Ulrike Stöhring: Vielen Dank für alles – Trennung glücklich überlebt

Vielen Dank für alles – was für ein seltsamer Titel für ein Buch, in dem eine Frau die Trennung von ihrem Mann verarbeitet. Ulrike Stöhring macht es dem Leser, oder wahrscheinlich doch eher der Leserin, einfach, sie in den zwei Jahren nach dem Beziehungsbruch zu begleiten. Man erlebt mit ihr die Höhen und Tiefen, begibt sich mit ihr in seltsame Gefilde und verfolgt ihr fast verzweifeltes Ringen um Coolness.

Anfangs freut man sich: Endlich mal ein Trennungsbuch, das einem nicht erzählt, wie man mit ein bisschen Atmen die Sache schon wieder in den Griff bekommt, wie mit ein bisschen Wegschmeißen 25 Jahre Leben, die sich anfühlen, wie unterwegs verloren, wieder friedlich in die eigene Biographie zu integrieren sind. Die Autorin kommt sympathisch rüber, man fühlt mit ihr, ohne zu tief in ihr Leid gezogen zu werden. Doch dann kommt Stück für Stück die unerfreuliche Wende: Tantra-Massage – nun gut, vielleicht nicht jedermanns Sache. Genauso wie wechselnde Liebhaber. Aber akzeptabel. Nicht akzeptabel allerdings ist die Selbstgefälligkeit und Überheblichkeit, mit der die Autorin schlussendlich ihre Leserinnen behandelt. So als wäre sie die Spezialistin für Trennung, nur, weil sie so ein gutes Verhältnis zu ihrem Ex-Ex hat und auch mit dem Ex einmal monatlich einen Spaziergang zum Gedanken- und Gefühlsausgleich macht. Das ist anderen auch schon gelungen, das ist Größe, keine Frage, aber es ist nichts, was man sich allein auf die eigenen Fahnen schreiben dürfte, denn dazu braucht es immer zwei.
Es ist verständlich, dass eine verlassene und verletzte Frau, die gerade über ihr Leid hinwegkommt, manchmal ein bisschen zu viel Oberwasser gewinnt. Auch sie hat sicher ihre Momente, in denen sie in genau diesem Oberwasser zu ertrinken scheint. Nicht verständlich ist allerdings, dass sie die Würde derer, die länger brauchen zum Trauern oder die anders trauern als sie, nur vermeintlich respektiert. Zwischen den Zeilen steht etwas anderes.

Andreas Steinhöfel: Anders

Schon seine Kinderbücher rund um Rico, Oskar und Paul Vier zeigen, wie einfühlsam und anders der Autor von „Anders“ ist. Andreas Steinhöfel versteht etwas von seinem Handwerk und hat hier eine Geschichte geschaffen, die tief unter die Haut geht. Wer ihn anno 2014 auf der Buchmesse in Frankfurt gehört hat, wird dies bestätigen. „Anders“ ist eines dieser Bücher, die einem lange im Kopf bleiben.

Es geht um den kleinen Felix, der, nachdem ausgerechnet seine ehrgeizige Helikopter-Mutter ihn über den Haufen gefahren hat, die Zeit einer ganzen Schwangerschaft lang im Koma lag und als Anders wieder aufgewacht ist. Erinnerungen an die Zeit vor dem Unfall hat er nicht. Und es gibt da so den einen oder anderen, dem das auch lieber ist. Doch so langsam drängeln sich die Ereignisse wieder ins Bewusstsein des nun gar nicht mehr angepassten und duckmäuserischen Jungen – beinahe mit fatalen Folgen.

Die Hörspielinszenierung ist tatsächlich nur etwas für Hörspielbegeisterte. Denn die Bearbeitung durch Karlheinz Koinegg und die Umsetzung durch den WDR ist, wie es das CD-Cover bezeichnet „atmosphärisch-dicht“. Überladen könnte man es auch nennen. Denn an manchen Stellen macht das Stakkato den Hörer eher nervös und führt dazu, dass man von den eigentlichen Zwischentönen, die Steinhöfel geschaffen hat, abgelenkt wird.
3.4 Stars (3,4 / 5)