Kyra Groh: Mein Leben als lexikalische Lücke

Benni lebt mit einer extrem religiösen Mutter in einem engen Familienkäfig. Jeder Versuch, sich zu befreien, endet damit, dass seine Mutter zusammenbricht. Da er seinen Vater nie kennengelernt hat, versucht er wenigstens auf dessen Spuren zu wandeln und Arzt zu werden. Jule hat sich ein Stück weit befreit, findet Raum in ihrer bunten Clique, geht auf Freitagsdemonstrationen, ernährt sich vegan und bedruckt Jutetaschen mit Sinnsprüchen. Gleichzeitig aber schämt sie sich für ihre spießigen unreflektierten Eltern und vor allem für ihren rechtsradikalen Bruder. Die beiden Jugendlichen kennen sich nicht. Und doch teilen beide die gleiche Leidenschaft. Sie sammeln Wörter. Wörter aus aller Welt wie Ikigai: das Gefühl, etwas zu haben, für das es sich lohnt, morgens aufzustehen. Letztendlich aber sind beide auf der Suche nach einem Wort, das das Gefühl beschreibt, nirgendwoher zu kommen und nirgendwo dazuzugehören – ein Wort, das bisher noch eine lexikalische Lücke zu sein scheint.

Als sich Jule und Ben kennenlernen, wird alles nur noch komplizierter als es sowieso schon ist. Aber auch schöner. Denn die beiden erleben Kilig, abgeleitet von dem Substantiv Tagalog. Wer wissen will, was das bedeutet, muss googeln. Oder dieses Buch lesen. Es lohnt sich – nicht nur, weil man hinterher viele neue Wörter kennt. 

Marina Boos: App ins Glück – Installieren, Herz verlieren

[aartikel]3522504313:left[/aartikel]Die fünfzehnjährige Fee ist so richtig angenervt. Nichts passt. Äußerlich hat sie eine ganze Menge an sich auszusetzen, fühlt sich ihrem Namen überhaupt nicht gerecht und dass sie ihre Wochenenden eher zuhause als auf spannenden Partys verbringt, macht sie auch nicht gerade glücklich. Doch als echter Digital Native weiß Fee sich zu helfen. Sie programmiert sich einfach selbst eine App, die ihr helfen soll, hip zu werden. Und die ganz nebenbei auch noch in der Lage ist, Alarm zu schlagen, wenn der ach-so-ersehnte Prinz endlich anreitet. Aber was da angeritten kommt, ist so ganz und gar nicht in Fees Sinn.

In Ich-Form erzählt spricht dieses Buch einem weiblichen Teenie mitten aus dem Herz. Der Roman ist perfekt zugeschnitten auf die Zielgruppe und hat das Zeug, Mädchen im Alter von 13 bis 15 Jahren dazu zu bringen, sogar mal das Smartphone aus der Hand zu legen.
4.8 Stars (4,8 / 5)

Christine Nöstlinger: Luki live

[aartikel]3407740026:left[/aartikel]Wenn die Hormone kreisen, geht der Verstand auf Reisen… Von dem Wahrheitsgehalt dieses Spruches kann sich auch Ariane überzeugen. Ihr bester Freund Luki kommt völlig anders aus seinem Sommeraufenthalt in England zurück. Er hat beschlossen, ab sofort seine Persönlichkeit zu verändern und damit fängt er außen an.

Das bedeutet, dass er neuerdings wie ein bunter Vogel daherkommt. Mit den Schuhen seines toten Großvaters, mit Selbstgestricktem seiner Mutter und mit einem alten Fahrrad, das jeden Moment auseinander zu fallen droht. Seine Haare sind im Sommer gewachsen und werden in einem Pferdeschwanz gebändigt. Doch das Entscheidende: Der junge Mann will fortan immer nur die Wahrheit sagen, egal, ob man das tut oder nicht… alle finden Luki cool, nur Ariane beobachtet das Ganze äußerst misstrauisch. Lukis verhalten auch ihr gegenüber verwirrt sie. Doch als ihr Freund sich in eine andere verliebt, wird dem Mädel klar, was zu tun ist!

„Luki live“ ist rund 30 Jahre alt und trotzdem immer noch genauso aktuell wie damals. Das Buch spricht Kindern, oder besser gesagt angehenden Jugendlichen, direkt aus dem Herz. Und dafür ist Christine Nöstlinger ja sowieso bekannt. Der „Zwerg im Kopf“, der „Gurkenkönig“ oder „Rosa Riedl, Schutzgespenst“ sind Figuren, die einen ein Leben lang begleiten und dann mit den eigenen Kindern wieder aktuell werden. Die Astrid Lindgren Österreichs schreibt so zeitlos, dass der Beltz-Verlag mit der Neuauflage des „Luki live“ genau das Richtige gemacht hat.

Besonders schön: Das österreichisch-deutsche Glossar.
5.0 Stars (5,0 / 5)