Verena Pavoni: Roberta, die Prinzessin in der Krone

Prinzessin Roberta lebt standesgemäß in einer großen, goldenen Krone und ihr Tagesablauf ist geprägt vom Zählen ihrer Zacken – sie läuft dabei immer im Kreis herum und kommt auf Tausende. Damit ist die kleine, feine Lady auch zufrieden, bis der Hund Bo plötzlich in ihrem Zuhause auftaucht und alles durcheinander bringt: Denn er macht Roberta klar, dass ihre Welt viel kleiner ist als sie dachte und wie zu erwarten, dauert es nicht lang, da wird sie ihr auch tatsächlich zu eng.

Es ist menschlich, dass in unseren Köpfen Begrenzungen sind, die nur wir kennen. Es ist ebenfalls menschlich, dass so mancher – zumindest anfangs – mit zu viel Freiheit völlig überfordert ist. Und es ist sozusagen erwiesen, dass es manchmal nicht schaden kann, seine eigene kleine Welt auf den Kopf zu stellen, um einen neuen Blickwinkel und damit neue Perspektiven zu erhalten. So wie Roberta das mithilfe ihres neuen Freundes getan hat.

Erste Reaktion des achtjährigen Kinderbuchprofis: Das ist ja jetzt echt mal was anderes! Ohne Kommentar.

Heidrun Petrides: Der Xaver und der Wastl

Der Xaver, der wohnt in einer Dachkammer. Wenn er aus dem Fenster sieht, sieht er nur Dächer und wenn es regnet, dann muss er mit Schirm im Zimmer sitzen. Der Wastl, der wohnt ganz unten und er sieht nur Steine und Beine. Und wenn es regnet, dann spritzen die Pfützen gegen das Fenster oder ins Zimmer. Die beiden träumen davon, ein Haus zu bauen, ein echtes. Wenn sie mal groß sind. Aber so lange müssen sie gar nicht mehr warten, denn die Gelegenheit ergibt sich schneller als sie denken. Bei einem Spaziergang entdecken sie eine alte, verlassene Baubaracke und erhalten die Erlaubnis, sie herzurichten. Einfach aber ist das nicht, aber zum Glück erhalten sie immer da Hilfe, wo sie es am wenigsten erwartet haben.
Eine wunderschöne und bereits alte Geschichte über Heimat, vom Gefühl, mit eigenen Händen ein Zuhause, etwas ganz Eigenes zu schaffen. Etwas, in dem man sich geborgen fühlen kann.
17 Jahre war die Autorin jung, als sie dieses lehrreiche und fast schon lebenserfahrene Buch schrieb, mit starken, mutigen Szenen, traurigen Momenten und Farben, die einem mit Xaver und Wastl träumen lassen.
Tolle Idee von atlantis, dieses Buch schon zwei Generationen überdauernde Kinderbuch wieder zum Leben zu erwecken!
4.0 Stars (4,0 / 5)

Georg Kohler, Claudia de Weck: Jakob, das Krokodil

Man kann es kaum glauben, aber diese Geschichte ist wahr. Eine Schweizer Familie lebte 42 Jahre mit einem Krokodil in einer Wohnung. Als es einzog, war es noch ein Krokodil-Baby. Der Vater hat es von einer Reisemitgebracht. So wie vorher schon Spinnen, ein Chamäleon und andere exotische Tiere. Doch Jakob wächst – auch mit der Familie mit. Handzahm und fast wie ein Hund Teil der Menschenwelt. Als die Kinder ausziehen, bekommt er sogar ein eigenes Zimmer mit Pool und als er die Mutter aus Versehen beim Füttern einmal leicht beißt, verweigert er danach tagelang das Fressen vor lauter Kummer.

Jakob, das Krokodil, erweist sich als das perfekte Haustier : genügsam, friedlich und manchmal sogar so etwas wie anschmiegsam.
Bei der Lektüre dieses Bilderbuchs kommt man ganz automatisch ins Staunen. Und Wundern. Und Bewundern. Dass Tiere fast schon menschliche Positionen in Bilderbüchern einnehmen, ist ja nicht neu. Dass diese Geschichten aber auf wahren Geschichten beruhen, schon. Besonders gut und pädagogisch wertvoll ist das Nachwort, das nicht nur eine ganze Menge Informationen liefert, sondern auch die ethische Frage der Haustierhaltung an sich nicht außer Acht lässt. Ein Buch, das seinen Reiz erst auf den zweiten Blick entwickelt, dann aber umso stärker und nachhaltiger.
3.7 Stars (3,7 / 5)

