„Im Land der Windmühlen lebten Männer, Frauen und Kinder, genau wie sonst auch überall. Bis eines Tages die Perfekten Maschinen kamen.“ So beginnt ein Bilderbuch, das aus der Masse heraussticht. Es geht um einen Ort, an dem kein Wunsch offen bleibt, alles perfekt ist – vermeintlich perfekt. Denn die Bewohner verlieren den Blick fürs Wesentliche. Alle bis auf Anna, die Schneiderin, die sich so sehr wünscht, etwas ganz Besonderes zu nähen. Meeressaum, Sternspitzen oder Wolkenumhänge. Eines Nachts bemerkt sie, dass sie nicht die einzige ist, der noch Herzenswünsche und Hoffnungen geblieben sind und bei der Suche nach einer Lösung für den Riesen, der gern fliegen möchte, erinnert sie sich an das Pusteblumenland.

Die Bilder dieses außergewöhnlichen Buches, gezeichnet von Valeria Docampo, sind wunderschön, zart, einfallsreich, anders als andere. Leider kann die Geschichte von Noelia Blanco nicht ganz mithalten. Sie ist nicht hundertprozentig kindgerecht formuliert, es fehlt ihr genau die Leichtigkeit, die die Bilder ausströmen. Möglicherweise liegt das auch an der Übersetzung. Schade, denn sonst wäre dieses geradezu poetische Bilderbuch regelrecht preisverdächtig.
3.8 Stars (3,8 / 5)

Carey F. Armstrong-Ellis: Zehn Gruselmonster

Zehn kleine Negerlein kann theoretisch jeder, darf praktisch aber keiner mehr, weil politisch nicht korrekt. Warum dann nicht gleich ausweichen auf „Zehn Gruselmonster“ – wobei hier von „klein“ eher weniger die Rede sein kann. Eins sollte vorweg klar sein: Jedermanns Sache ist es nicht, dieses Bilderbuch und es sind eher die Jungs, die es klasse finden, vor allem diejenigen, die sowieso nicht auf allzu viel Text stehen.

Sie sind schaurig, diese zehn Gestalten, die beschlossen „Schrecken zu streun“. Wobei die Hexe, das Gespenst und der Vampir noch die harmlosesten der gruseligen Gesellen sind. Wie im klassischen Vorbild auch, geht Strophe für Strophe einer verloren – nur die Gründe sind andere. Dem einen fiel ein Fuß ab, der andere verliebt sich – bis am Schluss nur noch ein Gruselmonster übrig bleibt. Oder vielleicht doch nicht? Alles nur geträumt? Man weiß es nicht und eigentlich will man es auch gar nicht so ganz genau wissen. Man blättert lieber noch mal zurück und begibt sich auf die Suche nach den zahlreichen zeichnerischen Kleinigkeiten, die dieses Buch von Carey F. Armstrong-Ellis und seinen schaurigen Countdown erst so richtig ausmachen.
3.9 Stars (3,9 / 5)

Ulrike Hinterkörner: Malenda

Malenda ist einsam. Die kleine Schnecke ist anders als die anderen Schnecken, ihre Fühler stehen nicht, sie hängen. Grund genug für die anderen Schneckenkinder, sie links liegen zu lassen. Malenda vertreibt sich die Zeit mit Malen, in ihrem Schneckenhaus wird es im Laufe der Wochen immer bunter und gemütlicher. Doch irgendwann zog es das kleine Kriechtier hinaus in die Welt: Sie wollte sehen, ob es nicht doch noch jemanden gibt, der ihr ähnlich ist, sie nicht verspottet wegen ihres Äußeren. Was sie unterwegs erlebt, verarbeitet sie auf Papier. Zunächst…

Ulrike Hinterkörner ist eigentlich Kindergarten- und Hortpädagogin, aber sie liebt es, sich mit Farben auszudrücken. In ihrem Atelier Lebensspuren www.atelier-lebensspuren.at bietet sie unter anderem auch Maltherapie für Kinder, Jugendliche und Erwachsene an. Malenda ist ihr erstes Buch und es ist durchaus gelungen. Die Zeichnungen sind bunt und kindlich, der Text hat genau die richtige Länge zum Vorlesen und ist so verständlich, dass bereits Dreijährige sich gut einfühlen können in die kleine einsame Schnecke ohne Freunde.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Charlotte Habersack/Henning Löhlein: Wenn ich aber nicht muss!

Es macht ihn wahnsinnig: Egal, wo Ritter Klodwig hinmöchte, sein Knappe schickt ihn vorher aufs Töpfchen – Pipi machen. Klodwig findet das seiner völlig unwürdig. Schließlich weiß er selbst am besten, ob er muss oder nicht. Und als er dann auch noch wegen der dämlichen Toilettengeherei ein Turnier verpasst, da langt’s ihm. Beim geplanten Duell mit dem Schwarzen Ritter setzt er sich durch. Und geht vorher nicht aufs Klo. Dummerweise ist Klodwig dann aber so aufgeregt, dass er doch muss. Bis er allerdings aus den Dosenhosen und all dem anderen Eisenzeugs raus und wieder rein ist, ist der Gegner nach Hause gegangen.

