Anne-Gaelle Balpe/Eve Tharlet: Der rote Faden

Oli hat einen roten Faden gefunden. Doch der Wind weht stark und reißt dem Jungen den Faden aus der Hand, direkt in ein Vogelnest. Zur Freude der Vogelmutter, denn das war genau das Bauteil, das ihr noch gefehlt hat. Sie gibt Oli dafür zwei Federn und die wiederum werden dringend von der Ameise gebraucht. Letztendlich landet der Faden wieder da, wo er schon anfangs hinwollte. Doch diese kleine Reise zeigt spielerisch und ohne erhobenen Zeigefinger, dass Geben seliger ist denn Nehmen.

Es ist bereits das zweite Buch über den ‚Bonhomme‘, übersetzt kleiner Kerl bzw. Strichmännchen. Und seine selbstlose Art, mit der er ganz wunderbar und voller Vertrauen durchs Leben kommt. Anne-Gaelle Balpe und Eve Tharlet ist ein Bilderbuch gelungen, das nicht nur durch seine kleine, aber feine Geschichte lebt, sondern vor allem durch die hübschen Zeichnungen in der ganz typischen Eve-Tharlet-Art. Ein Buch, das für Minedition wie geschaffen ist. Mal sehen, was nach dem blauen Stein und dem roten Faden als nächstes auf der Farbskala dran ist. 4.1 Stars (4,1 / 5)

Quentin Gréban: Minchen – Ein Geschenk für Mama

Minchen möchte ihrer Mama eine Freude machen. Gemeinsam mit ihren Schuldfreunden bastelt sie einen Blumentopf mit bunten Papierblumen. Doch das Geschenk, auf das das kleine Marienkäfermädchen so stolz ist, sicher nach Hause zu bringen, stellt sich als große Herausforderung dar. Und es klappt nicht. Ein starker Wind bläst das Käferchen in die Luft, das Geschenk kann es grad noch halten, aber die Blumen sind alle zerknickt. Und dann fängt es auch noch an zu regnen!

Das schöne Geschenk ist kaputt, und nun hat sie nichts für Mama. Die Schnecke versucht sie zu trösten. Doch weder ihr Vorschlag noch der der anderen Tiere eignen sich für Minchens Mama. Sie kann keine Netze spinnen wie ihre Freundin und auch keine Herzen in Blätter knabbern wie die kleine Raupe. Aber dann fällt ihr etwas auf: Die Biene hat ein gestreiftes Geschenk, die Schnecke eines mit Spiralen, die Raupe eines mit Löchern, die Spinne eines wie ein Stern… Also braucht sie auch eines, das ihr ähnlich ist: Rot mit schwarzen Punkten. Und was sie dann bastelt, ist für ihre Mama das schönste Geschenk, das sie je gesehen hat.

Quentin Gréban hat mit „Minchen – ein Geschenk für Mama“ ein Bilderbuch schon für die ganz Kleinen geschaffen. Einfache, aber gefühlvoll und ausdrucksstarke Zeichnungen, leicht verständliche Texte und ein Thema, das jedes Kind kennt. Ein hübsches Bilderbuch für zwischendurch.
3.8 Stars (3,8 / 5)

Sarah Bosse: Fass dir ein Herz, Anna

Auch hier dreht sich mal wieder alles rund um die von vielen Mädchen so heiß geliebten Pferde, aber immerhin werden diesmal keine Pferdediebe gestellt oder Stutenbissigkeiten ausgetragen. Im Gegenteil, dieses Hörspiel ist sehr einfühlsam und das sollte es bei einem so heiklen Thema auch sein. Es geht nämlich ums heilpädagogische Reiten.

Nora, Annas Cousine, hat Schreckliches hinter sich. Sie musste miterleben, wie ihre Eltern bei einem Autounfall lebensgefährlich verletzt wurden. Solange die beiden im Krankenhaus sind, kümmern sich Annas Eltern um das geschockte Mädchen, das nicht in der Lage ist, zu sprechen. Das Erlebte sitzt zu tief.

Doch mithilfe der Tiere, die auf dem Ponyhof im Mühlental leben, gelingt es, die kleine Nora wieder aus ihrer Reserve zu locken. Für Anna ist das Ganze ebenfalls nicht leicht. Sie hat größtes Mitgefühl mit dem Mädchen und ist auch gern bereit zurückzustecken, aber irgendwann wird es ihr zu bunt – denn alles dreht sich nur noch um Nora….

Anna und ihre Erlebnisse auf dem Ponyhof ihrer Eltern im Mühlental sind bereits vielen pferdebegeisterten Mädchen hinreichend bekannt. Mehrere Geschichten sind inzwischen erschienen, sowohl als Buch als auch als Hörspiel („Du schaffst das, Anna“).

