Gernot Gricksch: Morgens in unserem Königreich

Nur wenige verstehen es wie Gernot Gricksch, sowohl Männer als auch Frauen zu faszinieren mit ihren Geschichten. Auch diese ist wieder für beide Geschlechter geeignet. Es geht um Arne, die durch das Zusammenkommen einiger ungünstiger Umstände ausgerechnet bei den Zeugen Jehovas unterschlüpfen muss. Eine andere Welt, eine andere Denkweise – und doch irgendwie faszinierend für den jungen Mann, der normalerweise seine paar Kröten in einer Würstchenbude in der Nähe der Rotlichtmeile verdient und sonst am allerwenigstens mit Menschen zu tun hat, die so viel anhaben, so viel denken und so vehement überzeugt sind von etwas, was ihm wie ein völliger Unsinn erscheint. Aber da ist eben auch Johanna, die zwar bis dato nie an ihrem Glauben und vor allem der dazugehörigen Gemeinschaft gezweifelt hat, die aber auch nie wirklich hineingepasst hat.

Arne öffnet ihr die Augen und zwar nicht nur darüber, sondern auch gleich noch über ihren Verlobten Matthias – und sie hilft ihm, sein Leben wieder auf die Reihe zu bringen. Und setzt damit einiges aufs Spiel.

Das Thema Zeugen Jehovas ist extrem gut gewählt, denn darüber weiß man in der Regel wenig. Die Einblicke, die Gricksch einem in die Glaubensgemeinschaft gibt, mögen nicht komplett authentisch sein, aber sie sind sicher überzeugend. Dass er wie fast immer den richtigen Ton trifft, dass seine Bücher echtes Filmpotenzial haben und die reinsten Pageturner sind – das weiß man und da wurde man auch diesmal nicht enttäuscht. Leichte Lektüre mit tiefem Hintergrund.
4.7 Stars (4,7 / 5)

Vom 16. bis 21. Juli: White Ravens Festival

Kurzmitteilung

Das White Ravens Festival ist auch in diesem Jahr wieder Schau- und Tummelplatz der Kinder- und Jugendliteratur. Hier trifft man Autoren und Illustratoren, hier können Lehrer noch was lernen und Kinder Schreibwerkstätten besuchen. Hauptveranstaltungsort ist Schloss Blutenburg, Sitz der Internationalen Jugendbibliothek in München. Aber die eingeladenen Gäste gehen auch auf Bayerntour. Schulen, Bibliotheken und andere Veranstalter, die interessiert sind, haben noch Chancen, müssen sich aber beeilen.

Into the wind

Kurzmitteilung

Vom 25. Mai bis 3. Juni 2016 veranstaltet der Verein kulturkind in Berlin die ersten „Into the Wind! Nordische Kinder- und Jugendliteraturtage“. Neben Dänemark, Finnland, Island und Grönland werden auch Autoren und Illustratoren von unbekannteren nordischen Weltflecken wie den Färöer-Inseln ihre Werke vorstellen.

F.X. Mayr für zuhause

Basisch leben, den Körper mal so richtig entsäuern – wer heutzutage kein Yoga macht oder mit dem Faszienball hantiert, der lässt sich zumindest darauf ein. Klingt ja auch ganz nett: Einfach die sauren Lebensmittel weglassen und schon wird alles besser: Haut, Stimmung, Gewicht.
Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht. Es gilt Eigenverantwortung zu übernehmen und auch hier, den inneren Schweinehund zu überwinden. „Eine Ernährungsumstellung gleicht einer Reise auf zwei Ebenen: der kulinarischen und der mentalen. Der dafür benötigte Reiseführer ist dieses Buch.“ Wobei die Rezepte nicht alle unter den Aspekt „schnelle Küche“ fallen, eher wird dem Thema Essen als Lebensgenuss das Kochen als Lebensgefühl an die Seite gestellt. Möglicherweise nicht immer nach jedermanns Geschmack. Und nicht immer absolut alltagstauglich.

Der gerade für den Anfänger besonders interessante Aspekt, welche Lebensmittel basisch sind und welche Basenräuber, kommt bei diesem Buch in der einfachen Übersicht ebenfalls ein wenig zu kurz. Hier gibt es für den Einsteiger deutlich bessere. Auch die Absätze über Nahrungsmittelunverträglichkeiten und den Darm als Ernährungsgehirn an sich hätten durchaus ausführlicher ausfallen dürfen. Genau wie die optische Gestaltung, die doch eher bei den Basics bleibt. Und damit die Unmotivierten sicher nicht besonders motiviert.
1.5 Stars (1,5 / 5)

Abschied von Umberto Eco

Kurzmitteilung

Hunderte Menschen haben in Mailand von Umberto Eco Abschied genommen, seine Trauerfeier wurde im Fernsehen übertragen, während zahlreiche italienische Städte ihre Flaggen senkten. Der Schriftsteller und Kolumnist, weltberühmt geworden durch seinen Bestseller „Der Name der Rose“, liebte Wortspiele und war einem guten Glas Whiskey nicht abgeneigt. Er verstand es zu leben und das Leben zu kommentieren. Und trotzdem war er niemand, der die Öffentlichkeit suchte.

