John Rabou/Annelies von Uden: Otto Schaf will schwimmen

Warum das kleine Schäfchen Otto so sehnlichst davon träumt, richtig schwimmen zu können, das weiß es selbst nicht so genau, aber der Wunsch ist so groß, dass sich Otto von nichts abhalten lässt, ihn wahr werden zu lassen und dabei fast ertrinkt. Das allerdings hält ihn nicht davon ab, sich neue Möglichkeiten auszudenken und eines Tages kommt ihm eine Idee …

Dieses Bilderbuch löst vor allem bei der eigentlichen Zielgruppe etwas Verwunderung aus. Vielleicht, weil die Zeichnungen so seltsam realistisch sind, vielleicht auch, weil das Schaf gar nicht wirklich mutig und zielstrebig wirkt, sondern eher leichtsinnig und unüberlegt. Und die Schafsherde bzw. Ottos Eltern da so gar nicht darauf reagieren. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass … Hier könnte man noch eine Weile weitermachen. Das Buch soll wahrscheinlich einfach zeigen, dass es gut ist, seine Träume zu verfolgen, auch dann, wenn sonst keiner an einen glaubt, aber der Weg, der dafür gewählt wurde, ist leider nicht optimal für Kinder im Bilderbuchalter.

Kerstin Werner/Petra Eimer: Die mutige Schneeflocke

Jeder von uns kennt das Gefühl: die Angst vor Neuem, etwas zu wagen, was man noch nie zuvor gemacht hat … und das Erfolgserlebnis, dieses Gefühl, wenn man es geschafft hat. So ging es auch einer kleinen Schneeflocke, die ängstlich auf dem Schoß ihrer Wolkenmutter saß und sich nicht traute zu hüpfen. Kein Wunder, konnte sie doch nicht sicher sein, ihre Mama je wiederzusehen, wenn sie sich einmal auf die Erde begab. Als die Mutter ihr den Wasserkreislauf erklärt hat, war die logische Konsequenz: Warum soll ich überhaupt runter, wenn ich eh wieder hochkomme. Doch die Mutter konnte sie überzeugen und das, was die kleine Schneeflocke auf der Erde erlebte, war wundervoll. Sie brachte Kinder zum Strahlen, war Teil eines Schneemanns und nach dem Tauwetter flog sie wieder hoch, in anderer Form, reifer und doch die selbe.
Natürlich wird so ein Buch nicht ohne Hintergrund geschrieben. Die Autorin ist NLP-Coach und die Message ist klar: Nicht verzagen, einfach wagen!

Ein Buch, das sich für viele Lebenslagen eignet, man denke nur mal an die Pubertät. Ganz süß ist die Häkelanleitung für eine kleine Schneeflocke, sie ist so einfach, dass man sie mit dem Kind oder Jugendlichen gemeinsam gestalten kann.

Caroline Stürmer: Für Jungs, die anders sein wollen

Man muss nicht ganz fest daran glauben, dann kann man alles werden: Fußballprofi, Rockstar oder sogar der Wissenschaftler, der den Krebs besiegt … das ist die Botschaft dieses Buches, das aufzeigt, wie unterschiedlich die wirklich großen Männer der letzten Jahrhunderte waren bzw. sind und was sie alle miteinander verbindet. Persönlichkeiten wie Prince Harry oder Willy Brandt werden genauso skizziert wie Freddy Mercury, James Dean oder Lawrence von Arabien. Dieses Buch richtet sich gezielt an Juns, erzählt die Lebensgeschichten von 50 Männern und erklärt, was diese so besonders macht. Sie waren nicht alle gut in der Schule, aber sie alle haben an ihre Ziele geglaubt, haben gelernt, an ihren Träumen festzuhalten und mit Niederlagen umzugehen. Und sie alle können jedem von uns – auch den mitlesenden Eltern – den Mut geben, den eigenen Weg zu gehen. Auch, wenn da mal Steine liegen. Denn wie heißt es so schön, frei nach Goethe: Auch aus den Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.

Jutta Wilke: Roofer

Die erste Reaktion der von uns befragten Zielgruppe auf das Cover war: Cool.
Und damit ist eigentlich alles gesagt, denn „Roofer“ trifft den Nerv. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn das ist es, was sie wollen, die Extremkletterer, die ohne Sicherung die Stadt unsicher machen, das Ganze dann filmen und mit den Klicks im Netz die Bestätigung bekommen, die sie suchen.

In diesem Jugendroman geht es genau um eine solche Gruppe von Jugendlichen: Um Alice, die durch ihre Freundin Nasti in eine Rooferszene gerät. Um die Familienhintergründe, die unter anderem dazu geführt haben, um Ängste, die überspielt werden, um Mutproben und Liebesbeweise und darum, wie es sich anfühlt, wenn andere etwas von einem verlangen, das man eigentlich nicht bereit ist zu geben. Erinnert fast ein bisschen an „Denn sie wissen nicht, was sie tun …“
Das Thema selbst ist schon fesselnd, aber wirklich packend wird das Buch erst durch seinen Aufbau: die wechselnde Erzählperspektive, der doch relativ kurze Zeitraum und die Authentizität der Charaktere überzeugen den jugendlichen Leser. Genau wie der auf die Zielgruppe zugeschnittene Schreibstil. Besonders gelungen ist die Rückblende, die erzählt, wie es zum Heute kam, die dabei doch viele Fragen offen lässt und damit dem Leser die Möglichkeit gibt, das Ganze weiterzudenken und seine Schlüsse daraus zu ziehen.

