Monika Gruber: Man muss das Kind im Dorf lassen

Sie stammt aus einem Örtchen namens Tittenkofen im tiefsten Bayern, ist mit Brüdern aufgewachsen und weiß, wie sich Landleben anfühlt, wenn es nicht in Magazinen abgebildet ist. Klar, man muss sie mögen, die Art von Monika Gruber, aber wenn man sie mag, dann kommt man hier CDs-lang nicht mehr aus dem Grinsen raus. Grantelig wie eh und je, mit einer Riesenportion Humor und einer ebenso großen Portion Selbst- und Fremderkenntnis rumpelt die Kabarettistin – oder ist sie doch eher eine Schauspielerin? – mitsamts ihren Hörern durch ihre Kindheit in Bayern. Und wer nur annähernd weiß, wie das ist, der erkennt eine ganze Menge wieder.

Interessant an „Man muss das Kind im Dorf lassen“ sind die leisen Töne, die Monika Gruber in der Erinnerung an ihre Kindheit bis hinein ins junge Erwachsenenalter immer wieder anschlägt. Die Dankbarkeit, die man durch die spöttischen Zeilen gut durchspüren kann, die Liebe, die sie bekommen hat und die Art und Weise, wie ihre Eltern mit anderen, miteinander und mit den Kindern umgegangen sind – der Respekt, das ist das, was diese Frau geprägt hat. Und was sie dazu bringt, bei aller spitzen Zunge das Maß trotzdem immer zu halten. Bemerkenswert. Und ein bisschen beneidenswert.

Nicole Jäger – Nicht direkt perfekt

[aartikel]3958620396:left[/aartikel]Warum ziehen wir Frauen beim Sex den Bauch ein? Vor allem, wenn wir über 100 kg wiegen, wo es doch eh nichts mehr bringt? Warum mögen nicht alle Männer dicke Frauen und manche aber lieber als die dünnen? Welche Rolle spielt in unserem Leben eigentlich die Zahl auf der Waage und wie beeinflusst sie unser Sexualleben?

Diese wenig spannenden Fragen stehen sieben Stunden lang mehr oder weniger im Mittelpunkt eines fast schon selbstgefälligen Dauergejammers. Anders kann man es leider kaum sagen. Nicole Jäger möchte wirken, wie eine Frau, die über den Dingen und über ihren Pfunden steht, vermittelt aber zehnmal mehr den Eindruck, darunter ziemlich zu leiden und das überspielen zu wollen – mit einer Portion Selbstbewusstsein, die einem bisweilen das Gefühl gibt, man müsste sich ein bisschen fremdschämen.

Dabei ist die Frau, die mal 340 Kilo gewogen hat und bereits 200 runter hat, eigentlich ganz witzig, zumindest in ihren Shows. Aber das ist vielleicht das hübsche Gesamtpaket, das auf einer CD einfach nicht wirken kann. Daumen runter für „Die nackte Wahrheit übers Frausein“ – selbst wenn ihr Buchdebüt „Die Fettlöserin“ mit 100.000 verkauften Exemplaren ein Spiegel-Bestseller war.

Sophie Seeberg: Die Schanin hat nur schwere Knochen

[aartikel]3426787644:left[/aartikel]Sophie Seeberg ist Diplom-Psychologin und Gerichtsgutachterin und das Buch mit dem schwer lesbaren Titel ist bereits ihr zweites Werk über das, was sie täglich mit ihrer Arbeit erlebt. Dabei will sie sich keinesfalls lustig machen – dazu sind viele der Geschichten auch viel zu tragisch – aber sie versucht, mithilfe von Humor das zu verarbeiten, was sie täglich erlebt. Auch an Schrecklichem. Und da sie einen schönen Schreibstil hat, macht sie das in Form von Büchern.

Darin beschreibt sie ihre skurrilsten Erlebnisse, manchmal sicher auch reichlich überzogen, aber nie respektlos. Sie erinnert sich an ihre ersten Termine, an ihre Hilflosigkeit und sinnlose Versuche, anderen Chancen zu geben. Sie erinnert sich aber auch an liebevolle Menschen, die irgendwie die Kurve nicht kratzen können und sie prangert Kollegen an, die das Klischee der bösen Frau vom Amt durch und durch erfüllen -ähnlich der Prusseliese aus Pippi Langstrumpf. So wie in der Geschichte des vom Schicksal gebeutelten Herrn Sondermanns. In der sie am Schluss zugibt, dass sie sich zwar ein wenig unprofessionell verhalten hat, dies aber trotzdem schön fand.

