Ulrike Stöhring: Vielen Dank für alles – Trennung glücklich überlebt

Vielen Dank für alles – was für ein seltsamer Titel für ein Buch, in dem eine Frau die Trennung von ihrem Mann verarbeitet. Ulrike Stöhring macht es dem Leser, oder wahrscheinlich doch eher der Leserin, einfach, sie in den zwei Jahren nach dem Beziehungsbruch zu begleiten. Man erlebt mit ihr die Höhen und Tiefen, begibt sich mit ihr in seltsame Gefilde und verfolgt ihr fast verzweifeltes Ringen um Coolness.

Anfangs freut man sich: Endlich mal ein Trennungsbuch, das einem nicht erzählt, wie man mit ein bisschen Atmen die Sache schon wieder in den Griff bekommt, wie mit ein bisschen Wegschmeißen 25 Jahre Leben, die sich anfühlen, wie unterwegs verloren, wieder friedlich in die eigene Biographie zu integrieren sind. Die Autorin kommt sympathisch rüber, man fühlt mit ihr, ohne zu tief in ihr Leid gezogen zu werden. Doch dann kommt Stück für Stück die unerfreuliche Wende: Tantra-Massage – nun gut, vielleicht nicht jedermanns Sache. Genauso wie wechselnde Liebhaber. Aber akzeptabel. Nicht akzeptabel allerdings ist die Selbstgefälligkeit und Überheblichkeit, mit der die Autorin schlussendlich ihre Leserinnen behandelt. So als wäre sie die Spezialistin für Trennung, nur, weil sie so ein gutes Verhältnis zu ihrem Ex-Ex hat und auch mit dem Ex einmal monatlich einen Spaziergang zum Gedanken- und Gefühlsausgleich macht. Das ist anderen auch schon gelungen, das ist Größe, keine Frage, aber es ist nichts, was man sich allein auf die eigenen Fahnen schreiben dürfte, denn dazu braucht es immer zwei.
Es ist verständlich, dass eine verlassene und verletzte Frau, die gerade über ihr Leid hinwegkommt, manchmal ein bisschen zu viel Oberwasser gewinnt. Auch sie hat sicher ihre Momente, in denen sie in genau diesem Oberwasser zu ertrinken scheint. Nicht verständlich ist allerdings, dass sie die Würde derer, die länger brauchen zum Trauern oder die anders trauern als sie, nur vermeintlich respektiert. Zwischen den Zeilen steht etwas anderes.

Susanne Lieder: Pusteblumensommer

Charlotte ist alleinerziehend. Doch das allein genügt der Autorin nicht. Das Kind hat noch Asperger – eine besondere Form des Autismus, die vor allem einen äußerst strukturierten Tagesablauf fordert. Für einen Leser, der weiß, was es bedeutet, einen Autisten zum Kind zu haben, ist es eher verwunderlich, dass es Charlotte trotzdem gelingt, sich selbst zu verwirklichen, ihren Job zu kündigen und auf einer Insel in der Nähe noch mal schnell ein Häuschen zu kaufen, es zu renovieren und dort Ziegen zu halten mit dem Ziel Käse herzustellen – nur mithilfe einer bereits äußerst betagten, aber anscheinend extrem fitten Nachbarin und eines jungen Mannes, der natürlich zunächst aus ganz altruistischen Motiven heraus hilft … Und um das Ganze noch zu toppen, taucht plötzlich der Kindsvater auf, es kommt zu einem Unfall und die junge Dame erinnert sich nicht mehr an ihren wunderbaren Helfer, was dem Ex alle Tore öffnet …
Aber wer fordert in einem Roman schon Realitätsnähe? Schließlich geht es doch darum, zu träumen, sich wegzudenken, zu ersehnen, dass man selbst auch einmal in einer verzwickten Lebenslage auf Unterstützung hoffen darf und dabei noch die große Liebe findet. Wer’s mag, der findet hier sicher, was er sucht. Ansonsten ist das ein Buch, das sich höchstens als Urlaubslektüre eignet – für Urlaube, in denen man ein Buch braucht, das man jederzeit an jeder Stelle aufschlagen kann und auch bei Auslassen mehrerer Seiten nichts verpasst hat.
Susanne Lieder kennt man übrigens auch als Rieke Schermer, wobei auch hier Romane mit Inselflair ihr Thema sind.
1.0 Stars (1,0 / 5)

Sophie Kendrick: Das Gesicht meines Mörders

Clara wurde bei einem Einbruch niedergeschlagen, fiel ins Koma und hatte eine Amnesie, als sie wieder aufgewacht ist, erkennt nicht einmal mehr ihre eigenen Mann. Soweit, so logisch. Aber irgendwie hat die junge Frau das Gefühl, dass hier irgendetwas komisch ist. Vor allem die Tatsache, dass sie keinen einzigen Freund, keine Freundin auf der Welt hat, scheint ihr seltsam. Ihr bleibt nur Roland, ihr Mann und sie versucht, sich auf das Neue, bekannte Unbekannte einzulassen. Doch dann kommt es zu einem Mordanschlag – und nur ein Erinnern kann das Überleben sichern.
In dieser Geschichte gibt es nicht nur eine Wende, sondern gleich mehrere. Immer, wenn man glaubt, man hätte eine Ahnung, wer der Mörder sein könnte, wird man wieder hinters Licht geführt. Die Autorin, die bisher nur für andere geschrieben hat, versteht etwas vom Schreiben, das spürt man sofort. Und Beate Rysopp versteht etwas vom Erzählen. Ein Hörbuch, das mit ca. neun Stunden lang, aber keine Sekunde langweilig ist.
4.5 Stars (4,5 / 5)