eines Tages, es wird schon langsam Winter, wundern sich Bent und sein Vater. Wo bleibt nur Herr Hepperlin? Es dauert nur Tage, bis sie sich richtig Sorgen machen. Der Vater telefoniert nach, sie gehen zur Wohnung des alten Mannes … nichts. Doch da hat Bent eine Idee …

Dieses Bilderbuch handelt von alten Werten: Verlässlichkeit, Vertrauen, Sicherheit und dem Kümmern umeinander. Und damit von Werten, die gerade in Zeiten wie diesen wieder auftauchen.

David M. Barnett: Miss Gladys und ihr Astronaut

[aartikel]3548289541:left[/aartikel]Man kann eigentlich im ersten Moment gar nicht sagen, wen es beschissener getroffen hat. Den Astronauten Thomas Major, auch Major Tom genannt, der mehr oder weniger aus Versehen auf dem One-Way Richtung Mars ist oder Miss Gladys, die liebe, aber leider ziemlich demente Oma, die die Verantwortung für ihre zwei Enkel trägt, weil ihr Sohn im Gefängnis ist. Vielleicht ist die wirklich tragische Person der Geschichte aber auch Ellie, die trotz ihrer Jugend die ganze Familie am Laufen hält und dafür sorgt, dass niemand merkt, dass die Oma nicht mehr alle Tassen im Schrank hat und eigentlich nicht in der Lage ist, sie und ihren kleinen Bruder James zu versorgen.
Natürlich glaubt die Familie Gladys zunächst nicht, als sie von einem Telefonat mit dem Astronauten berichtet. Doch der hat sich im All mit seinem Satellitentelefon verwählt und landete bei ihr. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Art Freundschaft, von der auch James profitiert. Nur Ellie ist äußerst skeptisch und ahnt, dass die Sache nicht gut ausgehen kann. Doch dann wird sie eines Besseren belehrt.

Gerade die Rolle der Ellie, die so viel zu tragen hat und doch eigentlich selbst noch ein Kind ist, die pessimistisch ist und meistens recht behält erfährt das größte Wunder in diesem Roman. Lernt, dass es sich lohnt, an etwas zu glauben und wenn es noch so unwahrscheinlich erscheint. Spannend aber auch die Sichtweise auf den Unglücksraben im All, auf die Story, die dazu geführt hat, dass er heute der ist, der er ist und die Art und Weise, wie er versucht, der kleinen Familie zu helfen und dabei – im wahrsten Sinne des Wortes – den Überblick behält. Ein leichter Roman mit schweren Momenten.

Nadine Ahr: Das Versprechen

[aartikel]3426301121:left[/aartikel]Eine Geschichte von Lieben und Vergessen – so lautet der Untertitel dieses Romans, der auf einer wahren Begebenheit beruht.
Protagonisten sind Ria und Edwin, die Großeltern der Autorin, die eigentlich füreinander bestimmt sind, dies eigentlich auch wissen, aber trotzdem sehr lange aufeinander warten müssen. Da ist der Krieg, da sind falsche Entscheidungen – doch letztendlich wird alles gut. Und Edwin verspricht seiner Ria, sie nie mehr zu verlassen. Aber so einfach, wie er dachte, ist ein solches Versprechen nicht zu halten, wenn der Partner zunehmend dement wird, einen nicht mehr nur nicht mehr erkennt, sondern einen auch noch verwechselt und aufgrunddessen täglich aufs Übelste beschimpft.

Edwin muss eine Entscheidung treffen, so schwer es ihm auch fällt, aber glücklich wird er damit nicht. Manchmal wünscht er sich sogar, ebenfalls dement zu sein. Denn alles wäre besser als die Tatsache, Ria einfach nicht vergessen zu können.

Diese Liebesgeschichte geht einem so richtig zu Herzen, das Buch ist eines von denen, die in der Seele noch nachklingen, lange, nachdem man die letzte Seite gelesen hat. Die „taz“ spricht von „glasklar und tieftraurig“ und besser könnte man es nicht beschreiben.

