Tiina Nopola/Mervi Lindman: Drei Freunde für Siri

Mann sieht irgendwie dick aus, findet Siri und drückt mal vorsichtig, um zu sehen, ob da ein Baby drin ist. Aber da ist keines. Was Siri sehr schade findet. Das kleine Mädchen weiß grad gar nichts mit sich anzufangen. Also beschließt sie, wenn schon kein Baby, dann mindestens ein Hund. Und wie jedes Kind, das einen Hund will, kann Siri ganz schön hartnäckig sein. Frau Fröhlich will ihr ihren Hund partout nicht geben, genauso ist es bei Herrn Anton. Siri hat sich so auf das Thema versteift, dass sie gar nicht bemerkt, was um sie herum passiert … und dass eine Freundschaft mit einem, zwei, drei Menschen doch sicher mindestens so gut wäre wie ein Baby oder ein Hund. Mindestens.

Dieses Bilderbuch ist ein echter Trost für alle, die sich ein Geschwisterchen wünschen und keines bekommen, einen Hund wünschen und keinen bekommen – nur nicht für die, die sich Freunde wünschen und keine bekommen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Claire Barker: Paul und die Klettenhexe

Paul ist neu. Neu in dem Haus, in dem sie jetzt wohnen und neu an der Schule. Das allerdings findet er super, denn Paul ist hochbegabt und das hat die üblichen Schwierigkeiten an der Regelschule mit sich gebracht. Jetzt wird er eine Schule besuchen, in der nur besonders kluge Köpfe unterrichten und unterrichtet werden und Paul hofft sehr, dass er endlich einmal Freunde findet, die so ticken wie er. Das mit den neuen Freunden bewahrheitet sich sehr schnell, allerdings nicht ganz so, wie Paul es sich erhofft hat. Denn im hinteren Teil des verwunschenen Gartens seines neuen Hauses lebt die Klettenhexe und die junge Dame hat ihren Namen nicht umsonst. Wenn sie mal an jemand gefallen hat, hängt sie an dem wie eine KLette. Und an Paul hat sie ganz besonders viel Gefallen gefunden …

Dieses Buch beschreibt auf eine witzige Art und Weise, dass man sich Freunde eben nicht im Katalog bestellt. Und dass sich manchmal jemand als der beste Freund herausstellt, den man vorher nicht mal annähernd auf dem Schirm gehabt hätte.

Heidrun Petrides: Der Xaver und der Wastl

Der Xaver, der wohnt in einer Dachkammer. Wenn er aus dem Fenster sieht, sieht er nur Dächer und wenn es regnet, dann muss er mit Schirm im Zimmer sitzen. Der Wastl, der wohnt ganz unten und er sieht nur Steine und Beine. Und wenn es regnet, dann spritzen die Pfützen gegen das Fenster oder ins Zimmer. Die beiden träumen davon, ein Haus zu bauen, ein echtes. Wenn sie mal groß sind. Aber so lange müssen sie gar nicht mehr warten, denn die Gelegenheit ergibt sich schneller als sie denken. Bei einem Spaziergang entdecken sie eine alte, verlassene Baubaracke und erhalten die Erlaubnis, sie herzurichten. Einfach aber ist das nicht, aber zum Glück erhalten sie immer da Hilfe, wo sie es am wenigsten erwartet haben.
Eine wunderschöne und bereits alte Geschichte über Heimat, vom Gefühl, mit eigenen Händen ein Zuhause, etwas ganz Eigenes zu schaffen. Etwas, in dem man sich geborgen fühlen kann.
17 Jahre war die Autorin jung, als sie dieses lehrreiche und fast schon lebenserfahrene Buch schrieb, mit starken, mutigen Szenen, traurigen Momenten und Farben, die einem mit Xaver und Wastl träumen lassen.
Tolle Idee von atlantis, dieses Buch schon zwei Generationen überdauernde Kinderbuch wieder zum Leben zu erwecken!
4.0 Stars (4,0 / 5)

Petz/Jackowski: Der Dachs hat heute schlechte Laune – jetzt auch auf arabisch

Neu ist es eigentlich nicht, dieses Bilderbuch. Aber neu aufgelegt. Wobei aufgelegt auch die Hauptperson ist. Schlecht aufgelegt nämlich. Sozusagen richtig schlecht gelaunt. Und diese miese Laune gibt der kleine Dachs systematisch an alle weiter, die ihm begegnen. Egal ob Waschbär, Hirsch oder Eichhörnchen, sie werden angesteckt, bis zum Schluss der ganze Wald schlecht gelaunt ist. Ausgenommen die Amsel, die dem Dachs hilft, sein egoistisches Verhalten wieder gutzumachen und spielerisch die schlechte Laune aller zu verscheuchen.