Judith Allert: Hilda Heidelbeer und das magische Ei

Gerade war das Haus noch ein ganz normales Haus und plötzlich ist es bewohnt, ja regelrecht belebt. Wie und wann das passiert ist und warum gerade der ängstliche Frederik und die deutlich forschere Anna gemeinsam dort gelandet sind, ist ihnen beiden ein Rätsel. Genau wie Hilda, deren Eltern oben im Arbeitszimmer wie wild an einer Geschichte arbeiten und nicht gestört werden dürfen. Und die es sich mit einem Muli, einer Schildkröte à la Momo und einer Wundereier legenden Henne gemütlich gemacht hat. Die Zeit mit Hilda wird abenteuerlich für die beiden Kinder – mit äußerst überraschendem Ende.

Ein Buch über Mut, Selbstfindung und Sich-Behaupten, eher für Mädchen als für Jungs. Die Geschichte rund um Hilda Heidelbeer ist farbenfroh, phantasievoll, überraschend und auch ein bisschen tröstlich.

Aron Dijkstra: Ritter Rufus, der Drachenkämpfer

Der kleine Ritter Rufus kann es kaum erwarten: Er will mit einem richtigen Drachen kämpfen und endlich, endlich ist es soweit. Er darf es mit dem Drachen Bruchhorn aufnehmen, der sich hoch oben in den Bergen versteckt und zu dem sich schon seit Ewigkeiten keiner mehr getraut hat. Aber Rufus ist mutig und der Drache ziemlich hochnäsig. Er lacht schallend, als er das Ritterchen mit seinem kleinen Schwert sieht – so will er nicht mit ihm kämpfen. Das findet er unfair. Immer und immer wieder schickt der große, fürchterliche Drache Rufus ins Dorf, um sich noch besser zu bewaffnen – und letztendlich finden die beiden den Kampf, in dem sie sich gleichwertig gegenüberstehen.

Diese kleine Geschichte von einem stigmatisierten Drachen, der doch lieber plaudern und spielen möchte, ist putzig und schön bebildert. Sie erzählt etwas über den Mut, zu sich selbst zu stehen genauso wie über den Mut, über seine eigenen Grenzen zu gehen – und in Situationen Lösungswege zu erkennen, die vorher nicht diskutabel waren. Wäre vielleicht gerade auch was für unsere Politiker.

Sabbag/Kelly/Tourlonias: Die kleine Hummel Bommel

Es ist schon hart, wenn die anderen alle so schön und elegant sind und man selbst ist ein kleines dickes Hummelchen mit Flügeln, denen keiner zutraut, dass sie irgendwas, geschweige denn einen solchen Brummer überhaupt in der Luft halten können. Bommel lässt daher seinen Kopf ganz schön hängen – wer wird schon gerne ausgelacht? Also macht sich Bommel auf den Weg und fragt erfahrene Flieger nach ihrem Wissen und letztendlich landet er bei Dr. Weberknecht, den er um eine Portion Mut anbettelt – den Mut, einfach abzuheben und auf die eigene Kraft zu vertrauen. Durch einen Trick des Arztes wird der kleinen Hummel klar, dass sie mehr kann als sie von sich selbst erwartet hat und als sie dann schlussendlich auf die Idee kommt, ihre Eltern zu fragen, wissen die auch die Antwort auf die Frage, warum die Flügel der Hummeln so sind wie sie eben sind.

Das Verhältnis der Flügel zum Hummelkörper und die Tatsache, dass die Hummel fliegen kann, obwohl das physikalisch unlogisch ist, wird oft als Metapher hergenommen. Daher ist die Idee des Buches nicht neu. Aber es ist süß gemacht, die Zeichnungen sprechen Kinder und Erwachsene gleichermaßen an und der Text ist genau richtig für alle ab drei Jahren. Ob einem die Kombination mit dem Mate Kelly Lied, das man sich hier herunterladen kann, gefällt? Das ist Geschmackssache. Für viele Kinder ist es sicher ein nettes I-Tüpfelchen.

Mit der Hummel Bommel scheint man noch einiges vorzuhaben: ein Stickerbuch, ein Rätselbuch und sogar ein Maskottchen gibt es schon zu kaufen.

