Ava Reed: Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen.

Leni ist ein ganz normaler Teenager. Sie hat mit Emma eine allerbeste Freundin, Eltern, mit denen sie gut klarkommt und in der Schule passt es auch. Denkt Leni zumindest, aber je näher das Abitur rückt, desto seltsamer fühlt sich alles an. Schleichend, zunächst fast unbemerkt, legt sich so eine komische Schwere auf Leni, die sie nicht kennt. Entwickelt sie Gefühle der Angst, die ihr fremd sind. Eines Tages kann sie nach einem Panikanfall in der Schule gar nicht mehr aus ihrem Zimmer, nicht einmal wirklich aus ihrem Bett. Eine Odyssee der Diagnosen beginnt – bis klar ist, dass Leni unter einer Depression leidet. Bis sie allerdings lernt, die Gedanken-Gespenster in Schach zu halten, dauert es noch viel längerer. Doch dann trifft Leni auf Matti, der nicht nur schöne Augen, sondern auch eine sehr seltene Erkrankung hat – aber ganz und gar nicht gewillt ist, sich von dieser die Lust am Leben nehmen zu lassen.

Die Autorin, die das Buch mit eigenen, authentischen Tagebucheinträgen gespickt hat, geht das Thema unaufgeregt und sensibel an, packt es in eine mutmachende Lovestory und gibt Leni das Happy End, das sie verdient.

Möbest, Korthues: Als Mama nur noch traurig war

[aartikel]3649620219:left[/aartikel]Anja Mörbes wagt sich hier an ein Thema, das nur sehr schwer zu erklären gelingt und an das sich auch nur wenige Kinderbuchautoren wagen: die psychische Erkrankung eines Elternteils. Jan ist fünf Jahre alt und manchmal kommen die Grummelgrame. Nicht zu ihm, sondern zu seiner Mama. Er merkt es jedesmal daran, dass sie ihm nicht zuhört, wenn er ihr etwas gaaaaaanz Wichtiges erzählen möchte. „“… und dann hat Lena gesagt, dass ich ihr allerbester Freund bin“ – Aber Mama reagiert nicht, sie starrt auf den Boden. Aber da ist nichts Interessantes, das hat Jan schön überprüft. Da ist gar nichts zu sehen.“
Manchmal geht sie auch einfach aus dem Zimmer, statt ihm abends etwas vorzulesen und mit ihm zu schmusen. Ist zu müde, sagt sie. Sie findet es zu laut, wenn er mit seiner Freundin spielt und weint scheinbar ohne Grund, sagt, dass er und Papa gar nichts verstehen. Und das stimmt, Jan versteht das wirklich nicht. Aber er gibt sich alle Mühe. Und die Schuld. Auch Papa wird immer stiller und lacht kaum noch. Doch dann überredet Papa die Mama zum Ritter zu gehen. „Jan sagt nichts. Aber er ist froh, dass es einen Ritter gibt, der Mama helfen kann.“ Dass der nicht in einer Burg wohnt und auch gar nicht so kräftig scheint, um mit den Grummelgramen fertigzuwerden, verwundert Jan zunächst. Aber dann erklärt Herr Ritter ihm, dass er ein „Seelenklempner“ ist und seiner Mama helfen wird, das Loch in ihrer Seele, in dem die Grummelgrame wohnen zu reparieren und sie so zu vertreiben …

Eine psychische Erkrankung hat immer auch eine Auswirkung auf das Umfeld. Und am schlimmsten ist es, wenn Kinder noch klein sind und nur sehr schwer verstehen können, warum sich Mama oder Papa so seltsam verhalten. Sie beziehen es auf sich und es entsteht, zusätzlich zur sowieso schon schwierigen Situation ein enormer Druck. Umso wichtiger ist es, dem Kind kindgerecht zu erklären, was vor sich geht und dass es nichts, absolut nichts dafür kann. Und leider auch nichts dagegen. Denn helfen muss sich der betroffene Elternteil selbst. Und zwar, indem er sich Hilfe holt. So wie die Mama von Jan.
4.5 Stars (4,5 / 5)

Schirin Homeier: Sonnige Traurigtage

[aartikel]3938304162:left[/aartikel]Hauptperson ist Mona. Sie hat eine psychisch kranke Mutter. An manchen Tagen ist alles gut, an anderen schafft es ihre Mama nicht einmal, vom Sofa aufzustehen, um ihr die Haustüre zu öffnen. Sie ist zu schwach zum Kochen und überall liegt alles herum. Doch nicht nur Mama ist traurig, Mona auch. Vor allem dann, wenn sie das Gefühl hat, alle um sich herum anlügen zu müssen. Die Lehrerin, die Freundin – Mona spürt, dass sie nicht über Mamas Krankheit sprechen kann. Und versucht, alles zu tun, damit Mama sich freut, gibt sich die Schuld, wenn es nicht klappt. Doch manchmal wird sie auch wütend. Zum Beispiel dann, wenn sie sich geniert, Freunde zu sich einzuladen, denn es könnte ja einer der Traurigtage sein. Eines Tages nimmt sie allen Mut zusammen und erzählt ihrer Lehrerin von der Situation und damit ändert sich alles….

Im ihrem Vorwort erklärt die Autorin zunächst einmal, was es für ein Kind bedeutet, wenn ein Elternteil psychisch krank ist. Das fängt schon damit an, dass niemand gerne und vor allem offen darüber spricht, es wird unter den Tisch gekehrt, man schämt sich, auch die Angehörigen. Für die Kinder macht es das nur noch schwerer. „Sonnige Traurigtage“ ist einer der gelungenen Beiträge in der jüngsten Vergangenheit, um Kindern in dieser Situation zu zeigen, dass sie erstens nicht schuld sind und zweitens nicht allein. Auch, wenn es ihnen oft so vorkommt.

Die Autorin geht sehr praktisch an das Thema heran, lässt Mona im zweiten Teil selbst alles erklären, was sie vom Hausarzt, dem Psychiater und den Beratungsstellen weiß – und hilft mit praktischen Tipps wie der Nummer gegen Kummer weiter.

Kleine Kinder, die ja ebenso unter einer psychischen Erkrankung leiden, müssen beim Lesen des Buches noch unterstützt werden, am besten, man sortiert vorher ein wenig aus und sucht altersgerecht heraus, was sich eignet. Aber ab etwa 8 Jahren ist es kein Problem, gerade einem Kind, das sich schwer tut, darüber zu reden, ein solches Buch auch einfach einmal in die Hand zu drücken. Sozusagen als Gesprächsbasis. Zudem sollte es in Beratungseinrichtungen und auch in Kindertagesstätten nicht fehlen. Denn die Zahl der psychischen Erkrankungen scheint zu steigen – vielleicht sieht man aber auch heute nur genauer hin. 4.0 Stars (4,0 / 5)