Dani Atkins: Die Nacht schreibt uns neu

Ein schreckliches Unglück tötet eine von drei Freundinnen und damit fast auch Freundschaftsbande, die lebenslang hätten währen sollen. In Kombination mit der obligatorischen Liebesgeschichte inklusive Gefühlsverwirrung ist das die Kurzbeschreibung dessen, was den Leser erwartet.

Das Buch ist in der Retrospektive geschrieben, beginnt mit dem Heute. Einem festlichen Tag. Wohl die Hochzeit? Doch die Hochzeit mit wem, fragt man sich während der Lektüre. Die mit dem smarten Amerikaner, der ihr das Leben gerettet hat oder doch dem Altbewährten, der sich nicht wirklich als Freund erwiesen hat? Der aber auf ewig Besserung schwört?

Das Buch zieht einen lang nicht so in seinen Bann wie „Die Achse der Welt“. Obwohl es allein schon die Umschlaggestaltung versprach. Sie ist nicht schlecht, die Geschichte, aber irgendwie auch an den Haaren herbeigezogen und reichlich übertrieben. Um mit so viel Kitsch zu arbeiten, hätte die Grundidee deutlich besser sein müssen. Das Ende allerdings ist nicht schlecht. Aber gerade, wenn einem der Vorgänger extrem gut gefallen hat, sollte man dieses Buch lieber stehen lassen und aufs nächste warten. Und dabei hoffen, dass die Autorin wieder ganz zu ihrem alten Stil zurückfindet.
2.9 Stars (2,9 / 5).

Henn/Schmidbauer: Ostwind 3 – Aufbruch nach Ora

Der von vielen Fans lang ersehnte dritte Band der Saga über das Mädchen Mika und sein Pferd Ostwind, Aufbruch nach Ora, ist seit Kurzem im Handel und galoppierte geradewegs auf die Bestsellerlisten. Nicht zu unrecht. Denn dieses Buch bietet nicht nur jugendlichen Lesern alles, was ein zu Herz gehendes Buch braucht: eine Menge Tränen, Hoffnung, Liebe und ein unglaubliches Ende.

Man könnte ja meinen, es wäre jetzt endlich mal Ruhe im Karton auf dem Gut Kaltenbach. Mika hat den Hof gerettet, das Gestüt ist nun Therapiezentrum. Doch dass es eigentlich nicht die Pferde sind, die den Therapeuten brauchen, sondern die dazugehörigen Menschen, dass es so vielen an Einfühlungsvermögen fehlt für die schönen Tiere, das macht Mika wahnsinnig. Dann allerdings passiert etwas, das alles andere in den Schatten stellt und Mika muss mit Ostwind, der eigentlich lieber bei seiner geliebten trächtigen Stute bleiben würde, eine schwere Reise antreten.

Waren die Bücher vorher schon spannend, so übertrifft es dieses um einiges. Ostwind 3 ist eines von den Büchern, die man nur notgedrungen aus der Hand legen würde, die man den ganzen Tag in seiner Tasche herumschleppt, um jede nur mögliche Minute zum Lesen zu nutzen. Auch das Erscheinungsdatum dieses Buches ist genau richtig. Tausende von Mädchen werden es im Nikolaussäckchen oder auf dem Gabentisch liegen haben. Und werden dann ganz schnell die Welt um sich herum vergessen und hineintauchen in die Geschichte von Mika und Milan, Ostwind und 34.
4.5 Stars (4,5 / 5)

Robert Schleip: Faszien in Sport und Alltag

Faszien sind so ziemlich das Faszinierendste, was in den letzten Jahren seinen Weg ins medizinische Allgemeinwissen gefunden hat. Erst 2007 hat der erste Kongress der Faszienforschung in Boston stattgefunden. Glaubte man jahrzehntelang, Verspannungen säßen in den Muskeln, so weiß man heute, dass es meist eher das über den Muskeln sitzende Fasziengewebe ist, das Schmerzen verursacht. Der führende Faszienforscher Robert Schleip, der nicht nur Humanbiologe, sondern auch Psychologe ist, hat gemeinsam mit Amanda Baker, einer Yogalehrerin, dieses Buch entwickelt. Und dabei zahlreiche Experten zu Wort kommen lassen: Über ein Gewebe, das man viel zu lange außer Acht gelassen hat und das, den Körper wie ein Netz umspannend, stark von der persönlichen Vorgeschichte der Spannungskräfte abhängt.

In diesem Buch hier erfährt man ausführlich, was Faszien überhaupt sind, welche Auswirkungen Störungen in ihrem Bereich haben können, wie Verletzungen oder chronische Schmerzen entstehen können, wenn das Fasziengewebe verspannt ist und wieso elastische Faszien für Kampfsport unerlässlich sind. Allerdings sehr theoretisch. Das Buch wirkt fast wie das Fachbuch eines Studenten und nicht wie eines, in dem man gerne auch als Laie mal ein bisschen herumstöbert. Gleiches gilt für die Sprache: Auch sie richtet sich in vielen Fällen eher an Personen mit medizinischen Vorkenntnissen.
3.0 Stars (3,0 / 5)