WALKO: Der wilde Räuber Donnerpups: die Räuberprüfung

Im Donnerwald, da donnert es. Und zwar nicht nur bei Gewitter, sondern auch bei eigentlich schönsten Sonnenschein. Man sagt, dass wilde Räuber darin hausen – und Robin will das genauer wissen. Er lässt sich nicht abschrecken, sondern wandert mutig hinein in das grüne Dickicht. Und eigentlich muss er ja nur dem Krach folgen, um die Schurken zu entdecken. Sie sehen so aus, wie man sich das von Schurken so vorstellt. So, als ob mit ihnen nicht gut Kirschen essen wäre. Robin will sich gerade wieder leise zurückziehen, da wird er überwältigt. Das schlaue Kerlchen greift zu einem Trick und erklärt der verdutzen Räuberbande, dass er eigentlich auch Bandit werden wollte, sie ihm aber viel zu langweilig und brav seien. Das lassen sich diese nicht einfach so sagen und versuchen mit allen Mitteln, den kleinen Jungen vom Gegenteil zu überzeugen.

Mit List und Tücke gelingt es Robin, sich nicht nur die Räuber vom Hals zu halten, sondern sie auch noch zu beeindrucken. Beziehungsweise nervös zu machen. Und hier kommt das ins Spiel, was gerade kleinere Jungs zum Brüllen komisch finden: der Donnerpups des Räuberhauptmanns. Vor allem, wenn dieser auch noch mit dem beiliegenden Pupskissen nachgemacht werden kann. Das mit zahlreichen Details illustrierte Bilderbuch spielt sowohl mit dieser Thematik als auch mit den Themen Mut, Leichtsinn und Vertrauen. Dass die Räuber dabei sogar feststellen, dass man Bücher nicht nur als Klopapier verwenden kann, ist ein netter Nebeneffekt, der allerdings etwas sehr gewollt noch schnell am Schluss eingebaut ist.

Von der Menge des Textes her ist das Buch genau richtig für eine gemütliche Vorleserunde zwischendrin. Der Text selbst könnte aber durchaus flüssiger sein. Mal sehen, wie es im zweiten Band sein wird, der bereits im März 2017 erscheint und bei dem Außerirdische das Räuberleben durcheinanderbringen.

Der Kinderbuchautor Walko, im wahren Leben Walter Kössler, ist sein eigener Illustrator. Hat Trickfilm und Animations-Erfahrung und ist der Erfinder der Kinderbuchreihe „Hase und Holunderbär“.
3.0 Stars (3,0 / 5)

Anke Gasch/Stefanie Jeschke: Prinzessin Pauline zieht los

Prinzessin Pauline-Josefine Langemiene ist fast so etwas wie eine perfekte Prinzessin – inklusive der Vorliebe für die schönsten aller Kleider. Ihre Vorliebe geht sogar so weit, dass sie sich gar nicht prinzessinnenhaft ein Kleid aus der Kleiderkammer stiehlt, nur, weil die Mutter Königin ihr verboten hat, es in den Garten anzuziehen. Vor lauter Begeisterung über den Reifrock fällt die junge Dame glatt in den Teich – und ein Prinz rettet sie. „Ich will dich kennenlernen, aber vorher muss ich mich umziehen. Warte hier auf mich“, bittet die eitle Prinzessin. Doch wie das bei uns Frauen so ist, es dauert, bis man das richtige Outfit für seinen Prinzen gefunden hat. Und ist man dann endlich feritg, wird der Kerl doch glatt vom Drachen entführt. Aber, wenn eine Prinzessin sich in den Kopf gesetzt hat, ihren Prinzen zu treffen, dann ist das so, dann braucht da auch kein Drache zu kommen….

„Eine Prinzessinnengeschichte für mutige Mädchen“, so nennt der Verlag sein neuestes Bilderbuch – und tatsächlich zeigt es Wege auf, die man eher als ungewöhnlich bezeichnen könnte. Als ungewöhnlich, aber durchaus tauglich.
3.9 Stars (3,9 / 5)

3219116655

Marcus Pfister: Der Paradiesvogel

Marcus Pfister kennt man vor allem vom Regenbogenfisch, aber nicht nur die Unterwasserwelt, auch andere Tiere haben es ihm angetan. Unter anderem die Raben. Diesmal wird das gelangweilte Rabenvolk von einem Paradiesvogel besucht, der sie alle mal so richtig aufmischt. Zuerst denken die kleinen Vogelspießer ja, das geht so nicht, aber dann tanzen sie doch alle die Polonaise. Und amüsieren sich so gut wie lange nicht mehr. Auch dann noch, als der schräge Vogel längst wieder weitergezogen ist.

Marcus Pfister hat bisher 47 Bilderbücher herausgebracht, keines so wirklich mit dem anderen vergleichbar, aber insgesamt eine hohe Millionenzahl an Verkäufen. Sein Konzept, sich nicht ganz auf einen Stil festzulegen, scheint voll und ganz aufzugehen. Der Schweizer Illustrator ist in der Lage, Stimmungen nicht nur einzufangen, sondern auch zu erzeugen. Was er zum Beispiel bei „Der kleine Mondrabe“, um bei den Raben zu bleiben, perfekt bewiesen hat.
3.4 Stars (3,4 / 5)