Janisch/Soganci: Schenk mir Flügel

Eines Tages malt ein Kind einen Engel und der weiß genau was er will. Beziehungsweise, was er nicht will. Nämlich stinknormale Flügel. Das Kind soll sich was einfallen lassen und das tut es auch. Es malt Flügel aus Gras und solche aus Glas, es malt welche aus Papier und andere aus Schatten, aus Sonnenstrahlen oder Meereswellen. Für welche sich der kleine Engel entscheidet, sei hier nicht verraten. Nur so viel: Er bliebt nicht der einzige, der fliegen konnte.

Ein wunderschönes Bilderbuch nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene. Die Zeichnungen sind leicht und phantasievoll und die Materialien, die das Kind für die Flügel seines Engels nutzt, regen zum Gespräch an.

Endres/Wiemers: Die Prinzessin und die Erbse

Richtig gelesen. Es ist nicht die Prinzessin AUF der Erbse, sondern die mit der Erbse. Eine Erbse, die dem kleinen Frollein, das sonst immer bekam, was es wollte, tierisch auf der Nase herumtanzt. Sie springt ihr übermütig vom Teller und lässt sich von dem geplärrten „Soooooofort stehenbleiben“ nicht im Geringsten beeindrucken. Sie verfolgt sie durch den Park, durch Mäuselöcher, auf Bäume und sie landet ihretwegen im Schweinetrog und wird dabei immer und immer wütender – dass das Personal kein Mitleid mit ihr hatte, war klar. Wer sich sonst so herrisch aufführt … Da wird es der kleinen Prinzessin irgendwann zu bunt, sie schmeißt sich auf den Boden und heult und heult. Und die Erbse tanzt um sie herum, als würde sie sie auslachen. Erst als die Prinzessin ihr etwas ins Ohr flüstert, lässt sie sich von ihr einfangen – und wenn sie nicht gestorben sind, dann spielen sie noch heute miteinander. Was die Prinzessin der Erbse wohl gesagt hat … das soll der kleine Leser selbst herausfinden.

Wer die Prinzessin auf der Erbse erwartet, weil er nicht so genau hingesehen hat, der wird im ersten Moment enttäuscht sein. Aber eigentlich ist es dann doch ein sehr ähnliches Märchen – denn die Protagonistin ist und bleibt ein verzogenes Gör.
Das Buch wird mit einem Poster fürs Kinderzimmer geliefert. Den Stil der Zeichnerin allerdings, den muss man mögen.
3.0 Stars (3,0 / 5)

Christine Nöstlinger: Florenz Tschinglbell

Sisi und Sigi sind Geschwister und eigentlich verstehen sie sich ja ganz gut. Was Sigi aber überhaupt nicht haben kann, ist, wenn er meint, seine Schwester beim Schwindeln und Übertreiben zu ertappen. Deswegen glaubt er ihr auch nicht mehr, als sie von ihrer neuen Freundin erzählt: Florenz Tschinglbell. Die soll grüne Haare haben, Schuhgröße 50 und Vampirzähne. Und sie soll in der Kanalisation wohnen, gemeinsam mit ihrem großen, gelben Hund. Also kommt es wieder mal zum Streit. Den der Vater mit viel Humor schlichten will. Doch als er anfängt, ins Klo zu rufen, damit Florenz hören kann, dass er sie mal sehen will, gräbt er sich sein eigenes Grab und nicht nur seins.

Die österreichische Schriftstellerin Christine Nöstlinger schreibt viele Kinderbücher und die meisten davon sind nicht nur gut, sondern auch ziemlich zeitkritisch, erziehungskritisch, hörigkeitskritisch. Sie beschreibt sich selbst als „wildes und wütendes“ Kind und so sind oft auch ihre Charaktere.

Mal abgesehen davon, dass man Sisi und Sigi kaum hintereinander aussprechen kann, eignet sich dieses Buch mal so grad überhaupt nicht zum Vorlesen. Zumindest nicht als Einschlaflektüre. Außer, man hatte sowieso vor, noch eines zu lesen, um sein Kind wieder zu beruhigen. Es ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass man ein Buch immer erst mal selbst unter die Lupe nehmen sollte, bevor man es einem Kind gibt, auch, wenn es ein Kinderbuch ist. Denn nicht jeder kann mit dem Schrecken gleich gut umgehen.
3.4 Stars (3,4 / 5)