Ein Buch, das einen staunen lässt über all die wahr gewordenen Klischees, das einen schmunzeln lässt über die Dummheit mancher und das einen fassungslos zurücklässt über die Entscheidungen mancher Richter. Ein Sachbuch der ganz anderen Art. An dem man eigentlich nur zwei Sachen kritisieren kann: Erstens kann man es nicht am Stück, sondern muss es auf Etappen lesen, denn sonst wird es irgendwie langweilig und zweitens ist die Umschlaggestaltung absolut kontraproduktiv.
3.7 Stars (3,7 / 5)

Bastian Biehlendorfer: Mutter ruft an

[aartikel]3869522445:left[/aartikel]Er ist ein Lehrerkind und als solches hat er es ja schon nicht leicht. Aber seine Eltern sind wirklich etwas ganz Besonderes. Bastian, ein preisgekrönter Poetry-Slammer und Gewinner von immerhin 32.000 Euro bei Günther Jauch wurde nach seinem Auftritt dort von Verlagen umkämpft. Seine bald darauf erschienenen Bücher schafften es problemlos über Wochen an die Spitze der Spiegel-Bestsellerliste. Doch der arme Bastian kämpft trotzdem hart um die Anerkennung seiner Eltern. In ihren Augen ist er arbeitslos und wenn sie sich überhaupt damit befassen, dass er so etwas wie ein Autor sein könnte, dann höchstens in der Form, dass sie bei seinem Verlag anrufen und hier mal was klarstellen. Aber seine Mutter ruft nicht nur beim Verlag an, sondern auch dauernd bei Basti und seiner Freundin. Und wenn sie mal nicht anruft, gerät ihr Sohn in Panik. Unter dem Titel „Mutter ruft an – Mein Anschiss unter dieser Nummer“ erzählt er mit gewohntem Wortwitz über die Standleitung zu seiner Mum und Papa, der sowieso immer voll hinter ihr steht ohne je zu wissen, worum es überhaupt geht. Prinzip ist Prinzip.

Mama ruft an, wenn sie das Internet kaputt gemacht hat, ihr W-Lan-Kabel nicht funktioniert, der Hund tot ist oder sie gerade mal wieder jemand in den Wahnsinn getrieben hat – wobei ihr Festnetz des Grauens stilvoll ergänzt wird durch SMS.

Wer mal wieder so richtig herzhaft lachen möchte und das gilt vor allem für die, die sich ein kleines bisschen selbst wiedererkennen – in einer der beiden Rollen – dem sei dieses Hörbuch sehr ans Herz gelegt. Denn keiner kann Bastian Biehlendorfer besser als er selbst.
4.5 Stars (4,5 / 5)

Alexandra Maxeiner: Ich , Lilly und der Rest der Welt

[aartikel]3440136329:left[/aartikel]Hannah und Lilly sind fast gleich alt, Frida ist die Kleinste in der Familie, Cora die Größte – voll in der Pubertät. Die vier Schwestern ziehen mit ihren Eltern und Katze Billy in ein neues Haus. Das, ganz der Demokratie folgend, lila gestrichen wurde. Wie der Alltag der Siebenjährigen aussieht, warum die neue Nachbarin unter Verdacht steht, ein Vampir zu sein und wieso Fantasiepferde in einem Kaufhaus für reichlich Wirbel sorgen können, erfährt man in diesem äußerst kurzweilig geschriebenen Buch.

Alexandra Maxeiner ist es gelungen, ein Buch zu verfassen, das sich nicht nur zum Selbstlesen prima eignet (große Schrift, einfache Sätze, kurze Kapitel), sondern das man auch mit einem Riesenspaß dabei vorlesen kann. Niedlich auch die Gestaltung von Martina Badstuber, deren Illustrationen die entscheidenden Momente perfekt einfangen.
Die Autorin schreibt nicht nur Bücher, sondern auch Drehbücher und Theaterstücke. 2011 wurde ihr der Deutsche Jugendliteraturpreis verliehen. Sie ist Teil der Frankfurter Ateliergemeinschaft labor.
4.9 Stars (4,9 / 5)