“Tu dies nicht und das nicht“, „sowas macht man doch nicht“ oder „hast du schon einmal einen Erwachsenen gesehen, der mit Schimpfwörtern um sich geschmissen hat?“ Natüüüüüüürlich nicht. Könnte man auf den ersten Blick vielleicht auch glauben, aber auf den zweiten? Und genau mit diesem zweiten Blick arbeitet dieses Bilderbuch. Denn die Zeichnungen – und damit die Realität – widersprechen den Aussagen. Ein Heidenspaß, wenn sich Erwachsene und Kinder das Buch gemeinsam ansehen.
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Daniel Fehr/Lotte Bräuning: früh los
Jon darf mit Opa einen Ausflug machen. Sie wollen auf den großen Berg, den Opa vor vielen, vielen Jahren schon einmal bezwungen hat. Der Weg dahin ist spannend, der alte Mann und der kleine Junge entdecken überall Faszinierendes, sie lassen Steine über den Gebirgssee springen, beobachten Waldmäuse und machen immer wieder Rast. Und irgendwann beschließen sie umzudrehen.
So einen Opa wünscht sich jedes Kind. Einen mit Zeit. Einen mit Geduld. Und einen, der in der Lage ist, die richtigen Entscheidungen im richtigen Augenblick zu treffen. Ein sehr süßes Bilderbuch, das mit wenig Worten viel ausdrückt.
Tobias Steinfeld: Scheiße bauen: sehr gut
Vor kurzem war Paul noch ein ganz normaler Achtklässler an einem ganz normalen Gymnasium. Doch plötzlich findet sich der Vierzehnjährige in einem Förderzentrum wieder. Eigentlich zum Schnupperpraktikum, aber aufgrund einer Verwechslung sitzt Paul auf einmal als Per, der Neue, in einer Klasse mit geistig und teilweise auch körperlich eingeschränkten Mitschülern. Was er gar nicht so schlecht findet, bedeutet es doch, dass er nicht nur ums Arbeiten herumkommt, sondern auch noch ganz offiziell zocken und chillen kann. „Fatih zwinkert mir zu. Ich zwinker übertrieben zwinkertickmäßig zurück. ‚Bist du behindert?‘, fragt er. Vielleicht bin ich ja in Wirklichkeit auch behindert. Woher weiß ich das? Wissen die Behinderten denn überhaupt, dass die behindert sind?“ Diese Frage und die Frage, ob nicht vielleicht alle anderen, und zwar die, die sich für ‚normal‘ halten, viel behinderter sind, fragt sich der Per-Paul in den nächsten Tagen immer öfter. Er freundet sich mit Fatih an – eine Freundschaft, die gravierende Folgen hat. Denn auch hier gibt es fürs Scheiße bauen keine Eins.
Der Autor dieses Buches, Tobias Steinfeld, jobbte während seines Studiums an einer Förderschule, sein Coming-of-Age-Roman ist sozusagen so eine Art authentischer Einblick. In eine Schulform, die wie jede andere auch, aus der Individualität der Individuen besteht.
Tobias Goldfarb: Niemandsstadt
In der heutigen Zeit eine Dystopie zur Hand zu nehmen, grenzt ja schon fast an Selbstaufgabe. Zumindest dann, wenn es um Viren geht, um das Leben in Schutzräumen unter der Erde, um Infizierte, die auf der verzweifelten Suche nach Nahrung zu allem fähig sind. Aber es gibt ja auch dystopische Geschichten, die nicht ganz so heftig sind. So wie diese. Josefine, die Protagonistin des Buches, ist in der Lage, Welten zu wechseln. Wie sie das genau macht, ist ihr eigentlich gar nicht klar, zunächst auch nicht, dass sie es macht, aber dann merkt sie doch schnell, dass sich die Niemandsstadt in entscheidenden Punkten von ihrer Realität unterscheidet. War es vor langer Zeit noch ganz normal, dass es Weltenwandler gab, so sind diese immer weniger geworden und eine Leere breitet sich in Niemandsstadt aus. Eine gefährliche Leere – fast wie die der unendlichen Geschichte. Und auch sie muss bekämpft werden. Gemeinsam. Womit der Bogen zu den heutigen Problemen wieder gespannt ist.
Nickel und Horn: zwei Detektive mit Durchblick
[aartikel]352218436X:left[/aartikel]Nickel und Horn sind ein tierisches Gespann: ein Papagei und ein Meerschweinchen, die bei einem alten Herrn leben, der anno dazumal ein erfolgreicher Detektiv war und dem sie damals noch kräftig zur Hand gingen. Doch jetzt ist der Lehnstuhl das Zuhause des alten Mannes, er schläft die meiste Zeit und wird nach allen Regeln der Kunst von seinem Hund Schlappi bewacht, der vor Sorge um den Gesundheitszustand seines Herrchens möglichst jede Aufregung vermeiden möchte. Aber Nickel und Horn langweilen sich und als eines Tages ein kleiner Junge klingelt und den Detektiv um Hilfe bittet, springen die beiden Tierchen heimlich ein. Die Suche nach dem verschwundenen Pupsetierchen des kleinen Paul ist ihr erster Auftrag, den sie ganz alleine hinbekommen müssen und das birgt einiges an Gefahren und aufregenden Situationen.
Der Schreibstil dieses Kinderbuchs ist leicht verständlich, das Buch ist nicht zu viel und nicht zu wenig bebildert und die Buchstaben sind relativ groß. Und doch ist der Anspruch da, auch von einem Dritt- oder Viertklässler gelesen zu werden, denn es sind durchaus Wörter verarbeitet, die nicht ganz einfach sind und auch vom Satzbau kann man das nicht behaupten. Genau das richtige Maß an Herausforderung für Kinder, die über das Erstlesen bereits heraus sind. Dass die Protagonisten Tiere sind passt für die Zielgruppe ebenfalls gut – wobei hier sowohl Mädchen als auch Jungs angesprochen werden. Letzere vor allem durch das immer wieder allseits beliebte Thema des Pupsens, was ihnen in regelmäßigen Abständen dieses ganz spezielle Grinsen ins Gesicht zaubert.