Endlich mal wieder ein Bilderbuch, das gekonnt ein kindliches Thema aufgreift und dieses auch geschickt und vor allem witzig transportiert. Der Text ist zunächst ein bisschen irritierend, da er bewusst unregelmäßig von Reimen durchzogen ist. Wenn man es aber einmal gelesen hat, dann macht es Spaß, die Regeln der deutschen Sprache beim Vorlesen ein bisschen zu durchbrechen. Das Schönste aber an diesem gelungenen Bilderbuch sind die Zeichnungen. Vor allem die Kleinigkeiten, die überall versteckt sind. Schneemänner, die auch mal müssen, gelangweilte Ritter, die sich das Warten auf den Klogänger mit einem Spiel vertreiben und deren Gegner ihr eigenes Pferd ist und Hühner mit Ritterrüstung, die ein bisschen ans Moorhuhn erinnern – dieses Buch macht nicht nur den Kleinen Spaß. Und es ist auch lehrreich. Nach seiner Lektüre gehen die Kinder vor dem Schlüpfen in den Schneeanzug freiwillig nochmal – sie wollen ja auf keinen Fall, dass es ihnen so geht wie Ritter Klodwig.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Lori Sunshine/Jeffrey Ebbeler: Ich bin wirklich noch nicht müde

Toni plagt der Gedanke, was seine Eltern treiben, wenn er ins Bett muss. Es könnte ja sein, dass dann der Bär tanzt und der Spaß erst richtig losgeht. Also nimmt er sich vor, der Sache auf den Grund zu gehen und gemeinsam mit seinem Teddy Pitt herauszufinden, was wirklich vor sich geht, abends wenn in seinem Zimmer die Lichter gelöscht werden. Vielleicht findet ein Zirkus in der Küche statt, mit Mama und Papa auf dem Trapez oder die beiden reiten auf Dinosauriern durch den Garten, beherbergen Astronauten, die gerade auf Papas Parkplatz gelandet sind oder lassen Fische im Badezimmer schwimmen. Wer weiß? Doch was Toni und Pitt dann herausfinden, übersteigt ihre kühnsten Vorstellungen…

Lori Sunshine und Jeffrey Ebbeler greifen ein Thema auf, das viele Kinder beschäftigt. Die Lösung aber, die sie den Kleinen mit ihrem sehr phantasievollen Bilderbuch anbieten, lässt zumindest die Eltern, deren Kinder bis jetzt keine Zweifel hatten an der Richtigkeit der Dinge im abendlichen Wohnzimmer, ein wenig erschaudern. Trotzdem: eine pfiffige Geschichte.
2.5 Stars (2,5 / 5)

Giuliano Ferri und Sueli Menezes: Nino, das Glühwürmchen

Viele Bilderbuchautoren bevorzugen die Darstellung ihrer Charaktere in Form von Tieren, meist Tierkindern und nutzen hier das so genannte ‚Kindchenschema‘. Und unsere Kleinsten lieben diese Bücher, in denen Mäuse, Tiger und Co an ihrer Stelle die aufregenden Dinge des Lebens erleben und sie dann davon lernen können.

Dieses Buch ist genau wie ‚Wachse, kleine Kaulquappe‘ ein besonders schönes Exemplar aus der Feder von Giuliano Ferri. Seine Zeichnungen sind immer etwas ganz besonderes und wunderschön in ihrer Art. In ‚Nino, das Glühwürmchen‘ würde es das kleine Insekt gerne mal schaffen, so hell und toll wie der Mond zu strahlen und weil dieser mit ihm Mitleid hat, bietet er ihm an, sozusagen für die Urlaubsvertretung zu sorgen. Und das tut er: Er trommelt alle seine Kumpels zusammen und versichert ihnen glaubhaft, dass sie gemeinsam stark genug seien, diese schwere Aufgabe zu lösen. Und es gelang ihnen auch, den Mond würdig zu vertreten. Eine wunderbare Sache, denn jetzt weiß dieser, dass er sich notfalls auch mal ausruhen kann.

Ein ganz zauberhaftes Bilderbuch für Jungs und Mädchen.
4.5 Stars (4,5 / 5)

Katja Reider und Henrike Wilson: Joschi, der Mäuseheld

Hier handelt es sich um eines der Bilderbücher, die das Thema ‚Mut‘ in den Mittelpunkt stellen. Der kleine Mäusenachwuchs ist nämlich alles andere als tapfer und erlebt seine Abenteuer lieber mal zuhause in wilden Tagträumen.