Grundsätzlich ist die CD mit der etwas anderen Pferdegeschichte, an der zwölf Sprecher und Sprecherinnen beteiligt waren, gut gemacht – inklusive dem Bonustrack zum Thema „Heilpädagogisches Reiten“. Was man sich allerdings hätte sparen können, sind die musikalischen Einlagen, die nicht nur den erwachsenen Mithörern gewaltig zu schaffen machen, sondern auch die Kinder ziemlich stören.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Soheyla Sadr: Anne und Pfirsich oder: Wo unsere Seele zu Hause ist

Dieses Bilderbuch ist kein leichter Tobak. Es handelt von der Seele, ein Begriff, den wir Erwachsenen kaum verstehen und von dem es fast unmöglich ist, ihn Kindern nahe zu bringen. Aber es kann gelingen und mit Unterstützung dieses Werks aus der Feder von Soheyla Sadr noch vertieft werden.

Anne ist ein kleines Mädchen und Pfirsich ihre Oma, deren Haut so weich und schrumpelig ist wie die besagte Frucht. Wenn Oma philosophiert, dann beginnt sie immer mit den gleichen Worten: An und für sich… – Anne und Pfirsich.

Oma erzählt Anne vom Lichtergarten, den sie in sich trägt. Davon, wie dieser verdorren kann, dass es dort auch regnen und donnern kann und wie man ihn jederzeit wieder zum Blühen bringt. Von meditativen Momenten, von der Wichtigkeit, auch mit sich selbst allein sein zu können. Und dann bäckt die lebensweise alte Frau mit dem Kind einen Kuchen, sie singen Lieder und spielen mit der Katze. Und düngen mit all diesen schönen Erlebnissen ihren Lichtergarten.

Dieses Buch ist zauberhaft. Die Zeichnungen Soheyla Sadrs sind dem Thema entsprechend, einziger Kritikpunkt: die Sprache. Sie ist sehr erwachsen, wenig kindgerecht. Und doch hören schon Vierjährige, gerade dann, wenn sie mit diesem Thema vertraut sind, fasziniert zu. Kein Bilderbuch für mal eben zwischendurch, aber eines mit tröstendem Charakter, das sich für viele Situationen – unter anderem zum Beispiel auch für einen Gottesdienst – verwenden lässt.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Mark Twain: Tom Sawyer

Es ist ziemlich spannend, wenn Tom mit Huckleberry auf dem Friedhof vermeintliche Mörder belauscht oder auf Schatzsuche geht, aber genau das ist es, was dieses Buch auch für Jungs durchaus interessant macht.

1876 erschienen, gilt „Tom Sawyer“ als Fingerübung des berühmten Autors. Tom hat nur Blödsinn im Kopf. Der Waisenjunge, der bei seiner für diese Zeit in der Erziehung sehr gutmütigen Tante Polly lebt, fasziniert den Leser mit seinen Einfällen und mit seinem Hang zu Huck, einem Jungen, den man heutzutage ‚keinen guten Umgang‘ nennen würde. Mark Twain, der eigentlich Samuel Langhorne Clemens hieß, beschreibt hier – ganz im Gegenzug zu seinen literarischen Mitstreitern – das Leben eines Jungen so wie es war. Wie in einer Milieustudie überlässt er das Werten anderen und beobachtet lediglich. Detailgetreu. Was für den Autor nicht zu schwer gewesen sein dürfte, denn Tom Sawyer soll einiges von Mark Twain in sich tragen….
4.0 Stars (4,0 / 5)

Géraldine Elschner/Alexandra Junge: Das Osterküken

Hilda hatte ein wunderschönes Ei gelegt. Aber das Küken will partout nicht ausschlüpfen, es findet der richtige Zeitpunkt wäre der Ostersonntag. Doch wann ist der? Die Mama weiß es nicht, die anderen Tiere auf dem Hof auch nicht, aber Max, der Steinkauz, der weiß Bescheid. Also wartet das Küken bis zum Frühjahrsanfang, dann noch auf den nächsten Vollmond und am darauffolgenden Sonntag ist es endlich soweit.

Dieses Bilderbuch ist etwas ganz Besonderes. Nicht nur, weil die Zeichnungen wirklich niedlich sind – das beste Beispiel ist das Küken, das mithilfe eines Strohhalms den Verlauf des Mondes beobachtet –
sondern, weil man hier etwas erfährt, was wohl den meisten Erwachsenen auch nicht klar ist: Warum Ostern in einem Jahr so früh und in einem anderen so spät ist.

Die Französin Géraldine Elschner, die heute in Heidelberg lebt, ist bekannt in der Bilderbuchwelt. Besonders schön sind ihre Bücher ‚Hokuspokus Blumibus‘ oder ‚Das Weihnachtszicklein‘. Alexandra Junge ist ebenfalls eine Fachfrau. Sie studierte Kinderbuchillustration in Hamburg und Straßburg und ihre Bilder waren bereits in zahlreichen Ausstellungen zu sehen.
4.7 Stars (4,7 / 5)

Birte Müller: Fritz Frosch pupst!

