Julia Volmert/Elke Broska: Ein Rucksack voller Glück

Das Auto muss in die Werkstatt und der geplante Ausflug fällt ins Wasser. Flo und Mia sind echt enttäuscht. Doch dann erzählt ihnen ihre Mama vom Glücksrucksack: Jeder Mensch, vom Baby bis zum Opa, trägt einen unsichtbaren Rucksack auf dem Rücken. Der eine ist schwer und voller Sorgen, drückt den Rücken des Betroffenen weit nach unten und lässt ihn traurig schauen. Ein anderer ist randvoll und wenn man glücklich verliebt ist, dann wachsen dem Rucksack sogar Flügel. Die Mama zeigt den beiden, wie man schlechte Gefühle durch gute ersetzt. Was man tun kann, damit der Rucksack wieder schön leicht wird.

Dieses Bilderbuch ist so, wie man es von Julia Volmert gewohnt ist. Allerdings fehlt es ein bisschen am Spannungsbogen. Irgendwie erwartet man sich mehr. Aber der Ansatz ist gut. Die Idee, die Seele als Rucksack darzustellen, den man beliebig füllen kann, macht das Thema deutlich anschaulicher und lang nicht so abstrakt wie es eigentlich ist.

Ein schönes Extra, ganz typisch für die Bücher aus dem albarello-Verlag, sind die Glückspostkarten im Buch. Wunderbar geeignet, anderen ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern und somit auch deren Glücksrucksack mit Positivem zu füllen.
2.9 Stars (2,9 / 5)

Soheyla Sadr: Anne und Pfirsich oder: Wo unsere Seele zu Hause ist

Dieses Bilderbuch ist kein leichter Tobak. Es handelt von der Seele, ein Begriff, den wir Erwachsenen kaum verstehen und von dem es fast unmöglich ist, ihn Kindern nahe zu bringen. Aber es kann gelingen und mit Unterstützung dieses Werks aus der Feder von Soheyla Sadr noch vertieft werden.

Anne ist ein kleines Mädchen und Pfirsich ihre Oma, deren Haut so weich und schrumpelig ist wie die besagte Frucht. Wenn Oma philosophiert, dann beginnt sie immer mit den gleichen Worten: An und für sich… – Anne und Pfirsich.

Oma erzählt Anne vom Lichtergarten, den sie in sich trägt. Davon, wie dieser verdorren kann, dass es dort auch regnen und donnern kann und wie man ihn jederzeit wieder zum Blühen bringt. Von meditativen Momenten, von der Wichtigkeit, auch mit sich selbst allein sein zu können. Und dann bäckt die lebensweise alte Frau mit dem Kind einen Kuchen, sie singen Lieder und spielen mit der Katze. Und düngen mit all diesen schönen Erlebnissen ihren Lichtergarten.

Dieses Buch ist zauberhaft. Die Zeichnungen Soheyla Sadrs sind dem Thema entsprechend, einziger Kritikpunkt: die Sprache. Sie ist sehr erwachsen, wenig kindgerecht. Und doch hören schon Vierjährige, gerade dann, wenn sie mit diesem Thema vertraut sind, fasziniert zu. Kein Bilderbuch für mal eben zwischendurch, aber eines mit tröstendem Charakter, das sich für viele Situationen – unter anderem zum Beispiel auch für einen Gottesdienst – verwenden lässt.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Stephenie Meyer: Seelen

Man ist versucht, zu glauben, dass der Erfolg der Biss-Saga nicht zu toppen ist. Ist er vielleicht auch nicht, aber dieses Buch einer jungen Autorin schlägt richtig Wellen – in der eigenen Seele.

Man nennt die Außerirdische ‚Wanderer‘, weil sie bereits so viele Welten durchreist hat, diese Seele, die noch nirgends ein Zuhause gefunden hat. Und das scheint auch auf der Erde so zu bleiben, die gerade von den extraterrestrischen Seelen übernommen wird. Denn sie und ihr Wirtskörper der 17-jährigen Mel kommen nicht wirklich miteinander klar. Mel ist eine Rebellin und lässt sich nicht mal einfach so zum Schweigen bringen, schon gar nicht zum Verlöschen. Sie überlässt dem Wanderer nicht kampflos ihren Körper. Stattdessen quatscht sie dauernd dazwischen und bringt die sie besetzende Seele letztendlich dazu, etwas zu tun, was einer Seele absolut zuwider ist: Vertrauen missbrauchen. doch Mels Grund ist nachvollziehbar. Sie sucht ihren Lover und ihren kleinen Bruder, denen sie versprochen hat, dass sie zurückkommen wird.

