Hans Hopf: Kinderträume verstehen

Wir alle verarbeiten in unseren nächtlichen Träumen, das, was wir erlebt haben bzw. was uns beschäftigt. Doch wir Erwachsenen erleben in der Regel lang nicht so viel wie unsere Kinder – die sich täglich mit einer Menge Neuem auseinandersetzen müssen. Was sich auch in ihren Träumen zeigt. Die Erzählungen am Morgen sind meistens spannend – und so manches Mal zeigen sich auch ängstliche Aspekte. Dieses Buch zielt darauf ab, Eltern, Erziehern und Lehrern Traumbilder zu erklären und Deutungen nahezubringen – psychologische Vorkenntnisse sind dafür eigentlich nicht notwendig. Der Kinder- und Jugendtherapeut Hans Hopf hat zahlreiche Beispiele gewählt und interpretiert diese. Er zeigt altersbedingte Gemeinsamkeiten genauso auf wie ganz typische Muster bei Problemen. Und fasst zum Schluss einfach verständlich zusammen, was die Wissenschaft über die Träume von Kindern und Jugendlichen weiß. Auch Fachbegriffe werden noch einmal gut verständlich erklärt.

Ein Buch, das sich nicht nur für Laien, sondern auch als Hintergrundwissen für Fachleute eignet. Wobei es durchaus vorkommen kann, dass diesen das Buch zumindest in Auszügen sehr bekannt vorkommt. Es gab schon einmal eine Ausgabe in den Neunzigern – allerdings mit einem fürchterlichen Cover.

Sophie Seeberg: Die Schanin hat nur schwere Knochen

Sophie Seeberg ist Diplom-Psychologin und Gerichtsgutachterin und das Buch mit dem schwer lesbaren Titel ist bereits ihr zweites Werk über das, was sie täglich mit ihrer Arbeit erlebt. Dabei will sie sich keinesfalls lustig machen – dazu sind viele der Geschichten auch viel zu tragisch – aber sie versucht, mithilfe von Humor das zu verarbeiten, was sie täglich erlebt. Auch an Schrecklichem. Und da sie einen schönen Schreibstil hat, macht sie das in Form von Büchern.

Darin beschreibt sie ihre skurrilsten Erlebnisse, manchmal sicher auch reichlich überzogen, aber nie respektlos. Sie erinnert sich an ihre ersten Termine, an ihre Hilflosigkeit und sinnlose Versuche, anderen Chancen zu geben. Sie erinnert sich aber auch an liebevolle Menschen, die irgendwie die Kurve nicht kratzen können und sie prangert Kollegen an, die das Klischee der bösen Frau vom Amt durch und durch erfüllen -ähnlich der Prusseliese aus Pippi Langstrumpf. So wie in der Geschichte des vom Schicksal gebeutelten Herrn Sondermanns. In der sie am Schluss zugibt, dass sie sich zwar ein wenig unprofessionell verhalten hat, dies aber trotzdem schön fand.

Ein Buch, das einen staunen lässt über all die wahr gewordenen Klischees, das einen schmunzeln lässt über die Dummheit mancher und das einen fassungslos zurücklässt über die Entscheidungen mancher Richter. Ein Sachbuch der ganz anderen Art. An dem man eigentlich nur zwei Sachen kritisieren kann: Erstens kann man es nicht am Stück, sondern muss es auf Etappen lesen, denn sonst wird es irgendwie langweilig und zweitens ist die Umschlaggestaltung absolut kontraproduktiv.
3.7 Stars (3,7 / 5)

Peter Teuschel: Der Mann, der sich in die Zebrafrau verliebte

Kennt man den Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte, dann weiß man auch, wie der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie auf den Titel kommt. Und auf die Idee, ein paar spektakuläre Fälle der Öffentlichkeit zu präsentieren. Da ist einmal der Mann, der seit Jahren in ein Heim abgeschoben brav immer die Tabletten gegen den Wahn nahm und eines Tages plötzlich damit aufhörte – um die Zebrafrau aus Bowies Musikvideo zu küssen oder die Frau, die immer wieder von einer Stadt aus Marmor träumt und erst mit Hilfe des Arztes das Rätsel lösen, aber dann nur wenige Tage genießen kann.

Wer sich für die Untiefen der Seele interessiert, für all das, was nicht der Norm entspricht, nach außen hin aber so aussieht, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt. Mit Oliver Sacks kann Teuschel allerdings nicht mithalten. Was nicht unbedingt am Spektakulären der Fälle liegt, sondern eher am Stil.
Trotzalledem ein lesenswertes Buch – nicht nur für angehende oder versteckte Seelenklempner, sondern auch für die Menschen, die gerne hinter die Kulissen sehen. Denn da erfährt man viel über den Menschen Peter Teuschel. Und das ist etwas Besonderes in der Welt der Therapie.