Doch dann müssen Mama und Papa einkaufen gehen und lassen den kleinen Mäuserich alleine daheim. Zum ersten Mal. War da nicht ein Geräusch, hat es dort nicht geknackt? Joschi ist ziemlich froh, als sein bester Freund Anton vorbeikommt und zu zweit machen sie sich auf den Weg ins Abenteuer. Dabei werden die beiden innerhalb nur eines Mäusenachmittags ein ganzes Stück größer. Innerlich.

Kein außergewöhnliches, aus dem Rahmenn fallendes Bilderbuch, aber nett, sehr nett gemacht.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Lorenz Pauli und Kathrin Schärer: Oma – Emma – Mama

Ein besonders ausgefallenes und außergewöhnliches Bilderbuch trägt den Titel ‚Oma- Emma-Mama‘ uns ist herausgebracht von Lorenz Pauli und Kathrin Schärer. Bei den ‚Protagonisten‘ handelt sich um Chamäleons, die Verstecken spielen. Oma sucht und die kleine Emma auch und zwar nach einem passenden Versteck, doch nichts will klappen. Und letzendlich braucht auch Oma ein Versteck, denn Mama traut ihr wieder mal nicht zu, dass sie alleine klarkommt – in ihrem Alter. Großmutter und Enkelin sitzen also in einem Boot…

Auch dieses Bilderbuch, das sich mit dem Generationenkonflikt und der häufigen Ähnlichkeit zwischen Greis und Kind beschäftigt, besticht vor allem durch seine ganz besonderen Bilder und den nicht gerade alltäglichen Charakter des Chamäleons. Einfach mal was anderes. Schön.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Knister/Eve Tharlet: Die schöne Schelly

Schelly ist ein Lamm, das so gerne auch wie die Großen geschoren werden möchte. Und es passt ihr gar nicht, dass sie bis zum nächsten Jahr darauf warten soll. Trotzig haut sie ab und begegnet anderen Tieren, die sie – aus den verschiedensten Gründen – glühend um ihr schönes Fell beneiden. Das macht sie Stück für Stück hochmütiger. Und es ist ihr auch egal, dass ihr Fell immer länger wird, sie schwitzt und nichts mehr sehen kann. Frei nach dem Motto: Wer schön sein will, muss leiden. Bis sie der schlauen Eule begegnet, die Schelly zeigt, wie wunderbar Teilen sein kann.

Knister, der inzwischen bereits über 40 Titel auf dem Markt hat, die teilweise in bis zu 30 Sprachen übersetzt wurden, geht wie immer ein bisschen tiefer als andere Bilderbuchautoren. Dabei bleibt er textlich aber auch für kleine Kinder verständlich und Eve Tharlets Illustrationen unterstreichen seine Worte optimal. Ihre Art zu zeichnen spricht Kinder extrem an. Sie übertreibt nicht, erfasst Stimmungen sehr feinfühlig und baut auf jeder Seite etwas zum Entdecken und zum Schmunzeln ein. Ein Dreamteam!

Nele Palmtag: Tauschtag

Kinder lieben die Vorstellung, mit Mama oder Papa zu tauschen. Endlich mal so lange aufbleiben, wie man möchte, essen, was einem schmeckt und bestimmen, wie es laufen soll. Doch meistens stoßen sie schnell an ihre Grenzen und sind froh, wenn der Selbstversuch wieder vorbei ist und sie das sein dürfen, worum die Erwachsenen sie beneiden: Kind.

Franzi hat keinen Bock auf Schule und Anatol ist ebenfalls genervt. Er findet die Brote, die seine Eltern ihm in den Kindergarten mitgeben, superlangweilig und lang nicht so cool wie die von Kai. Papas Vorschlag, mal die Rollen zu tauschen, kommt bei den Kindern gut an. Soll sich doch der Vater mit den Broten blamieren, dann wird er schon sehen, was er davon hat. Aber Papa findet eine ganz andere Lösung. Genau wie Mama, die den Freundinnen ihrer Tochter auf faire Art und Weise zu ihrem Recht verhilft und dann doch endlich mal einsieht, was an einem Kindertag so wahnsinnig anstrengend sein kann.

as Thema ist eines von denen, die regelmäßig in die Kinderbuchwelt zurückkehren. Aber auch immer genug hergeben, um nie langweilig zu werden. Der Phantasie sind nur wenige Grenzen gesetzt und auch dieser Autorin gelingt es, einen neuen Aspekt zu beleuchten.

Ihre Zeichnungen allerdings sind etwas gewöhnungsbedürftig und ihre illustratorischen Schwerpunkte nicht immer nachvollziehbar. Liegt aber vielleicht auch daran, dass es sich um die Diplomarbeit der Autorin handelt und sie etwas vom ‚allgemeinüblichen‘ Zeichenweg abweisen wollte. Das jedenfalls ist ihr gelungen.
3.0 Stars (3,0 / 5)