Fritz Frosch muss dauernd pupsen. Er kann nichts dafür, es kommt einfach so über ihn. Die anderen Kinder finden es lustig, die Erwachsenen eher weniger. Seine Mama schleppt ihn zum Arzt, der Lehrer ist wütend auf ihn und als seine Mama ihm androht, ihn nirgendwo mehr mit hinzunehmen, wenn er nicht mit dem Pupsen aufhört, unterdrückt Fritz das Bedürfnis, die Luft zu entlassen. Doch das hat gravierende Folgen…

Birte Müller lebt und arbeitet heute in Hamburg, wo sie auch Kinderbuchillustration studierte. Zwischenstopps in Australien, Mexiko und Bolivien erweiterten ihren Horizont. Heutzutage werden ihre Bilderbücher in16 Sprachen übersetzt und überall auf der Welt mit Erfolg verkauft.
4.8 Stars (4,8 / 5)

Claudia Gürtler/Ralf Butschkow: Das Loch

Patrick hat eine ganz andere Vorstellung von Ordnung als seine Mutter. Die Schatzhaufen, die er liebevoll in seinem Zimmer auftürmt, nennt sie verächtlich Misthaufen und selbst große Geschenke kann sie nicht leiden, weil die alles vollstellen. Als Oma kommt, selbstverständlich nur mit Kleinigkeiten im Gepäck, wird Paddy von seiner Mum gezwungen, aufzuräumen und dabei entdeckt er unter dem Bett ein Loch, in das er alles hineinkehrt, was grad nicht niet- und nagelfest ist. Zuerst ein voller Erfolg, doch dann wird es dem Loch schlecht…

Die Idee ist putzig, hat sich doch jeder von uns schon einmal gefragt, ob wir schwarze Löcher unter dem Bett, hinter Schränken oder in Waschmaschinen haben – aber die Umsetzung ist nicht hundertprozentig kindgerecht. Die Sprache, die die Autorin gewählt hat, ist zu hochgestochen, die Schrift schwer lesbar – das allerdings wird wettgemacht durch die Zeichnungen von Ralf Butschkow, fleißigen Bilderbuchlesern und -leserinnen in der Regel bekannt. Sie retten das Ganze grad nochmal. Doch trotz Bilderbuchcharakter: Für Vierjährige und Jüngere nur äußerst bedingt geeignet.

Übrigens: das Buch ist zwar im Januar 2014 neu erschienen, neu an sich ist es aber nicht!
1.7 Stars (1,7 / 5).

Fabian Lenk: Die Zeitdetektive – Entführung in Nürnberg

Kim, Julian und Leon sind Zeitreisende und man kennt sie bereits. Und dass ihre Abenteuer quer durch die Zeit nicht ungefährlich sind, ist ebenfalls nichts Neues. Das bestätigt auch ihre diesmalige Reise ins mittelalterliche Nürnberg, die Stadt der Kaiserburg, auf der ein Verbrecher sein Unwesen treibt und es möglicherweise hier im Jahre 1356 tatsächlich auf den Kaiser Karl den IV abgesehen hat.

Schließlich hat der gerade ein Gesetz verfasst, das die Herrschaft der Kirche und damit des Papstes grundlegend schwächen soll. Doch das lässt sich dieser nicht so einfach gefallen und reagiert mit kriminellen Mitten.
Dieser spannende kleine Krimi beinhaltet geheime Treffen um Mitternacht, seltsame Katzen und Poltergeister und eignet sich nicht nur zum Selbstlesen für Kinder etwa ab acht Jahren, sondern ein bisschen früher bereits auch zum Vorlesen.

Und mal ehrlich? Gibt es eine bessere Kombination als die aus Spaß und Lernen? Diese Buchreihe ist ganz wunderbar geeignet, um neugierig zu machen auf Geschichte und auf Städte. Man kann sie zum Beispiel gut im Vorfeld eines geplanten Besuches nutzen, um sich bereits mal ein Bild zu machen. Ganz spielerisch. Schön am Ende das Glossar, das alte Wörter oder solche direkt aus Nürnberg wie Kemenate oder Himmelsstallung erklärt.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Alexandra Maxeiner: Ich , Lilly und der Rest der Welt

Hannah und Lilly sind fast gleich alt, Frida ist die Kleinste in der Familie, Cora die Größte – voll in der Pubertät. Die vier Schwestern ziehen mit ihren Eltern und Katze Billy in ein neues Haus. Das, ganz der Demokratie folgend, lila gestrichen wurde. Wie der Alltag der Siebenjährigen aussieht, warum die neue Nachbarin unter Verdacht steht, ein Vampir zu sein und wieso Fantasiepferde in einem Kaufhaus für reichlich Wirbel sorgen können, erfährt man in diesem äußerst kurzweilig geschriebenen Buch.

Alexandra Maxeiner ist es gelungen, ein Buch zu verfassen, das sich nicht nur zum Selbstlesen prima eignet (große Schrift, einfache Sätze, kurze Kapitel), sondern das man auch mit einem Riesenspaß dabei vorlesen kann. Niedlich auch die Gestaltung von Martina Badstuber, deren Illustrationen die entscheidenden Momente perfekt einfangen.
Die Autorin schreibt nicht nur Bücher, sondern auch Drehbücher und Theaterstücke. 2011 wurde ihr der Deutsche Jugendliteraturpreis verliehen. Sie ist Teil der Frankfurter Ateliergemeinschaft labor.
4.9 Stars (4,9 / 5)