Lorenz Pauli und Kathrin Schärer: Oma – Emma – Mama

Ein besonders ausgefallenes und außergewöhnliches Bilderbuch trägt den Titel ‚Oma- Emma-Mama‘ uns ist herausgebracht von Lorenz Pauli und Kathrin Schärer. Bei den ‚Protagonisten‘ handelt sich um Chamäleons, die Verstecken spielen. Oma sucht und die kleine Emma auch und zwar nach einem passenden Versteck, doch nichts will klappen. Und letzendlich braucht auch Oma ein Versteck, denn Mama traut ihr wieder mal nicht zu, dass sie alleine klarkommt – in ihrem Alter. Großmutter und Enkelin sitzen also in einem Boot…

Auch dieses Bilderbuch, das sich mit dem Generationenkonflikt und der häufigen Ähnlichkeit zwischen Greis und Kind beschäftigt, besticht vor allem durch seine ganz besonderen Bilder und den nicht gerade alltäglichen Charakter des Chamäleons. Einfach mal was anderes. Schön.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Nele Palmtag: Tauschtag

Kinder lieben die Vorstellung, mit Mama oder Papa zu tauschen. Endlich mal so lange aufbleiben, wie man möchte, essen, was einem schmeckt und bestimmen, wie es laufen soll. Doch meistens stoßen sie schnell an ihre Grenzen und sind froh, wenn der Selbstversuch wieder vorbei ist und sie das sein dürfen, worum die Erwachsenen sie beneiden: Kind.

Franzi hat keinen Bock auf Schule und Anatol ist ebenfalls genervt. Er findet die Brote, die seine Eltern ihm in den Kindergarten mitgeben, superlangweilig und lang nicht so cool wie die von Kai. Papas Vorschlag, mal die Rollen zu tauschen, kommt bei den Kindern gut an. Soll sich doch der Vater mit den Broten blamieren, dann wird er schon sehen, was er davon hat. Aber Papa findet eine ganz andere Lösung. Genau wie Mama, die den Freundinnen ihrer Tochter auf faire Art und Weise zu ihrem Recht verhilft und dann doch endlich mal einsieht, was an einem Kindertag so wahnsinnig anstrengend sein kann.

as Thema ist eines von denen, die regelmäßig in die Kinderbuchwelt zurückkehren. Aber auch immer genug hergeben, um nie langweilig zu werden. Der Phantasie sind nur wenige Grenzen gesetzt und auch dieser Autorin gelingt es, einen neuen Aspekt zu beleuchten.

Ihre Zeichnungen allerdings sind etwas gewöhnungsbedürftig und ihre illustratorischen Schwerpunkte nicht immer nachvollziehbar. Liegt aber vielleicht auch daran, dass es sich um die Diplomarbeit der Autorin handelt und sie etwas vom ‚allgemeinüblichen‘ Zeichenweg abweisen wollte. Das jedenfalls ist ihr gelungen.
3.0 Stars (3,0 / 5)

Stephan Brüllhart: Leopold und der Fremde

Leopolds Mama warnt den kleinen Tiger eindringlich vor den Fremden, die unten am Wasser wohnen und Konrads Mama warnt das kleine Krokodil ebenso nachdrücklich vor den Fremden oben im Wald – die beiden Kleinen spielen also immer alleine.

Doch eines Tages rollt Leopolds Ball zum Wasser hinunter und da er ihn unbedingt wiederhaben will, wagt er sich trotz aller Warnungen hinein in das gefährliche Gebiet. Konrad und Leopold malen sich schon die schrecklichsten Dinge aus und die Angst vor dem jeweils anderen ist riesengroß. Doch dann stellen sie fest, dass der andere gar nicht gefährlich wirkte und weil sie sich wiedersehen wollen, treffen sie sich heimlich. Doch irgendwann werden sie dabei erwischt und auch aus fremden Erwachsenen werden Freunde.

An sich eine sehr schöne und einfach gemachte Geschichte über Vorurteilen all jenen gegenüber, die nicht so sind wie wir. Theoretisch. Praktisch allerdings würde ich dazu raten, die Zielgruppe der ganz kleinen Bilderbuchgenießer nicht mit einem solch heiklen Thema alleine zu lassen. Sicher, die Angst vor allem, was nur ein bisschen fremd oder anders ist, ist völlig unnötig, die beiden Tierkinder sich allerdings nachts heimlich treffen zu lassen, auch! Es ist absolut notwendig, mit dem Kind über das Thema zu sprechen und ihm klarzumachen, dass es immer zu einem kommen kann mit Fragen und dass es durchaus möglich ist, dass man auch als Eltern mal von seiner Meinung abrückt. Das Kind sollte nicht warten müssen, bis es beim Schwindeln erwischt wird.

Trotzdem, mit pädagogischer Begleitung kann dieses Bilderbuch eine gute Gesprächsgrundlage sein. Es hat sehr wenig Text und sehr einfach strukturierte, äußerst farbenfrohe Bilder. Schön auch für den Kindergarten.
3.4 Stars (3,4 / 5)