Die Autorin, 1982 geboren, erhielt ein Stipendium für begabte Journalisten der Süddeutschen Zeitung und schreibt seit 2011 für die Zeit.
4.8 Stars (4,8 / 5)

Demenz – Ist das ein Tier wie Krebs

[aartikel]3808007559:left[/aartikel]Til Schweiger hat das Vorwort geschrieben zu einem Buch, das den etwas sperrigen Titel „Demenz – ist das ein Tier wie Krebs“ trägt. Die Autorinnen Bianca Mattern, Eva-Maria Popp und Iris Weißer beschäftigen sich hier mit der Frage, wie Kinder Demenz bei Angehörigen empfinden. Und lassen vor allem Kinder zu Wort kommen. Sie zeigen Bewältigungsstrategien auf, gehen aber zu wenig darauf ein, dass es nicht nur die Großeltern, sondern gerade bei immer älter werdenden Eltern auch die Eltern selbst treffen kann. Und dass diese Situation ganz anders zu bewerten ist.
Wer mehr zu dem Thema wissen möchte – ein Artikel bei Eltern.t-online.de gibt Aufschluss.
2.5 Stars (2,5 / 5)

Riikka Pulkkinen: Die Ruhelose

[aartikel]3471350721:left[/aartikel]“Die Ruhelose“ ist Riikka Pulkkinens Debütroman. Die Finnin beschreibt das ganz ähnliche und sich doch enorm unterscheidende Schicksal zweier miteinander verwandter Frauen: Anja, deren Mann schwer an Alzheimer erkrankt ist und die mit sich hadert, ob und wie sie ein gegebenes Versprechen einhalten kann und ihre Nichte Marie, die eine äußerst heikle Beziehung zu einem jungen Lehrer eingegangen ist und sich dabei leidenschaftlich in eine Liebe stürzt, die aussichtslos ist. Zwei Frauen, die vor der entscheidenden Frage ihres Lebens stehen: Wie weit darf und will und soll und muss man gehen für die Liebe?

Die Universitätsprofessorin Anja scheint zunächst an dieser Frage zu verzweifeln und findet doch, genau wie Marie ihren ganz eigenen Weg, damit umzugehen.

Riikka Pulkkinen, Jahrgang 1980, ist eine der erfolgreichsten jungen Autorinnen Finnlands. Doch auch, wenn ihr Debüt dort bereits etliche Preise einheimsen konnte, so ganz überzeugend ist es doch nicht. Ob das an der deutschen Übersetzung liegt? Denn das Buch hat etwas, keinen Zweifel, die Thematik ist interessant und entspricht komplett dem Zeitgeist unserer Gesellschaft und doch fehlt etwas. Das entscheidende Etwas, das den Leser so richtig in seinen Bann zieht.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Rowan Coleman: Einfach unvergesslich

[aartikel]3869522410:left[/aartikel]“Einfach unvergesslich“ erzählt die Geschichte von Claire, die bereits in jungen Jahren, genau wie ihr Vater an einer degenerativen Gehirnkrankheit erkrankt, dies aber noch jahrelang vor ihrer Familie und ihrer Umgebung und letztendlich auch vor sich selbst verheimlichen kann. Sie hat zwei Töchter, zum einen Caitlin, die bereits im studierfähigen Alter und gleichzeitig bereits schwanger ist und Esther, erst drei Jahre alt und das Ergebnis einer ganz großen Liebe zu dem deutlich jüngeren Handwerker Greg, mit dem sie erst seit Kurzem verheiratet ist.

Rowan Coleman schrieb keine Geschichte mit Riesenspannungsbogen, im Gegenteil, sie plätschert eher. Aber im positiven Sinne. Erzählt aus vier Perspektiven ergibt sie erst so ein Gesamtpuzzle von Claires Schicksal, das ja letztendlich nicht nur ihres ist. Es ist verbunden mit dem ihres Mannes, dem ihrer Mutter und vor allem mit dem ihrer Töchter. Sie alle müssen lernen, langsam aber sicher Abschied zu nehmen.

Die Dramatik, die in dieser Geschichte steckt – übrigens überwiegend gut gelesen – eröffnet sich dem Zuhörer erst im Lauf der Zeit, dann aber umso heftiger, mit einem überraschenden Ende. „Einfach unvergesslich“ ist tatsächlich unvergesslich. Vor allem dann, wenn man selbst bereits erlebt hat, wie ein Mensch durch Demenz oder Alzheimer sich Stück für Stück von einem Richtung Vergangenheit entfernte und zwischendurch doch wieder ganz da war. Etwas, was im Lauf der Zeit immer mehr von uns passieren wird.
4.8 Stars (4,8 / 5)