Wer mehr von diesem Autor lesen möchte, der sollte seinem Blog folgen. Auch der ist durchaus lesenswert.
3.6 Stars (3,6 / 5)

Renate Ahrens: Seit jenem Moment

Es geht um Paula. Die, als sie die Nachricht vom Selbstmordversuch ihres Vaters hört, zum ersten Mal so richtig aus der Bahn geschmissen wird. Ist ihr Leben sonst doch eher ruhig und zufrieden. Sie malt die immer wieder gleichen Auftragsbilder für eine Galerie, lebt mit dem liebevollen Journalisten Jakob zusammen und hat sich gegenüber der Probleme ihrer Familie immer erfolgreich verschlossen. Doch jetzt kann sie das nicht mehr. Einmal an der Oberfläche gerüttelt, kommt Entsetzliches zutage: Paulas Tante Luise ist im Alter von drei Jahren ums Leben gekommen und wurde danach totgeschwiegen. Dieses Tabu und die Nichtverarbeitung der Trauer hatten gravierende Folgen für jedes einzelne Familienmitglied und legen sich nun auch wie ein Schatten über Paulas Seele. Sie kann nicht mehr malen, entwickelt regelrecht Abscheu gegenüber ihrer Arbeit und zieht sich völlig in sich selbst zurück. Doch dann kommt der Wendepunkt und Paula beginnt, an dem Tabu zu rütteln. Was für sie nicht nur künstlerisch gravierende Folgen hat, sondern auch menschlich.
Dieser Roman reiht sich perfekt ein in die bisherigen der Schriftstellerin Renate Ahrens. Und könnte typischer für sie gar nicht sein. Es sind die seelischen Abgründe, die diese Frau interessieren. Das, was unter einer nach außen glatten Oberfläche brodelt und jahrelang mit Gewalt heruntergedrückt wird. Besonders gut zeigt sich das in der Figur des Vaters, der durch seine vermeintliche Schuld am Tod der kleinen Schwester sein Leben lang depressiv war. Nicht ganz so gelungen dagegen ist die Figur des kaltherzigen Großvaters bzw. deren Auflösung. Renate Ahrens verpasst ihm eine Demenz, die sein Wesen sich öffnen lässt und in rasender Geschwindigkeit für Aufklärung und Aussöhnung sorgt. Die Facetten, die gerade hinter dieser Figur stecken, kommen ein wenig zu kurz. Der trauernde Vater hätte mehr Aufmerksamkeit verdient. Genauso wie die Tatsache, warum er sich dem Willen seiner gramgebeugten Frau unterordnete, die Luises Tod auslöschen will durch die Geburt eines weiteren Mädchens, die grausam den Buben seelisch vernachlässigt und herrisch versucht, alle unter Kontrolle zu halten. Und der es fast gelungen wäre, nicht nur ihr Leben, sondern auch das ihrer Nachkommen auf einer inneren Ebene total zu zerstören.
4.1 Stars (4,1 / 5)

Barbara Berckhan: Wie Sie anderen den Stachel ziehen, ohne sich zu stechen

So manch einer macht einem das Leben schwer: Schwierige Menschen können sehr distanziert sein, unentschlossen, cholerisch, sie können sich das Maul zerreißen über andere oder dauernd beleidigt sein – Varianten gibt es viele. Die, wenn wir ehrlich sind, alle auch ins uns stecken. Genau deswegen behandelt die Autorin ‚schwierige Menschen‘ auch nicht als Kategorie, sondern mit Verständnis: „Das Verständnis, das ich mir auch für mein Schwierigsein wünsche.“ Barbara Berckhan ist Kommunikationstrainerin und ihre Art zu schreiben zeugt nicht nur von Kompetenz, sondern auch von einer guten Prise Humor.
Menschen, die wir als schwierig bezeichnen, haben Muster entwickelt. Ein über Jahre antrainiertes und erlerntes Verhalten wird immer wieder abgespult und nervt dabei die anderen. Wie solche Verhaltensmuster bereits in der Kindheit entstehen, wie man die Fesseln der Gewohnheit abstreifen kann und warum man nicht gleich jeden, der sie im Übermaß zeigt, verurteilen sollte, das erfährt man gewohnt übersichtlich in diesem GU-Band. Besonders interessant der selbstkritische Aspekt. Das Beleuchten des Anteils, der von jedem schwierigen Charakterzug auch in uns steckt. Inklusive der Tipps, was man lernen kann aus dem Umgang mit dem Nörgler, dem Antriebslosen oder dem Wüterich. Denn in all diesen Eigenschaften stecken – in der richtigen Dosis – wichtige Kernkompetenzen, die man sich selbst ebenfalls zunutze machen kann.
Ein Plädoyer für die Toleranz und die Tugend, aus allem das Beste zu machen.