Die Menschen machen es der friedfertigen Seele nicht leicht. Entgegen aller Vernunft machen sich Wirt und Seele auf den weg, mit Erfolg. Doch als die beiden Jamie und Jared auftreiben, die mit einigen anderen Menschen versteckt in unterirdischen Höhlen nter der Wüste leben, wird es schwierig. Denn abgesehen von der Abneigung und manchmal auch dem Hass der Gruppe gegen die Seele an sich, machen Wanda, wie sie hier nach einiger Zeit genannt wird, auch die seltsamen Gefühle für Jared zu schaffen. Ihr Körper, dessen Chemie wie verrückt reagiert, sobald er in ihre Nähe kommt, will so gar nicht einsehen, dass die Seele selbst sich eigentlich eher zu Ian hingezogen fühlt.

Das alles klingt jetzt wie eine süße kleine niedliche Lovestory. Ist es, aber nur am Rand. Denn die Handlung dieses Science-Fiction-Romans ist nicht nur spannend, sondern bis ins letzte Detail durchdacht. Auch wenn die Idee der Übernahme des menschlichen Körpers durch Aliens wahrlich nicht neu ist. Doch der Kampf zwischen dem Wanderer und Melanie, der zu Zuneigung und ja gar Aufopferung wird zwischen Wanda und Mel, die Flucht vor der Sucherin, die es – entgegen den Gepflogenheiten ihrer Leute – aus gutem Grund nicht lassen kann, die verlorene Seele zu jagen und die Gefühle zu Ian, die zu einem erneuten inneren Kampf führen – echter Filmstoff. Und weil das so ist, hat Stephenie Meyer ein Zusatzkapitel verfasst, das die Perspektive wechselt. Hut ab vor dieser Story.

Ronlyn Domingue: Alle Tage, alle Nächte

Es ist der erste Roman der Autorin und es ist eine der schönsten Liebesgeschichten, die es auf dem Markt gibt. Die Geschichte von Raziela, die nach ihrem frühen Tod in der Zwischenwelt verweilt und um ihre verlorene Liebe Andrew trauert, geht nahe. Verdammt nahe.

Amerika, New Orleans, die wilden Zwanziger: Raziela verkörpert genau den Typ Frau, der uns aus dieser Epoche in „Erinnerung“ geblieben ist. Lebenslustig, klug und ganz ihrer Weiblichkeit bewusst kämpft sie für ihre Ziele. Sie will Ärztin werden, will Frauen den Weg zur Empfängnisverhütung weisen, will die ach-so-männliche Welt verändern. Obwohl sie dem maskulinen Teil der Menschheit durchaus nicht abgeneigt ist, vor allem nicht Andrew…. Die beiden sind wie füreinander geschaffen, doch Raziela zögert mit der Antwort, als Andrew sie um ihre Hand bittet. Sie bekommt nie mehr die Gelegenheit ihm zu antworten, denn es kommt zu einem tödlichen Unfall, über den Andrew nie hinwegkommt. Aber auch sie nicht. Ihre Seele verweilt in der Zwischenwelt, körper-, schwere- und rastlos. Bis sie ihn bzw. seine Blutspur wieder findet.

Die Autorin, 1969 geboren, ist bereits für einige ihrer Kurzgeschichten ausgezeichnet worden, „Alle Tage, alle Nächte“ sollte zunächst ebenfalls eine solche werden, wurde dann aber doch zum Roman ausgebaut. Glücklicherweise. Ein Besuch ihrer Website lohnt sich vor allem nach der Lektüre des Buches, denn es sind dort Textpassagen zu finden, die ihren Weg nicht zwischen die Buchdeckel gefunden haben und damit noch mal eine ganz besondere Ergänzung darstellen.

„Alle Tage, alle Nächte“ wurde aus dem Englischen von Miriam Mandelkow und Susanne Höbel übersetzt. Nicht besonders gelungen ist dabei die Übersetzung des Titels, denn der Originaltitel „The mercy of thin air“ trifft es deutlich besser.
5.0 Stars (5,0 / 5)