Moritz Petz und Amélie Jackowski ist an sich schon ein Bilderbuch gelungen, das mit einfachen Mitteln zeigt, wie wichtig es ist, sich auch einmal zurückzunehmen. Nicht nur auf die eigenen Bedürfnisse zu hören, sondern sich auch Gedanken über die der anderen zu machen. Extrem goldig dabei der von mieser Laune gebeutelte Dachs, den die Französin ganz herrlich mit ihrem Pinsel einfängt. Aber besonders gut gelungen ist die Idee, genau dieses Bilderbuch ins Arabische zu übersetzen. Denn auch, wenn dieser Trend langsam zunimmt, kann man doch sagen, dass die Verlage, die sich beteiligen, hier wirklich als Vorreiter und Weiterdenker bezeichnet werden können.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Andrej Usatschow und Anke Faust: Bin ich anders?

Ein Schnabeltier, das in Europa lebt, das hat es nicht einfach. Es sieht aus wie ein Maulwurf, hat einen Entenschnabel und legt Eier. Die anderen Tiere wollen nichts mit ihm zu tun haben, machen sich lustig über sein Aussehen und versuchen es gar soweit zu bringen, dass es sich etwas antut. Egal, was das Schnabeltier probiert, es ist und bleibt unbeliebt und ausgestoßen. Zuerst vergräbt es sich, taucht nur nachts im Fluss nach Würmern und Krebsen. Doch dann beschließt es irgendwann verzweifelt, vor der Situation davonzulaufen – bis ans Ende der Welt. Doch als es da ankommt, erwarten das kleine Schnabeltier eine ganze Menge Überraschungen.

Mal abgesehen davon, dass die Übersetzerin Simone Peil einen massiven Grammatikfehler eingebaut hat, der auch dem Lektorat entgangen zu sein scheint und mal abgesehen davon, dass so etwas bei einem Bilderbuch eigentlich nicht passieren sollte: Das Buch ist klasse. ‚Bin ich anders?‘ zeigt sehr schön, wie einsam und verzweifelt sich Menschen fühlen, die von anderen gemobbt werden, die keine Freunde finden und niemanden haben, dem sie sich zugehörig fühlen können. Der in Russland ziemlich bekannte Autor Andrej Usatschow hat die Angst und das Misstrauen des kleinen Tieres bei seiner Ankunft in Australien mit wenigen Worten eingefangen, perfekt unterstrichen durch die raffinierten Illustrationen von Anke Faust. Das Wort Toleranz bekommt hier eine ganz neue Bedeutung.

‚Bin ich anders?‘ ist ein Bilderbuch. Allerdings eines, das nicht nur die eigentliche Zielgruppe anspricht, sondern sich an jede Altersgruppe wendet. Es eignet sich als optimale Grundlage für Gespräche zum Thema Mobbing. Im Unterricht, aber sicher auch schon im Kindergarten.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Brigitte Endres/Joelle Tourlonias: Hallo, ich bin auch noch da!

Eines gleich vorweg: Endlich mal wieder ein richtig gutes Bilderbuch. Eines, das alles hat, was ein Bilderbuch braucht: Gute Zeichnungen, kindgerechte Texte und ein kleines bisschen ‚Die Moral von der Geschicht…‘.

Doch worum geht es? In einem kleinen Zooladen mitten in der Stadt bleiben viele Leute, eher kleine als große, vor den Käfigen hängen. Sagen ‚Oh, wie niedliche‘ oder ‚Ach, wie süß‘, meinen aber immer nur die Kaninchen, die Wellensittiche oder Meerschweinchen. Nie bemerkt einer das kleine Chamäleon, das sich doch jedes Mal so chic macht, wenn einer in den Laden kommt. Sein Schwänzchen zu einer extrahübschen Schnecke dreht und ganz nah an die Scheibe kriecht. Irgendwann hat es genug davon und haut ab. Nach einer Odyssee durch die gefährliche Stadt landet es in einem Bäckerladen, wird beim Anblick einer Schabe unvorsichtig und wäre, inzwischen komplett bemehlt, beinahe geschnappt worden. Beinahe, wäre da nicht Camée gewesen. Das kleine Mädchen, das selbst dauernd damit zu kämpfen hat, dass es nie richtig wahrgenommen wird, rettet das Chamäleon und nennt es Leon. Cha-Mehl-eon!

Übersehenwerden tut weh. Da macht dieses Buch keinen Hehl draus. Aber es zeigt auch, dass es Lösungen gibt: Die richtige Freundschaft kann eine davon sein.
5.0 Stars (5,0 / 5)